"Boah, eh!" Der Zottel griff mit einer Pranke nach den grünen Augen, die ihn so an die Menschenfrau erinnerten, der er sein Hiersein verdankte. Dass sie es nicht war, merkte er daran, dass er sie nicht sah. Sondern nur diese grünen Augen ...
"Frrrrchchchchhchchhch!"
Ein heftiges Fauchen ließ ihn zurück zucken, bevor er zu Ende denken konnte. "Boah!" Ziemlich sprachlos staunte der Zottel auf die fauchenden Augen. "Was bist du denn?" Er prüfte, dass seine unsichtbaren Steinchen noch sicher in der anderen Pranke verwahrt waren. "Hm." Ob hier alles unsichtbar war? Auch der Besitzer der Augen? Aufmerksam musterte er die Umgebung. Tatsächlich schien es, als seien dort die Bäume, der Waldboden, ein paar kleinere Felsen. Doch wenn etwas faucht, dann muss es außer den Augen noch mehr Körper besitzen. Logisch, oder? Der Zottel patschte einfach irgendwohin, vor sich, aber nur in die nähere Umgebung der Augen. Dabei stieß er tatsächlich gegen einen warmen Körper.
"Frrrrrchchchchch!"
"Ja, das sagtest du schon. Aber wer oder was bist du? Kannst du vielleicht unsichtbare Steinchen zerkleinern?" Wie praktisch wär das denn!
"Frrrrrchchchhchch!" Etwas nahm ihm die Steinchen aus der Pranke.
"He!" Wie frech ist das denn? Einen wie ihn bestehlen? Also, das geht gar nicht. Aber was tun, wenn dir ein Unsichtbarer etwas Unsichtbares weggenommen hat? Gar nicht so leicht, sich die Steinchen wieder zu holen. Der Zottel schnaubte, als er an diesem Punkt seines Gedankengangs angekommen war. Enttäuscht, dass er die erhoffte Speise nicht würde kosten können, und dass dieses Etwas ihn offenbar nicht richtig respektierte - "Woooaooaoaooaooaoaoooaoah!"
Erschrocken flog eine Schar Fledermäuse aus einem alten Baum und schwirrte hektisch um ihn herum.
Als der Zottel seinen Kopf wieder frei hatte, waren die grünen Augen verschwunden. So sehr er sich umschaute - er war allein. Oder jedenfalls hatte es den Anschein.
Nun trottete er los. Vielleicht würde er einen annehmbaren Ersatz für seine Steinchen finden. Leider hatte er sich nicht gemerkt, in welcher Richtung der Bach verlief. Mittlerweile war es schon ziemlich dunkel geworden. Kaum war der Boden zu erkennen. Da ....
wuschhschsch ....
... verlor der Zottel das Gleichgewicht und rutschte auf einem Blätterhaufen bergab, landete auf dem Hintern, wurde weiter hinab befördert, seltsamer Weise sicher zwischen den Bäumen hindurch. Bis ...
"Woaaahah!" Er fiel durch die Luft ... und ...
plumps! ...
landete in einer felsig-feuchten Umgebung. Über ihm konnte er einige Sterne sehen. Um ihn herum war es dunkel. Hier schien es Wasser zu geben: Er hörte es tropfen und leise plätschern. Seltsame Gebilde schienen weiter drinnen in der Höhle zu stehen. "Was ist das denn nun schon wieder? Holla! Ihr da - wer oder was seid ihr?"
Lauschend schaute sich der Zottel um. Es roch ein wenig muffelig, nach moderndem Laub, aber nicht so schlimm wie in der Höhle, in der er geboren wurde. Vorsichtig tastete er sich an eins der Gebilde heran. Es glipschte feucht unter seiner Pranke und war ziemlich kühl. Stein? Er tastete sich weiter voran, aber leider - wrumms - schlug er sich seinen Schädel an der Decke an. "Bwwwffft!" Auf der Stelle ließ sich das Wesen fallen und rieb sich den Kopf. "Fieses Dingsda", brummelte er und arbeitete sich langsam wieder zu der Stelle vor, auf der er zuerst gelandet war. Dort raffte er möglichst viele Blätter zusammen - wobei er merkte, dass sich darunter ein großer Holzbalken befand. "Boah, eh!" Da hatte er doch glatt ein Waldlaubsurfbrett entdeckt! "Das wird noch mal die Trendsportart hier!" Das sagte er laut zu sich selbst. Irgendwie fand er es tröstlich, der Kette seiner Missgeschicke etwas Positives abgewinnen zu können. Jedenfalls richtete er sich eine Schlafstatt her und versank bald in einen verrückten Traum - von Chaos und Cafés vermutlich, aber genau konnte er sich am nächsten Morgen nicht erinnern.