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Nach dem Prompt „Schneeleopard/Katze“ der Gruppe „Crikey!“
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Saakari stolperte durch den eisigen Wind. Er hatte im Schneesturm seine Familie verloren. In dem dichten, pelzbesetzten Mantel stapfte er voran, die Hände wärmesuchend unter die Arme geschoben.
Irgendwann legte sich der Sturm und er kämpfte sich unter dem dunklen Sternenzelt voran. Nach einer Weile hörte er ein Geräusch vor sich und traf auf eine merkwürdige Szene.
Ein Rudel Wölfe schwärmte hier um eine Höhle im Schnee. Im Höhleneingang war ein Schneeleopard zu sehen, der sich fauchend der Eindringlinge erwehrte. Die Raubkatze floh nicht, was Saakari merkwürdig vorkam, denn die Wölfe waren zu zahlreich und die Großkatze könnte ihr Heil höchstens in einer Flucht suchen. Doch wieso griff das Rudel den stärkeren Gegner auch an? Da wurde ihm klar, dass es sich um ein Weibchen handeln musste, dass seine Junge verteidigte, und dass die Wölfe an die Kätzchen heranwollten.
Saakari zögerte, denn was ihm in den Sinn kam, war sehr gefährlich. Schließlich aber fasste er sich ein Herz und stürmte vor, einen kräftigen Ast in den Händen. Brüllend schlug er nach den Wölfen, um sie zu vertreiben. Die Tiere ergriffen auch wirklich die Flucht, doch ein besonders großer, weißer Wolf sprang Saakari an und biss ihn fest in den Arm, sodass der junge Elfenjäger zu Boden fiel, und schließlich wurde er vor dem Bau des Schneeleopards bewusstlos vor Hunger und Erschöpfung.
Als er erwachte, lag er warm und fand sich im Bau der Leopardin wieder, neben drei kleinen Kätzchen. Die große Raubkatze kam gerade zurück und Saakari erstarrte vor Angst, bis er sah, dass sie Fleisch mitbrachte, um es ihren Kätzchen zu geben. Sie wollte ihn also gar nicht fressen. Als er die Hand nach dem Fleisch ausstreckte, knurrte sie zunächst, ließ ihn dann aber gewähren.
Drei Tage verbrachte er im Bau, stets misstrauisch beäugt von der Leopardin, aber geduldet, bis seine Wunde so weit geheilt war, dass er gehen konnte. Er fand zurück zu seinem Stamm, wo alle sehr erfreut waren, ihn zu sehen. Sie hatten ihn bereits für tot gehalten. Seine Geschichte jedoch mochte kaum jemand glauben.
Doch hier endet die Geschichte noch nicht.
Einige Wochen später war Saakari auf der Jagd, als er einen weißen Bären bemerkte. Er folgte der mächtigen Bestie in sicherer Entfernung, als er sah, dass der Bär sich aufmachte in Richtung der Höhle der Schneeleopardin. Saakari rannte los, und er überholte den gemächlich trottenden Bären und drang in die Höhle ein. Er nahm alle drei Kätzchen aus dem Bau und floh mit ihnen auf einen hohen, schlanken Baum.
Da kam die Leopardin, vom Geschrei ihrer Kätzchen aufgeschreckt. Sie brüllte und fauchte unter dem Baum zornig, bis der Bär erschien. Die Leopardin bekämpfte ihn, doch sie wurde schwer verwundet und konnte ihn nicht aufhalten. Der Bär jedoch konnte den Baum nicht erklimmen, auf dem Saakari saß, und schließlich gab die Bestie auf und trottete von dannen. Saakari aber stieg hinab und brachte die Kätzchen und auch die Leopardin zurück in den Bau, und dann brachte er ihnen Beute und blieb erneut drei Tage lang bei ihnen, bis die Leopardin sich von ihren Wunden erholt hatte und Saakari floh, weil es zu gefährlich in ihrer Nähe wurde.
Als er seinem Stamm davon berichtete, glaubten diese ihm wiederum nur schwer und manche wurden ärgerlich, da sie glaubten, dass er diese zweite Geschichte mit Sicherheit erfunden hätte, während die erste ihnen noch halbwegs logisch erschienen war. Doch die meisten akzeptierten Saakaris Erzählungen, wenn sie sie auch nicht glaubten, und so lebten sie dahin.
Doch auch hier endet die Geschichte noch nicht.
Denn einige Jahre später griff ein anderer Stamm Saakaris Leute an. Es war ein großer Krieg und Saakari musste schließlich mit einigen Männern in die Wälder fliehen, verfolgt von den Angreifern. Sie wurden in eine Ecke gedrängt und es sah sehr finster aus, als mit einem Mal drei Schneeleoparden aus dem Gebüsch hervorbrachen. Diese wilden Katzen griffen nur die Angreifer an, als wüssten sie, wer Freund und wer Feind wäre, und Saakari sprang von neuem Mut beseelt auf und schlug die Feinde an der Seite der wilden Katzen zurück.
Die drei Leoparden folgten ihnen bis zum Dorf des Stammes, das sie befreien konnten. Dann verschwanden die Schneeleoparden wieder in den Wäldern, doch alle hatten die Großkatzen mit eigenen Augen erblickt und glaubten Saakari nun. Er wurde der Anführer des Stammes, und sie nannten sich Väisaapari, die 'Menschen des Schneeleoparden'.
Als Saakari Väisaapari nach einem langen Leben schließlich starb, waren alle Menschen des Stammes betrübt. Viele jedoch berichteten, in der Nacht, als ihr geliebter Herrscher von ihnen gegangen war, hätten sie einen großen Schneeleoparden gesehen, gezeichnet von Narben wie nach einem Bärenangriff, der vor der Tür des Häuptlings gewartet habe wie auf einen alten Freund.
Den Stamm der Väisapaari gibt es noch heute, und es heißt, wenn einer von ihnen in Bedrängnis gerate, erscheine manchmal ein wilder Schneeleopard zu seiner Hilfe.