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Nach dem Prompt „Alpenschneehuhn [Tierische Geschichten mit Veränderungen]“ der Gruppe „Crikey!“
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Seufzend bremste Aato die Hunde. Hechelnd legten sich die schwarzweißen Tiere in den Schnee. Die Riemen des Schlittens knarrten, während Aato die Augen mit der Hand beschattete und den Blick über das Land vor ihm gleiten ließ.
Überall waren Grasbüschel zu sehen, die aus dem Schnee ragten. Die erdigeren Gebiete stellten für den Hundeschlitten eine Herausforderung dar. So weit nördlich wurde ihre Fahrt immer wieder von matschigen Erdflecken aufgehalten, die der Schnee nicht länger bedeckte.
Eigentlich der perfekte Ort, um Schneehühner zu jagen. Vor dem gesprenkelten Hintergrund fielen die ansonsten gut getarnten Tiere mehr auf. Jetzt müssten sie auch ihr weißes Dálvvie-Gefieder ablegen, da die Tage immer wärmer wurden.
Doch der Elf hatte noch keinen Vogel zu sehen bekommen. Am dritten Tag seiner Jagd sank seine Hoffnung, dass er überhaupt ein Huhn fangen würde. Selbst wenn er nun einen ganzen Schwarm entdeckte, er würde es nicht wagen, auch nur ein Tier zu entfernen.
Wieso waren sie bloß so selten geworden? Noch vor hundert Jahren wäre er mit zwanzig bis dreißig Tieren heimgekehrt, ein Vorrat, der gut für ein ganzes Jahr gereicht hätte.
Nun zog er jedes Jahr früher los und fand jedes Jahr weniger Schneehühner auf den früheren Jagdweiden. Seit einigen Jahrzehnten sah er es kommen, und nun schien es so weit zu sein: Er würde mit leeren Händen heimkommen und seiner Familie erklären müssen, dass sie dieses Jahr allein von Rentierfleisch leben würden.
Was für ein trauriges Omen der Ersten Jagd! Aato war nicht tiefreligiös, doch selbst er konnte den Gedanken nicht abschütteln, dass es wohl ein finsteres Jahr werden würde.
Seufzend gab Aato sich geschlagen und ließ die Hunde wenden. Ein Ruck ging durch den Schlitten, als sich die Tiere ins Geschirr stemmten. Der alte Schlitten, mit dem Köcher für Aatos vertrauten Bogen und die vor Ewigkeitne geschnitzten Pfeile, glitt leise flüsternd über Schnee und Gras. Aato lenkte die Hunde ein wenig hangaufwärts. Sie waren noch voller Energie, sodass sie die Steigung gut schafften, und dort oben lag der Schnee noch dichter und standen die Tannen spärlicher, sodass sie gute Fahrt machten.
Jedenfalls, bis ein brummender Flügelschlag die Hunde erschreckte und sich das gut eingespielte Schlittengespann in ein bellendes, verknotetes Durcheinander verwandelte. Aato sprang ab, um die Hunde auseinanderzukriegen.
"Aus! Sitz!"
Noch mehr Vögel flogen auf. Schneeweiß, im Schnee kaum zu sehen, bis man beinahe auf sie trat und sie die Flucht antraten. Schneehühner! Aato war sich bewusst, wie ironisch es war, dass er sie hier entdeckt hatte, doch zunächst musste er sich um seine Hunde kümmern.
Bis alle Tiere wieder in der Riehe standen, dauerte es eine Weile. Aato ließ sie sich hinlegen und verteilte ein wenig Trockenfleisch, um sie zu beruhigen. Erst dann sah er sich am Hang um.
Es war still, doch das täuschte. Je länger er sich umsah, desto mehr Vögel sah er sie, erkennbar fast nur an einigen dunklen Federn, den roten 'Rosen' über den Augen und den schwarzen Augen. Einige Hundert saßen im Schnee, rührten sich nicht, um die Hunde nicht auf sich aufmerksam zu machen, und beobachteten den Eindringling.
"Hier seid ihr also", murmelte er. Er musste Yobrid danken, dass sie ihn zu diesem Berg geführt hatte. Die Erste Jagd dieses Jahr schien doch noch ein Erfolg werden zu können. Die Schneehühner waren jedenfalls alles andere als selten.
Sie hatten sich nur auf die Berge zurückgezogen.
Bevor er seine Fallen aufstellte, stapfte er in seinen Schneeschuhen los und sah sich um. Die Hunde hatten sich wieder beruhigt und reagieren nicht mehr, wenn Schneehühner vor Aato aufflogen. Er erklomm einen Hang, um sich einen Überblick zu erschaffen. Wenn das hier die einzige Kolonie wäre, wollte er vorsichtig sein, doch auf den umliegenden Hängen sah er sogar noch mehr Schneehühner, die dort sorglos herumliefen, pickten oder sogar schon balzten.
Er vermutete, dass sie sich vor der Schneeschmelze hier herauf gerettet hatte. Früher war der Schnee viel länger liegen geblieben, und damals hatten sie im Tal gelebt. Offenbar musste Aato seine Jagdgründe verlagern.
Guter Dinge kehrte er zurück. Zwanzig Schneehühner waren sein Ziel, vermutlich musste er seine Jagdreise dafür um einen Tag verlängern. Doch die glänzenden Augen seiner Tochter wären es wert! Sie würde dieses Jahr volljährig werden und er konnte ihr das Festmahl fangen, das sie verdiente, ein junges, gesundes Schneehuhn. Der Rest würden, wie immer, bevorzugt die älteren Tiere sein ...
Er pfiff fröhlich, als er die Lebensfallen aufstellte und die Hunde aus den Riemen befreite, um ein Lager ein Stück tiefer am Hang aufzuschlagen.