Ich hatte mir einen Platz an der Bar gesucht, mit dem Rücken zu den anderen Gästen. Ich wollte heute keinen mehr sehen oder hören. Ich wusste, dass sie mich anstarren. Ich habe hier noch nie dazugehört. Für alle war ich das vorlaute Mädchen, dass so plötzlich wie es aufgetaucht war, wieder verschwanden war. Heute wollte ich mich einfach nur betrinken um zu vergessen. Einfach nur vergessen.
Ich kannte die Barkeeperin nicht und ging davon aus, dass sie neu war. Bei meinem letzten Besuch hier, war sie noch nicht da gewesen und daher nahm ich an, dass sie die einzige in diesem Dorf war, die mich nicht kannte.
"Hallo, ich hätte gerne etwas Tequila. Vielleicht auch etwas mehr."
Ich mochte das Zeug nicht wirklich, aber ich wusste, dass es wirken würde.
Nach drei Gläsern spürte ich ihn, den Alkohl. Ich war lange genug Barkeeperin gewesen um zu wissen, dass ich nicht viel vertrug, aber das war gut so, umso schneller könnte ich den heutigen Morgen vergessen.
'Sag mir mit wem du dich die ganze Zeit triffst.' Ich funkelte ihn wütend an. Das es eine wunderschöne Frau war wusste ich, aber er hatte sie mir nie gegenüber erwähnt. Heute hatte ich sie gesehen wie sie ihn innig umarmt hatte.
'Das kann ich nicht.'
Es war ein Schlag ins Gesicht. Er wusste von Tim und wie sehr es mich mitgenommen hatte. Er war derjenige gewesen, der mich wieder aufgebaut hatte und nun zerstörte er mich.
'Dann gehe ich jetzt. Dann war es das für mich. Du willst mich heiraten und kannst mir nicht sagen wen du da triffst. Wie soll ich dir da glauben? Du sagst es sei keine Affäre, aber ich habe gesehen wie ihr euch anseht. Sag mir wer sie ist.'
'Nein Carlotta, das kann ich nicht.'
Ich nahm meine Handtashe und verschwand aus unserer Wohnung. Nur ein Ziel im Kopf, mein zu Hause.
"Wie heißt du." Mein Kopf wurde schon schwer. Aber ich musst irgendwem mein Leid klagen und da war mir eine Wildfremde am liebsten.
Ich hatte hunderte Geschichten von Betrunkenen anhören müssen und brauchte ich mal jemanden dem ich mein Leid klagen kann.
"Sarah."
"Ah Sarah, du bist neu hier oder? Sonst würde ich dich kennen. Kennst du mich?"
"Nein, nicht das ich wüsste."
"Sehr gut, denn ich habe eine Frage, warum kann ich nur an den einen Typen denken, obwohl ich gerade mit einem anderen Schluss gemacht habe? Müsste ich nicht wegen ihm heulen, weil er mich betrügt?"
"Du bist also wegen dem ersten Typen schlecht drauf, obwohl du gerade mit dem zweiten Schluss gemacht hast?"
Ich nickte.
"Es ist schon so lange her. Ich müsste längst über ihn hinweg sein."
Noch ein Tequila.
"Der zweite Typ hat mir geholfen und nun tat er mir das gleiche an. Sind denn alle Männer so scheiße?'
"Was hat er denn getan?"
"Er hat mich mit so einer Schlampe betrogen. Mit einer Schlampe, die versucht hat mich umzubringen. Er hat mein Herz gestohlen und es dann vor meinen Augen in tausend Stücke zerrissen."
"Wer jetzt? Der erste oder der zweite Typ."
"Der erste." Ich seufzte und nahm noch einen Tequila von dem Tablett vor mir.
"Und der zweite?"
"Der lügt mich an seitdem er mir einen Heiratsantrag gemacht hat. Er sagt er kann es mir nicht sagen. Aber es ist mir auch egal."
"Ich muss mal kurz die anderen Kunden bedienen."
Ich nickte. Ja, Nicolas tat mir weh, weil er mich anlog. Aber es war immer noch Tim, dessen Verhalten mein Herz bluten ließ.
Ich hörte Sarah irgendwo zu jemanden etwas sagen.
"Ja sie ist hier."
Und sah zu ihr. Dann dachte ich daran zurück, wie ich als Kellnerin und Barkeeperin gearbeitet habe. Nicolas war so ein arrogantes Arschloch gewesen. Und Anscheinend hat er sich nicht verändert.
Ich nahm mir noch einen Tequila.
Wie es Tim wohl geht. Ich hatte ihn schon so lange nicht mehr gesehen.
"So da bin ich wieder. Er hat dir einen Heiratsantrag gemacht und du hast ihn angenommen?"
"Ja und seitdem lügt er bei jedem Wort, was er sagt. Aber irgendwie interessiert mich das nicht. Weißt du eigentlich, dass ich schon auf diesem Trensen stand und lauthals gesungen habe?" Ich kicherte bei der Erinnerung. Tim hatte für mich organisiert, dass mein Heimatlied gespielt wird und ich war auf den Tresen geklettert und hatte es laut mitgesungen.
"Er hatte es für mich getan. Er hat alles für mich getan. Er meinte sogar er hätte mich für mich betrogen. Wie soll das gehen? Selbst wenn, er hätte es sein lassen sollen, lieber hätte ich das alles nicht erlebt."
Das Tablett war leer und ich wunderte mich, warum ich noch gerade saß.
"Ich glaube ich gehe ins Kloster. Da gibt es keine Männer. Vor allem keine betrügerischen."
"Da langweilt du dich nur."
Abrupt drehte ich mich um und musste mich kurz festhalten, damit ich nicht zu sehr schwankte.
Ich blinzelte, wollte mich überzeugen, dass es wirklich er war. Doch er war es, gut aussehend wie immer. Seine Haare waren wie immer etwas zu lang und so trug er sie zu einem.Zopf und seine Muskeln hatten noch mehr zugelegt. Wollte ich wissen, wie voll sein Holzlager inzwischen war?
"Was suchst du denn hier?"
"Ich wollte ein Bier trinken und habe dann einem Schopf blonde Haare gesehen, die nur einer Person gehören können."
"Quatsch, du trinkst gar kein Bier mehr."
"Habe wieder angefangen."
"Das glaube ich dir nicht, du würdest niemals freiwillig eine Wette gegen mich verlieren. Warum bist du hier?"
"Um ein Bier zu trinken. Du konntest die Wette ja eh nicht kontrollieren."
"Auch wieder wahr."
Ich drehte mich zur Bar und wollte noch ein Glas von dem Tequila nehmen, als es mir von ihm aus der Hand genommen wurde.
"Genug Tequila für heute."
"Nein noch nicht. Ich versuche gerade dich zu vergessen und du behinderst mich dabei."
Kurz sah er mich an. Dann nickte er.
"Sarah, wir nehmen die restliche Flasche."
"Ich dachte du wolltest sie sicher nach Hause bringen und nicht sich mit ihr voll laufen lassen."
"Du kennst mich also doch." Ich sah sie empört an.
"Ich brauche hier gleich keine zwei Alkohlleichen."
"Keine Sorge, das wird nicht passieren." Er lächelte sie an.
"Hattest du mit ihr auch was?" Fragte ich ihn.
"Ich habe dir gerade mein Herz ausgeschüttet." Nun sah ich Sarah wütend an.
"Ich habe mit niemandem mehr etwas gehabt seitdem du weg bist.
Meine Augen weiteten sich und suchten in seinen etwas, dass dies als eine Lüge enttarnte. Doch da war nichts.
"Wieso?"
"Du weißt warum. Und daran wird sich nie etwas ändern."
"Du hast mich betrogen, du hast mein Herz in der Luft zerrissen, du hast mit ihr geschlafen. Ausgerechnet mit ihr."
Ich versuchte mich nicht daran zu erinnern. Genau deswegen saß ich hier mit dem Tequila vor mir. Und nahm diesmal einen ordentlichen Zug aus der Flasche. Ich hustete. Der Tequila brannte im Hals.
"Sicher, dass es nicht genug ist?" Fragte Tim vorsichtig.
Ich schüttelte den Kopf.
"Du sitzt noch immer vor mir."
"Ach Lotta, ich werde hier auch heute nicht mehr verschwinden. Du weißt ich kann dich so nicht alleine nach Hause laufen lassen."
"Ich will dich nur vergessen! Kannst das nicht verstehen? Ich will den Schmerz vergessen. Den Schmerz den ich schon längst nicht mehr fühlen sollte."
Ich lies meinen Kopf in meine Hände fallen. Ich sollte so betrunken sein, weil ich meinen Verlobten verlassen habe und nicht, weil ich Tim hinterher trauere.
"Erinnerst du dich noch an unseren ersten Kuss?"
"Hör auf, ich will mich nicht mehr daran erinnern."
"Du wolltest mich nicht küssen." Er lachte.
"Wäre ich mal dabei gewesen. Dann würde mein Herz noch immer ganz sein. Dann würde in meinem Herzen noch immer die Sonne scheinen."