Ich stand an einer Klippe. Hinter mir hörte ich jemanden atmen, aber umdrehen konnte ich mich auch nicht. Ich hatte nur Augen für das was vor mir lag... oder viel mehr unter mir. In weiter Ferne sah ich, auf dem Boden der Klippe, ein paar spitze Zacken nach oben ragen. Ich wusste gleich wäre es vorbei. Entweder würde ich am Boden in tausend Stücke zerschellen oder ich wurde von einer dieser Spitzen aufgespiest. So oder so wird es bestimmt nicht sehr angenehm. Ein paar Hände legten sich auf meinen Rücken und übten Druck aus, jedoch nicht stark genug um mich runterzustoßen. "Wird Zeit zu sterben Liebes!" raunte mir eine dunkle Männerstimme ins Ohr. ich spürte den heißen Atem in meinem Nacken. Und dann war es auch schon geschehen. Mit einem plötzlichen Ruck, hatte man mich in die Tiefe fallen lassen. Über meine Wangen rannen Tränen. Dick, salzig und eiskalt. Der Boden kam rasendschnell auf mich zu und... "PIEP" Mein Wecker lies mich aus dem Schlaf hochschrecken. Gott sei Dank nur ein Traum. Normalerweise hasste ich es so unsampft von dem alten Wecker meiner Oma geweckt zu werden, aber heute könnte ich ihn glatt dafür Küssen. Ich schwang mich aus dem Bett und schlurfte, noch ziemlich verschlafen, in mein kleines Bad, was zum Glück mir allein gehörte. Im Spiegel sah ich wie Üblich das Grauen meiner selbst. Meine Blonden schulterlangen, normalerweise glatten Haare, standen mir wild zu berge und ich sah aus als hätte ich gerade einen Elektroschock erlitten. Mein Gesicht war verschwitzt und die blassblauen Ringe um meine grünen Augen, spiegelten die langen Nächte wieder die ich in letzer Zeit gehabt hatte. Jede Nacht dieser miese Alptraum. Ich atmete teif ein und sprang dann schnell unter die dusche, aus der zu meinem Bedauern, nur kaltes Wasser kam. Was solls. Wie sagt man so schön: "Eine kalte Dusche am Morgen, vertreibt Kummer und Sporgen." Ja schön wärs. Nach der Dusche wollte ich mich anziehen doch ich hatte meine Sachen noch neben dem Bett liegen. Gestern Abend hatte ich einfach keine Lust gehabt mich nochmal ins Bad zu schleppen. Am liebsten würde ich meinen hohlen Kopf gegen die Wand hämmern. Also schlurfte ich (mal wieder) nach drausen und schnappte mir meine verwaschene blaue Jeans und den roten Strickpulli. "Liv? Bist du wach?" Die Stimme meiner Oma, kam von unten. "Ja Unomomento ich komme gleich." Ratzfatz war ich angezogen. Holterdieploter sprang ich die Treppe hinab und landete mit einem mittellautem Rums auf den morschen Dielen vor der Treppe. "Ah Liv Liebes, hier hast du dein Frühstück." Meine Großmutter gab mir einen dicken sabrigen Kuss auf die Stirn. Wieso machen das bloß alle Omas? "Oh und eben ist ein Päcken für dich gekommen!" Sie stellte das "Päckchen" auf den Stuhl neben mir. "Achduliebegüte, Oma was ist bei dir bitte ein "Päckchen? Da drinne könnte man glatt nen Elefanten verschicken." Okay... das war vielleicht etwas übertrieben, aber das Päcken war wirklich Menschengroß. Ich schaute mir das Paket genauer an, um heraus zu finden von wem es war, doch ich fand keinen Absender. "Komisch... überhaubt kein Absender drauf?!" "Liebes, öffne es bloß nicht! Vielleicht ist was gefährliches drinne. Möglicherweise eine Bombe." In ihrer Stimme schwang wirklich Angst und Histerie mit. "Ich bitte dich Oma! Soll das ein Witz sein? Wir sind doch nicht mehr in den 20ern." Trotz meinem Protest lauschte ich am Kartong aber es war nichts zu hören. Also öffnete ich es kurzerhand. Mit meinem Vergleich, dass das Paket Menschengroß war, lag ich gar nicht so falsch, denn ich fand eine große Puppe vor. Also, so eine richtige Puppe. Lebensgroß, aus Holz und mit Augen die gruselig echt aussahen. "Achduliebegüte" war das einzigste was ich rausbrachte. "Das ist bestimmt von Magaret, deiner Tante. Die hat nen Haufen solcher Puppen." meinte meine Oma. "Und schau! Hier ist noch ein Foto." Sie reichte mir etwas, was offenbar am Boden des Kartongs gelegen hatte. Mir stiegen Tränen in die Augen. Es war ein Bild mit meinen Eltern und mir. Das Problem war nur, dass beide Tot waren. Man hatte sie vor 2 Jahren tot am Waldrand gefunden, völlig zerkratzt und zerbeult. Damals kam in den Nachrichten, dass sie von einem Bären angegriffen wurden.
Da ich die Puppe ziehmlich gruselig fand, stellte ich sie abends unter die Treppe in die Besenkammer und ging schlafen. Wieder hatte ich einen Alptraum. Doch dieser war anders. Es pochte und klapperte. Wie wenn Holz auf Holz trifft. Und dann war da diese Stimme. Kalt, gefährlich und kindlich. "Liv, ich steh im Besenschrank. Liv, ich komm raus. Liv, ich steh an der Treppe. Liv, ich komm rauf zu dir. Liv, ich steh vor deiner Tür. Liv, Ich komm rein. Liv, ich erwürge dich!" Mir wurde eiskalt und ich setze mich mit einem Ruck auf. mein Atem ging schnell und ich war mal wieder verschwitz. Um mich abzuregen wollte ich ins Bad gehen und mir kalten Wasser ins Gesicht spritzen, also stand ich auf. Doch gleich beim ersten Schritt stolperte ich über etwas. Ich landete auf meinen Knien. Es war nur ein kurzes klappern zu hören, was mir irgendwie bekannt vorkam. Ich rappelte mich auf und ging zum Lichschalter. ich knipste es an und drehte mich wieder zu meinem Bett um. Und da traf mich der Schlag, vor meinem Bett lag, zusammengekauert die Lebensechte Holzpuppe...
Ich hatte die Puppe noch in der Nacht wieder nach unten gebracht, aber diesmal abgeschlossen. Nur zur Sicherheit. Bestimmt war ich nur geschlafwandelt, sagte ich mir immer wieder. Komisch war nur, das mir das merkwürdige Gefühl nicht aus dem Bauch ging, dass ich immer hatte, wenn etwas faul war. Meiner Oma erzählte ich nicht von der ganzen Sache. ich wollte sie schließlich nicht beunruhigen. Am Abend vergewisserte ich mich abermals ob die Besenkammer auch abgeschlossen war und dann legte ich mich schlafen. Zur sicherheit hatte ich die kleine, blasse Lampe neben meinem Bett angelassen.
Wieder plagten mich Alpträume. Am Anfang war es wieder der alte, wo ich am Boden zerschelte. Doch dann wechselte das Szenario. Es pochte und klapperte wieder. Dann diese Stimme: "Liv, ich steh im Besenschrank. Liv, ich kom raus. liv ich steh an der Treppe. Liv, ich komm rauf zu dir. Liv, ich steh vor deiner Tür. Liv, ich komm rein. Liv, ich ersteche dich." In dem Moment wachte ich auf. Über mir sah ich das fiese Grinsen einer Holzpuppe. Ich konnte nicht mal reagieren, da rammte sie mir ein Fleischermesser in die Brust und alles wurde schwarz.