Mit Genugtuung stellte Lilianna immer mehr fest, dass sie ein gutes Gespür dafür zu besitzen schien, was die Wahrheit einer Person sein mochte. Dazu brachten die beiden Veteranen tatsächlich gelegentlich Kameraden mit, die entweder ganz von sich aus die Unterwerfung durch Lilianna wünschten, und solche, die dies erst noch erkennen mussten. Stets achtete Lilianna darauf, den Veteranen gewogen zu bleiben, auch, wenn sie in ihrer Gunst weiter stieg, schien es doch darauf zu basieren, dass sie genossen, dass sie über die Löwin, wie sie sie mittlerweile nannten, geboten. Doch nahm Lilianna dies in Kauf. Zu wertvoll war, was sie erreichte. Geduldig erschuf sie sich in den folgenden Wochen eine handvoll Höriger. Männer, die sie wie Raoul sie ausbildete auszubilden begann, ihren Gelüsten zu dienen. Und sie erfüllte genau die Wahrheit, genau die Gelüste der ausgewählten Männer damit. Doch die Lust an der Unterwerfung dieser war nicht der Hauptgrund. Mehr und mehr forderte sie die Männer auch auf, Wagnisse für die einzugehen. Sie begründete es mit einem luststeigernden Nervenkitzel, doch in Wahrheit gelangte sie so an wertvolle Informationen über die Strigoi und die Männer wurden bereit, immer mehr für sie zu tun. Letztlich wusste Lilianna genau, wo die Strigoi den Tag verbrachten, dass das Sonnenlicht ihnen übel zusetzte und sie am Tag schlafen mussten, und das Eisenkraut sie lähmen konnte. Ihre Vorbereitungen begannen. Lilianna hatte erkannt, was nötig wäre, um Freiheit zur Ausübung ihrer Herrschaftslusts zu erlangen. Lustsklavin im Turm zu sein, wenn auch eine, die die Männer unterwarf, reichte ihr nicht. Sie wollte frei von der Erniedrigung sein, sich anbiedern zu müssen, um nicht doch von körperlich Überlegenen unterworfen zu werden. Als ihre Planung abgeschlossen war, trug sie einem ihrer Hörigen auf, Eisenkraut in einem roten Beutel in seinem Zimmer zu verstecken. Einem weiteren befahl sie, einen roten Beutel aus eben dem Zimmer des Mannes zu stehlen und ihr zu bringen, jedoch ohne den Beutel zu öffnen. Des Weiteren ließ sie sich Ketten und Hand- wie Fußschellen bringen, zunächst, um einen ihrer Hörigen damit zu fesseln, damit dieser keinen Verdacht schöpfte, dann, um sie für eine Nacht bei sich zu behalten. In der finalen Nacht ihres Plans hatte sie einem Mann aufgetragen, die Tür zu ihrem Turm unverschlossen zu lassen, damit sie ihn im Schlaf überraschen könnte, eine Fantasie, von der er überzeugt war, dass sie ihm entsprungen sei. Lilianna besuchte ihn kurz vor Anbruch des Tages. In seiner Lust bemerkte der Kerl nicht, wie die Zeit verging. Der Ruf zum Morgenappell kam völlig überraschend für ihn. Fluchend sprang er auf. Lilianna versteckte sich unter seinem Bett, während wütend der Hauptmann die Stube betrat und den erst halb angekleideten auf den Exerzierplatz schleifte. Ihr Höriger hatte so keine Gelegenheit mehr, die Tür zum Turm wieder wie geplant hinter ihr zu verschließen. Mit den organisierten Ketten und dem Eisenkraut schlich sich Lilianna in die Keller. Hier, so wusste sie aus Erzählungen, war ein Sarg verborgen, in welchem Raoul den Tag verbrachte. Und tatsächlich, in einer Gruft fand sie ihn. Lilianna schauderte, als sie den Sargdeckel anhob. In seiner edlen Kleidung, die Arme über der Brust gekreuzt, lag er wie aufgebahrt da. Lilianna fürchtete für einen Moment, die Geschichte über die Tagesstarre der Strigoi könne sich als falsch erweisen, tatsächlich zuckten Raouls Mundwinkel zornig und Lilianna dachte, in der nächsten Sekunde würde er ihr die Kehle herausreißen und ihr Blut trinken, bis nichts davon bliebe. Doch er regte sich nicht weiter. Triumphierend drückte sie ihm zur Sicherheit das Eisenkraut zwischen die Zähne und legte ihm die Ketten und Schellen an. Nun wurde es kompliziert. Lilianna hatte sich die Kerker genau beschreiben lassen. Sie hatte nach einem Ort gefragt, den nur wenige kannten, einen Ort, an dem man nicht nach einem Verschwundenen suchen würde. In der Fantasie des Mannes hatte sie natürlich gefragt, um ihm zu drohen ihn dort anzuketten. Doch nun würde sie Raoul dort anketten. Alle Kraft aufbietend schleifte sie den geketteten Raoul durch die Gänge. Sie musste sich beeilen ihr Ziel zu erreichen, bevor die morgendliche Exerzierübung abgeschlossen war und vielleicht wieder Männer in die Keller kamen. Lilianna mühte sich ab, doch es gelang ihr. Sie erreichte den beschriebenen Ort. Von einem von vielen Gängen gingen etliche Lagerräume ab, die schon länger nicht mehr betreten worden waren. Unzählige Fässer und Kisten mit veralteter Wachausrüstung, Dekorationsobjekten die kein Gefallen mehr fanden, und Schriften über Schriften. Letztere waren es, die Lilianna suchte. Eine ganze Halle war nur mit großen Kisten gefüllt, in welcher der Graf alte Dokumente, Briefwechsel, Rechnungen, Handelsbücher, und weiteres hatte archivieren lassen. Gewaltige Mengen hatten sich über die Jahrhunderte angehäuft und aufgrund des unendlich scheinenden Platzes in den tiefen Kellergewölben unter der Burg schien sich nie jemand die Mühe gemacht zu haben, veraltete Schriften zu entsorgen. Lilianna wählte eine der hinteren Kisten und verbarg Raoul darin, bedeckte ihn noch mit Papieren, sodass er nicht direkt zu sehen war. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Männer hier suchen würden, war gering, dass sie so viele Kisten öffneten, dass Raouls darunter war, nahezu ausgeschlossen. Lilianna prägte sich genau ein, in welche Kiste sie den angeketteten und vom Eisenkraut hoffentlich den nächsten Tag noch Gelähmten gebettet hatte. Am liebsten hätte sie Raoul direkt in die Sonne geworfen und enthauptet, doch die Befriedigung ihres Rachewunsches war es nicht wert, die darauf garantiert folgende Hinrichtung ihrer selbst hinzunehmen. Sie hatte eine bessere Verwendung für ihn. Sich selbst in einer der Kisten versteckend harrte Lilianna den Tag über aus. Ihre Glieder schmerzten und ihre Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Einmal hörte sie Wachen, die tatsächlich den Raum flüchtig auf der Suche nach ihr abgingen, doch man rechnete wohl damit, dass sie einen Weg aus dem Schloss gefunden hatte und suchte halbherzig. Weshalb sollte sie auch davon ausgehen, dass sie sich im Schloss verstecken würde, statt zu fliehen? Lilianna grinste stolz. Als der Ruf zum Abendappell durch die Gänge hallte wusste sie, dass sie genug ausgeharrt hatte. Es musste mittlerweile dunkel sein. Mit schmerzverzerrtem Gesicht regte sie sich, verließ die Kiste und streckte ihre versteiften Glieder. Nun durfte nichts schiefgehen. Raoul lag noch immer reglos in der Kiste, beruhigte sie eine schnelle Kontrolle. Lilianna eilte los. Den Weg, den sie ging, hatte sie sich, als sie ihn vor Monaten gegangen war, genau eingeprägt. Es war der Weg zum Flügel des Grafen.
Als Lilianna den Korridor zur bisher erst einmal von ihr passierten Flügeltür betrat, waren die beiden Wachen sofort in Alarmbereitschaft. Sie entspannten sich jedoch schnell als sie erkannten, dass sie Lilianna nicht würden verfolgen müssen, sondern dass diese selbstsicher auf sie zu ging. Obwohl sie nichts von ihr zu befürchten hatten, hielten sie ihre Hellebarden bereit. ,,Die entflohene Sklavin kommt freiwillig zu uns”, stellte der eine Strigoi interessiert fest. Seine Stimme war rau und kalt, kaum eine Regung zeigte sich auf seinem strengen Gesicht. ,,Ich habe Raoul,”, eröffnete Lilianna mit fester Stimme, ,,und wenn meine Forderungen an den Grafen nicht erfüllt werden, wird er bei Sonnenaufgang sterben, denn ihr werdet seine Position nicht von mir erfahren”. Kurz erwartete sie, dass die beiden sie auf der Stelle zerfetzen würden. Doch dann breitete sich der Anflug eines unheilvollen Schmunzelns auf den Lippen des Strigoi aus, ,,Wie lautet deine Forderung?” ,,Ich werde sie nur dem Grafen persönlich vortragen”, stellte Lilianna klar. Ihr Herz raste. Ob die beiden es hören konnten? Sie hoffte, dass sie nicht zuviel wagte. Andererseits, welche Wahl blieb ihr? Zu ihrer Erleichterung und Überraschung nickte er nur und schob die gewaltige Flügeltur auf. Ächzend gab sie den Blick auf die kerzenerleuchtete Halle frei. Auf den zwischen den unheilvoll aufragenden Seitenschiffen platzierten dunklen Ledermöbeln saßen im durch Buntglasfenster fallenden Mondschein ein halbes Dutzend bleicher Edelleute. Prunkvolle Gewänder raschelten, als sie sich ihr wie ausgehungerte Bestien zuwanden. Lilianna trat vor. Sie fixierte den Grafen, der, sich interessiert in einen Sessel zurückgelehnt, sie aus undurchdringlichen Augen beobachtete. ,,Macht mich zu einer Strigoi”, forderte sie. Stille. Dann antwortete eine jung wirkende Dame mit aufwendigen blonden Korkenzieherlocken in einem rosa Seidenkleid, welches an eine Kinderpuppe erinnerte, mit glockenhellem Gelächter, die übrigen sahen sie abfällig an. Allein der Graf rührte keine Mine. Er tätschelte der Blonden, die sich katzenhaft am Boden sitzend an seine Beine geschmiegt hatte den Kopf, ,,Still, Lucretia. Sicher will sie uns noch mehr sagen”, wies er mit seiner üblichen ruhig volltönenden Stimme an. Lilianna schluckte und nahm ihren Willen zusammen, ,,Wenn ihr mich nicht zu einer Strigoi macht, werde ich euch nicht verraten, wo ich Raoul versteckt habe, und er wird im ersten Sonnenlicht vergehen”. Kaum hatte sie den Satz beendet, da sprang fauchend ihre Reißzähne entblößend eine Schwarzhaarige in blutrotem Seidenkleid auf. Auch die anderen entblößten ihre Fänge. Lilianna hatte nicht die Zeit zu reagieren, da hatte sich die Aufgesprungene auf sie gestürzt. Für ihre Augen kaum nachvollziehbar hatte sie sich durch die Luft auf sie gestürzt. ,,Minna!”, donnerte da die Stimme des Grafen. Er hatte sich nicht einmal erhoben, dennoch waren die übrigen wie scheue Tiere vor ihm zurückgewichen. Die Angesprochene hielt inne. Wütend zuckte ihre zum Schlag erhobene Hand, an der die langen krallenhaften Nägel darauf zu warten schienen, Liliannas Kehle zu zerfetzen. Raubtiergleich hockte sie auf der zu Boden geworfenen Lilianna, deren Herz raste. Was hatte sie sich nur bei all dem gedacht? Ging es ihr durch den Kopf. Doch sie war nicht länger zu diesen Erniedrigungen bereit, koste es was es wolle, sie würde entkommen. Durch den Tod oder die Wandlung zur Strigoi. Sie hatte sich tagelang den Kopf zerbrochen. In der Welt hatte sie keine Aussicht auf Macht. Sie besaß nichts, war nicht von Stand, und alle Struktur, in der sie aufgewachsen war, war zerstört. Allein körperliche Kraft könnte sie in die Lage versetzen, sich in der Welt von Hauen und Stechen zu behaupten. Die Wandlung war ihre einzige Möglichkeit. Endlich würde sie all die Männer abwehren können, die meinten, sie benutzen zu dürfen. Doch dazu musste sie überleben. ,,Töte mich und du wirst Raoul nie finden!”, zischte sie der Schwarzhaarigen zu. Diese erwiderte ihren Kommentar mit einem hasserfüllten Fauchen, das Lilianna das Blut gefrieren ließ. ,,Darf ich mit ihren Augen spielen? Bekomme ich ihre Finger und Zehen? Vielleicht darf ich Schuhbändchen aus ihrer Haut schneiden, bis sie uns sagt, wo Raoul ist?”, bettelte die Blonde mit einer auf eine unendlich morbide Weise mädchenhaft klingenden Stimme den Grafen an. In Lilianna stieg Panik auf, als die Bilder derartiger Folter vor ihrem Geist vorbeizogen. Könnte sie derlei standhalten? Doch der Graf rettete sie erneut, ,,Nein, Lucretia,”, tadelte er die Dame, die schmollend zu Boden blickte, ,,ich habe euch doch gesagt,”, wand er sich zu den übrigen, ,,dass Lilianna uns noch überraschen wird.” Die Gesichter blieben ausdruckslos, allein ein blondgelockter Jüngling, dessen Schönheit auf unheimliche Weise zu makellos schien, lachte hell, ,,Eine Überraschung in der Tat”. ,,Aber keine willkommene, Demian”, versetzte der Wächter, der Lilianna hereingelassen hatte. Lilianna war überrascht, dass er sprach, doch die Strigoi schienen wenig Hierarchie unter sich zu haben. ,,Foltern müssen wir sie natürlich”, stellte der Graf bedauernd fest. Lilianna wurde schlagartig übel. Sie hatte so sehr darauf gebaut, dass er etwas in ihr sah. Irgendwie war sie so sicher gewesen, er würde zu ihr halten! Erst jetzt wurde ihr klar, wie töricht das war. Er hätte sie niemals versklaven müssen, hätte all die Vergewaltigungen verhindern können. Sie bedeutete ihm gar nichts. Ihr gesamter Mut war wie weggewischt. Doch da setzte der Graf nach, ,,Aber ich verbiete euch, sie zu entstellen. Benutzt den Biss”. Verwirrung machte sich in Lilianna breit. Die als Minna angesprochene Strigoi auf ihr wandte sich wütend dem Grafen zu, ,,Warum willst du sie schonen, Sorin?”, knurrte sie. Irgendwie wurde Lilianna warm, als sie den Vornamen des Grafen erfuhr. ,,Wie gesagt, ich sehe etwas in ihr. Sie hat ein Feuer in sich, das nicht leichtfertig verschwendet werden sollte”, erklärte er gelassen. ,,Wie auch immer”, bebte Minna vor Zorn, ,,Dann also der Biss”. Fauchend riss sie ihren Mund auf, mit einer Kraft, die Liliannas Knochen beben ließ, fuhren ihre Fänge in Liliannas Schulter. Brennender Schmerz durchflutete sie, als die Zähne sich tief in ihr Fleisch bohrten. Lilianna verkrampfte. Es kostete sie all ihren Willen, nicht zu schreien. Doch da war bereits der nächste Strigoi über ihr und vergrub seine Fänge in ihr. Lilianna sah einen braunen Zopf. Da schob sich das unheimlich lächelnde Gesicht der Blinden über ihres, ,,Hallo, Liebes”, säuselte sie, dann schlug sie ihre Fänge in Liliannas Hals. ,,Verzeih Verehrteste, wer könnte bei deinem Körper widerstehen”, zwinkerte ihr Demian, der Blondgelockte, zu. Genussvoll bis er in ihre Schenkel, doch hatte sein Biss kaum etwas schmerzhaftes, eher rücksichtsvolles. Da jedoch packte sie der Wächter grob. Grausam, mit fast rotglühenden Augen, schlug er seine Fänge in ihren Arm. Immer wieder bissen die Strigoi zu, nur der Graf beobachtete sie geduldig. Alles in Lilianna schrie danach, ihn anzuflehen, ihr zu helfen. Doch sie erkannte mit Tränen in den Augen, wie aussichtslos es war. Er würde ihr nicht helfen, er hatte ihr nie geholfen, immer hatte er nur für sich gehandelt. Wieder und wieder fuhren Zähne in sie, suchten ihre Pein ins Unerträgliche zu steigern. Am entsetzlichsten war, dass keine Wunden zu blieben scheinen. Kurz schnellte die Zunge der Strigoi vor und wo eben noch Bisse sie gezeichnet hatten war die Haut verheilt. Lilianna erkannte mit Grauen, dass dies bedeutete, dass sie unendlich damit fortfahren konnten. Keine Ohnmacht, kein erlösender Tod würde sie erretten. Von der Erkenntnis ihrer letzten Kraft beraubt schrie sie auf. Wieder und wieder bissen sie in ihr Fleisch und Lilianna konnte sich nicht mehr beherrschen, warf sich verzweifelt hin und her, weinte vor Pein und schrie ihren Schmerz hinaus. Als der Wächter seine Reißzähne durch ihre Schamlippen trieb wurde ihr Kreischen animalisch. Nach einer gefühlten Ewigkeit ließen sie von ihr ab. Obwohl sie keine Wunde bedeckte, wünschte sich Lilianna den Tod. Unfähig, sich zu regen, ohne noch Tränen übrig zu haben, lag sie zuckend da. Feuchtigkeit rann aus ihr. Die Strigoi lachten. Boshaft beugte sich die Schwarzhaarige über sie, ,,Sag uns, wo Raoul ist, dann hört es auf”. Lilianna konnte nicht mehr. Fast hätte sie zu sprechen angesetzt, da erklang ein Wort des Grafen. ,,Lilianna?”. Mehr sagte er nicht. Doch in dieser Nennung ihres Namens lag so viel. Eine unendliche Wärme durchflutete sie. Es lag Hoffnung, Sorge in diesem Wort. Irgendwie war ihr klar, dass der Graf, dass Sorin sich nichts mehr wünschte, als dass sie standhielt. Und ihr wurde sein Handeln klar. Er musste uralt sein. Er hatte akzeptiert, dass in der Welt Schwache und Unglückliche ein schnelles und oft grausames Ende fanden. Er glaubte fest, dass sie zu schützen dieses Schicksal nur in die Länge zöge. Zu schützen wäre der selbstbetrügerische Weg des Lichtes, der die Grausamkeit der Welt verleugnen wollte, da er sie nicht ertragen konnte. Doch der Weg der Dunkelheit musste sein, die Fallenden fallen zu lassen, alle Wesen der vollen Härte der Welt auszusetzen. Viele würden vergehen, doch in diesem heißesten Feuer würden auch der härteste Stahl geschmiedet werden. Lilianna war geschmiedet worden. Schonungslos hatte er sie der Welt ausgesetzt, doch er hatte dafür gesorgt, dass sie nicht starb, nicht im See, nicht in der Sklaverei. Stolz glomm in ihr auf. Und sie war allein aus sich heraus stark geworden. Sie hatte der Welt getrotzt, vor der das Kloster sie hatte behüten wollen. Und sie hatte ihre grausame Wahrheit lieben gelernt. In der Lügenwelt des Lichtes hatte sie ein entbehrungsreiches Leben geführt. Dort wäre sie alt, aber ohne die Freuden des Lebens je kennengelernt zu haben. Nie hätte sie erfahren, welche verstandessprengende Lust sie bei der Unterwerfung Sophjas oder Gorins empfinden könnte. Nie wäre sie in ihrer Wahrhaftigkeit aufgegangen. Lilianna schüttelte sich. Nein, sie würde weiter dem dunklen Pfad ihrer Wahrheit folgen. Sie würde eine vollkommene Herrscherin werden und alles dafür tun. Und sie würde den Weg allein aus sich schaffen. ,,Macht mich zu einer Strigoi. Dann verrate ich euch, wo Raoul ist”, brachte sie alle Kraft zusammennehmend hervor. Wütend gingen die Fangzähne wieder auf sie nieder.