Der Tag neigte sich dem Ende zu und die letzten Sonnenstrahlen fielen durch die Schaufenster des 'Love&Pet'-Shops - dem Laden für magische Kuscheltiere, den die Winx in Gardenia gegründet hatten. Es war ein anstrengender Tag gewesen und viele Kunden waren gekommen, um ein Kuscheltier zu adoptieren.
Flora kümmerte sich um ihre letzten Kuscheltierpatienten, Musa und Layla räumten die Fitnessgeräte und Musikinstrumente auf und Stella polierte die Spiegel des Schönheitssalons, damit auch morgen wieder alles für die Kuscheltiere bereit war. Tecna stellte gerade zusammen mit Bloom einen Live-Support Chatbot für ihre Website ein, als Roxy den Laden betrat, zusammen mit ihrem vierbeinigen Freund, dem Hund Artu. Sie lächelte: " Hey Mädels."
"Ah, hallo Roxy!", begrüßte sie Bloom und bahnte sich den Weg zu ihr. "Sagt mal, habt ihr Lust in die Fruitti Music-Bar zu kommen? Mein Dad sagte, er gibt uns ein paar Drinks aus!"
"Das ist aber nett von Klaus. Gibt's einen besonderen Anlass?", fragte Musa, die gerade ein paar Kopfhörer wegräumte.
"Es braucht doch keinen Anlass einer Schönheit wie mir und meinen Freundinnen ein paar Drinks auszugeben!", grinste Stella.
Layla verdrehte die Augen und Musa meinte nur leicht genervt: "Es geht nicht immer alles nur um dich, Stella."
Stella warf den blonden Schopf nach hinten, als wolle sie ihrer vorherigen Aussage nochmals Ausdruck verleihen. Dann drehte sie sich zu Musa: "War doch nur ein Witz."
"Ich fände es schön, die anderen mal wieder zu sehen.", unterbrach nun Flora das Schweigen.
Sie kniete sich hin, um Artu zu streicheln und fuhr fort: "Besonders jetzt, da die Hexer weg sind."
"Stimmt! Vielleicht können wir uns ja dieses Mal ohne Unterbrechung durch einen Angriff entspannen!", kicherte Bloom und die anderen stimmten mit ein - außer Layla.
Während die anderen ihre Arbeit zuende brachten, sah sie gedankenverloren aus dem Fenster.
Hinter den Häusern am Horizont konnte sie die glitzernden Sonnenstrahlen auf den Wellen des Meeres tanzen sehen. Nabu hätte diesen Anblick geliebt...
Plötzlich hielt Layla den Atem an, als sie eine Gestalt draußen auf der Straße sah - Nein ... Das war unmöglich! Layla rannte nach draußen - doch an der Stelle, an der sie Nabu gesehen hatte, war... Nichts. Hatte sie sich das gerade eingebildet?
"Layla, ist alles in Ordnung mit dir?", fragte ihre Freundin Musa. Sie musste ihr gefolgt sein.
Layla brauchte einen Moment, um die Welle der aufkeimenden Gefühle von Trauer, Verwirrung, Wut und erneuter Trauer zu ersticken. Der Kloß in ihrem Hals machte ihr das Atmen schwer. "...ich dachte, da wäre... Nicht so wichtig.", sagte sie leise.
Wenig später (und nachdem sich Stella das richtige Outfit überlegt hatte - was in diesem Fall ein knallblaues Designerkleid mit orangegelben, verspielten Details war), verließen sie ihren Laden. Die Luft auf ihren Gesichtern war warm und frisch. Es roch wunderbar nach Blumen, weil Flora vor dem Laden einige Vasen aufgestellt hatte.
Noch immer grübelte Layla vor sich hin. Hatte sie sich das wirklich nur eingebildet? Hatte sie schon Halluzinationen?
Die Winx zogen bei den Passanten einige neugierige Blicke auf sich. Kein Wunder, schließlich hatten sie Gardenia gerettet und den Glauben an die Feen auf der Erde erneuert!
Stella machte Anstalten, stehen zu bleiben und Autogramme zu geben, doch Tecna und Musa bugsierten sie an der Menschenmenge grinsend vorbei. Layla war das nur Recht, denn sie wollte die Menschen vorerst ignorieren. Sie hatte Angst, dass sie, wenn sie nur ein einziges weiteres glückliches Paar sah, in Tränen ausbrechen könnte.
Nach wenigen Minuten kam der Strand in Sicht. Die Fruitty Music Bar passte mit ihrem hawaiianischen Touch perfekt in das orangerosa Licht der untergehenden Sonne. Bereits jetzt bemerkten die Feen, dass es heute wieder lebhaft zu ging. Die Musik drang bis nach draußen und viele Menschen tanzten auf dem Vorplatz.
Als die Winx das Lokal betraten, erwartete sie schon die nächste Überraschung - wenn auch eine eher unangenehme. Mitzy, Blooms verhasste Kindheitsrivalin, war auch da.
Bloom hoffte noch, dass Mitzy sie nicht sehen würde - doch zu spät. Mitzy richtete ihre dreieckige Brille und ein diabolisches Grinsen machte sich auf ihrem Gesicht breit. Sie kam näher und Stella ließ ein genervtes Schnauben von sich hören. Nicht nur bei Bloom hatte sich Mitzy noch unbeliebter gemacht. Seit sie ein Auge auf Brandon geworfen hat, hatte Mitzy bereits mehrmals versucht, ihn und Stella auseinander zu bringen.
"Hallo Bloom. Und Stella ist ja auch hier.", sagte Mitzy mit ihrer leicht nasalen Stimme in hochmütigem Ton. "Hallo Mitzy...", sagte Bloom, während Stella sich sofort abwandte.
Mitzy wollte gerade noch etwas sagen, als - "Brandon?!" - Stellas Freund, zusammen mit den anderen Spezialisten die Bar betrat. Stella warf sich ihrem Freund in die Arme, während Bloom sich nach Sky umsah. Helia überreichte Flora eine Rose, während Timmy seiner Tecna ein neues Videospiel auf seinem Smartphone zeigte. Musa entdeckte Riven an einer Bar und lief zu ihm. Nur Layla blieb allein zurück.
"Was macht ihr denn hier?", fragte Bloom freudestrahlend, während sie Sky umarmte, so als wolle sie ihn nie wieder loslassen, "Ich dachte, ihr seid wieder in der roten Fontäne!"
"Wir haben heute frei und da dachten wir, wir überraschen euch.", grinste Sky.
Während Mitzy versuchte Stella zu blamieren, indem sie einen roten Fruchtcocktail über ihr Kleid kippte, stahl sich Layla nach draußen.
Sie kauerte sich in den Sand. Die Abendsonne tat gut auf ihrer dunklen Haut und der salzig schmeckende Wind zerzauste ihre dunkel gelockte Mähne. Ihre blauen Augen blickten traurig aufs Meer, in Gedanken bei Nabu.
Sie erinnerte sich an die schönen Zeiten, die Erinnerungen, als er noch gelebt hat.
"Layla..."
Es schien, als könnte sie sogar seine Stimme hören...
"Layla!"
Das konnte nur der Wind sein...
"Laylaaaa!!!"
Nun wandte sie sich um, sicher, dass jemand nach ihr gerufen hatte.
Tatsächlich stand jemand dort, den Blick auf sie gerichtet. Er winkte Ihr zu.
"Nabu?!", Layla stand auf, fassungslos, "Wie..? I-ich dachte du wärst...!", sie lief näher. Doch in dem Moment, in dem sie die Augen kurz schloss, um die Tränen wegzuwischen, war er wieder verschwunden.
Layla fiel auf die Knie, ungläubig auf die Stelle blickend, auf der Nabu gestanden hat.
"Layla!", hörte sie Blooms Stimme. Die anderen Winx waren bei ihr. "Ist etwas passiert? Wir haben dich rufen hören!"
"Ich...", begann Layla, doch ihre Stimme versagte. Die Feen verstanden sofort, dass es ihrer Freundin nicht gut ging. Musa nahm sie in den Arm und Stella lief zurück zu den Spezialisten, um ihnen die Situation zu erklären und sie wegzuschicken.
Die Winx begleiteten Layla nach Hause und Flora bereitete ihr den besten Kräutertee zu, den sie hatte. Stella legte ihrer Freundin die weichste Kaschmirdecke um die Schultern und Layla fasste schließlich den Mut, zu erklären, was sich am Strand abgespielt hatte.
"...ich glaube, ich habe Nabu gesehen."
Die anderen Winx tauschten betroffene Blicke aus.
"Aber süße, Nabu ist..."
"Tot. Ich weiß.", sagte Layla und nahm einen tiefen Schluck von Floras Tee.
"Ich sage bloß, was ich gesehen habe. Er hat nach mir gerufen."
Layla spürte die Blicke der anderen. Sie wusste genau was sie dachten.
"Ich weiß, das klingt verrückt. Aber ich habe ihn gesehen."
"...die logischste Erklärung wäre, dass du überarbeitet bist und verlustgeprägte magische Wahnvorstellungen hast.", überlegte Tecna.
Layla wurde still. Wahnvorstellungen?
"...es war so real...", sagte Layla ungläubig.
Stella legte ihr eine Hand auf die Schulter: "Du bist nur überarbeitet. Bestimmt bekommst du bei einem Ausflug nach Magix bessere Laune!"
"Das ist eine gute Idee, Stella!", sagte Bloom.
Stella Strich das sonnengelbe Haar nach hinten und zwinkerte ihr mit ihren bernsteinbraunen Augen zu: "Ich habe NUR gute Ideen!"
Musa verschränkte die Arme und Tecna sagte nüchtern: "Also ich glaube nicht, dass deine letzte 'Bikini-Winterkollektion' eine gute Idee war."
Stella verzog das Gesicht: "Was kann ich dafür, dass es auf der Erde so kalt wird? In Solaria wäre das bestimmt der letzte Schrei gewesen!"
"Bestimmt!", kicherten die anderen.
"Was meinst du dazu, Layla?", unterbrach Flora das Gelächter und reichte ihr ein Taschentuch.
"Ja... Ich...ich denke, so ein Tapetenwechsel ist genau das, was ich jetzt brauche."
Stella klatschte in die manikürten Hände: "Super! Ich kann's kaum erwarten, die Magix Mall unsicher zu machen!"