Lena schlug die Augen auf. Das Schlafzimmerfenster stand auf, die Sommernacht war lau. Glas klirrte. Sie griff nach Holgers Schulter. »Da ist jemand!«
Holger war sofort wach. Es klirrte wieder. »Da ist jemand im Gartenhaus!«, flüsterte Holger und holte seine Gaspistole aus dem Nachtisch. »Na warte...«
»Holger...«
Er war schon aus dem Bett. Sein nackter Oberkörper schimmerte im Mondlicht. Er sah gut aus für einen Mann von Ende fünfzig. Lena hörte ihn über die Terrasse in den Garten gehen.
Leise stand sie auf und folgte ihm. Ihr Herz pochte. Ein Lichtschimmer tanzte hinter den Fenstern des Gartenhauses. Holgers Rückzugsort, dort erholte er sich von seinen Geschäften. Lena lächelte bitter. Holger Hansen, der Finanzhai. Es gab wohl keinen, der in der Szene der Banker und Anlageberater einen schlechteren Ruf hatte als er. Als sie ihn heiratete, hatte sein Vermögen sie über vieles hinwegsehen lassen. Doch inzwischen war die Luft für Holger Hansen dünner geworden - Finanzaufsicht und der Staatsanwaltschaft ermittelten gegen ihn und es war absehbar, dass man seine Geschäfte bald unterbinden würde.
»Aber natürlich habe ich ein gesundes Polster angelegt«, hatte Holger ihr anvertraut. »Wenn mir etwa zustößt - schau in meinem Schreibtisch nach, in der untersten Schublade.«
»He, wer ist da!?« Holger stieß die Tür des Gartenhauses auf. Die Gestalt, die dahinter auf ihn gewartet hatte, sah er nicht. Sie schlug mit etwas zu, Holger stürzte, blieb liegen.
Lena rannte über die Wiese. »Schnell!«, flüsterte sie, als Erik sie die in Arne nehmen wollte. »Das Feuer!«
Erik Schumann, Holgers Assistent, zwanzig Jahre jünger als sein Boss, war der Mann, mit dem Lea neu anfangen wollte. Nicht mehr an Holgers Seite, aber mit dessen Geld.
Der Plan war einfach - alles würde so aussehen, als habe Holger einen Einbrecher überrascht und sei von dem niedergeschlagen worden. Dann war Feuer ausgebrochen und Holger war ein Opfer der Flammen geworden.
Erik arbeitete schnell, es dauert nicht lange bis Flammen rund um Holger züngelten und die Holzwände des Gartenhauses ergriffen.
Ein schneller Kuss, dann huschte Erik davon. Lena eilte ins Haus. Vom Arbeitzimmer aus sah sie das brennende Gartenhaus. Sie griff nach dem Telefon. Während sie wählte, bereitete sie sich auf ihre Rolle als geschockte Ehefrau vor.
»Polizeinotruf...«
Lena hatte Holgers Brief aus der untersten Schublade geholt. »Liebste Lena - wundere dich nicht, wenn du im Fall meines Todes kein Vermögen auf meinen Konten findest. Ich habe alles in Sicherheit gebracht, damit dir weder Finanzamt noch Staatsanwaltschaft etwas abnehmen können. Das Geld ist in den Holzwänden des Gartenhauses versteckt... insgesamt drei Millionen...«
»Polizeinotruf... bitte sprechen Sie!« Lena starrte auf die Flammen, die in den Himmel schlugen und musste sich nicht einmal mehr verstellen, um die geschockte Ehefrau zu spielen.
ENDE