"Warte mal was?", Felix blinzelte, "Er hat früher bei Cam gewohnt?"
"Ja, das hat er", Shanora wippte vor und zurück, "In ihrem Kopf. Da hatte ich hier noch meine Ruhe, aber jetzt lebt er schon eine Weile hier und geht auch nicht mehr so schnell weg."
"Wie funktioniert das?", seine Neugierde war geweckt. Er wusste, dass beide das gleiche Universum, Elensar, bedienten, und auch, dass Cam in 'Vanessa' Figuren von Kathy genutzt hatte. Doch wie konnten diese hin- und herwechseln?
"Ich weiß es nicht. Ich war auch schon mal drüben bei ihr. Kurz aber doch. Momentan stagnierts ja und darum bin ich wieder Zuhause", Shanora lächelte schief und wandte sich dann wieder dem Regal zu, "Ich bin mir sicher, sie hat das Ende längst geschrieben und selbst, wenn nicht. Ich war schon sooft in Hogwarts. Es ist direkt anstrengend, wieder dort zu sein. Auch, wenn es lustig werden könnte. Besser jedenfalls als mit Käsekrainer."
"Käsekrainer?", Felix schüttelte den Kopf, glaubend sich verhört zu haben.
"Ein fetter Kater, der ihre Tagebücher gefressen hat. Und Troja platt walzte", erklärte Finn mit vollem Mund. Muffinbröckchen klebten um seinen Mund herum und landeten bei jedem Wort auf dem Boden, "Er ist sowas wie 'ne große Miezekatze, die alles verschlingt."
Felix' Augen wurden groß. Ein lautes Scheppern und Krachen erklang. Felix klappte der Mund auf, als er sah, wie Aktenschränke krachend zu Boden gingen und Zettel aufstoben wie eine Staubwolke.
"Liegt an ihrer Liebe zu Katzen", schaltete sich eine neue Stimme ein, die aus dem Zentrum des Lärms kam, "Und an zu viel 'Friedhof der Kuscheltiere'."
"Käse!", Zephyr wirbelte herum, "Du sollst nicht hier rein! Wie oft sollen wir dir das noch sagen?" Seine Stimme klang aufgeheizt und er rannte dem nächsten umfallenden Schrank entgegen, wich elegant aus und versperrte dem, was nun sichtbar wurde, den weiteren Weg.
Eine riesige graue Katze mit einer Wampe, die über den Boden schleifte, hockte mit Unschuldsmiene zwischen all dem Chaos.
"Aber mir ist so langweilig und ich hab Hunger", jammerte die Katze.
Finn hustete seinen Muffin hinunter und sprang vom Sofa auf. "So Leute, ich muss dann mal. Cam langweilt sich sicher ohne mich. War echt nett hier. Tschautschau!", haspelte er mit einem breiten, seine Panik überspielenden Grinsen.
Er bewegte sich bereits mit tänzerischen Rückwärtsschritten auf einen Archivgang zu, als seine Schwester ihn am Kragen packte und festhielt. "Klar, wenn es Arbeit gibt, dann suchst du das Weite", knurrte sie und zerrte ihn mit aller Kraft, die Felix ihr nicht zugetraut hatte, zurück zur Couch.
Felix überflog das Ereignis. Es war alles so viel. Da waren lauter kaputte Schränke, Zettel, Erinnerungen - Kathys Erinnerungen! - und Ideen, die durch die Luft gewirbelt waren und nun langsam zu Boden sanken. Die fette überdimensionale Katze - er hatte schon befürchtet, dass so etwas in ihrem Hirn zu finden wäre - , Zephyr, der mit eben jener Katze diskutierte, die augenscheinlich "Käse" hieß und Shanora, die versuchte Finn von jeglichen Fluchtversuchen abzuhalten.
Er zwang sich tief ein und aus zu atmen, um sich zu beruhigen.
"Felix?", Zephyr hatte sich ihm zugewandt, seine Miene war besorgt, "Ist alles in Ordnung mit dir? Wir kriegen das schon wieder hin. Vielleicht hat sie etwas Kopfweh oder einen Ideenstau, aber das wird schon."
Auch die Katze musterte ihn aus ihren großen grüngelben Augen: "Wer isn das? Kann man den essen?"
"NEIN!", Shanora, Felix und Zephyr schrien wie aus einem Munde und sahen einander kurz verdutzt an.
"Oh. Schade...", die Katze machte ein enttäuschtes Gesicht und sah sich um. Sie hockte noch in den Trümmern und begann sich, wie Katzen, auch riesige Monsterkatzen, es tun, wenn sie bei was erwischt wurden, zu putzen, um ihre Unschuld zu beteuern.
Felix trat näher heran: "Die Schränke! Die Schränke! Was bedeutet das? Zephyr, was heißt hier Ideenstau oder Kopfweh?!" Seine Augen zuckten in alle Richtungen, immer wieder über das Chaos, zur Katze und wieder zurück. Er rang sichtlich nach Luft. So viele Gedanken machte er sich, was passieren könnte. Was, wenn wichtige Sachen dabei waren?
"Buh!", eine Stimme, weiblich, hinter ihm, gab ihm den Rest. Seine Lieder flackerten und er kippte zur Seite, als ihm schwarz wurde.
Das letzte, was er hörte, war Zephyr, der mit einem genervten Stöhnen sagte: "Musste das sein?"