Du bist Elred Aramys Nuvian.
Fast gleichzeitig mit Arthrax machst du einen Schritt nach vorne.
„Halt!“, brüllt der Krieger und stürmt mit gezückter Axt auf die Prozession zu. „Aufhören! Lasst den Mann los!“
Du legst einen Pfeil auf die Bogensehne und folgst deinem Freund auf den Fuß. Die Säuberungstruppe, aber auch die jubelnde Menge am Straßenrand sehen euch erstaunt an.
„Wer wagt es, Einspruch zu erheben?“ Ein hochgewachsener Wissenssammler wühlt sich durch die Menge nach vorne und schaut euch herablassen an. „Wer seid ihr? Fremdlinge?“
Die Leute der Säuberungsgruppe richten plötzlich kurze Stöcke mit kunstvoll gefertigten Spitzen auf euch. Sie sehen aus wie Miniaturspeere. Du siehst die Waffen beunruhigt an. Ihr Metall schimmert widernatürlich.
„Lasst den Mann los!“, wiederholt Arthrax mit der für ihn üblichen Sturheit und richtet die Axt drohend auf die Wissenssammler.
Der Wortführer der Gruppe verengt nun wütend die Augen. „Kalynorer!“
Wütendes Geheul erhebt sich ringsum – selbst die Familie des Kranken und der Verschleppte selbst stimmen in die vielstimmigen Beschimpfungen ein, die auf euch niederprasseln.
„Verdammte Scheiße!“ Arthrax lässt die Axt sinken. „Das ist der Dank dafür, dass wir ihm helfen wollten?“
Du lässt wortlos einen Pfeil von der Sehne schnellen, der mit einem trockenen Geräusch in die Brust des Wortführers einschlägt. Bevor irgendjemand reagieren kann, hast du auch schon einen zweiten Pfeil losgeschickt, der einen anderen Kerl der Prozession in den Hals trifft.
Mit rauen Schreien stürzt sich die Säuberungstruppe auf euch. Arthrax wehrt die kurzen Waffen ab, die Kriegsaxt verschafft ihm eine größere Reichweite. Du hältst dich in der Deckung hinter dem Menschen und schießt auf jeden, der Arthrax zu nahe kommt. Doch dir gehen die Pfeile aus.
„Der Stein! Verdammt, nutz den Stein!“, brüllt Arthrax dich an.
Einen Moment verstehst du nicht, dann greifst du nach dem Schöpferstein, der um deinen Hals hängt, und schließt die Finger fest darum.
Im nächsten Moment spürst du einen stechenden Schmerz am Hinterkopf. Da die Magie des Steins jedoch schon wirkt, bleibt dir eine Sekunde, um dich im Fallen zu drehen und einen Blick nach hinten zu werfen. Einer der Händler starrt dich an, in den Händen noch die Schriftrolle, mit der er dir eins über den Schädel gezogen hat. Du siehst noch, wie ein anderer Händler sich hinterhältig auf Arthrax stürzt, dann wird dir schwarz vor Augen.
°°°
Du erwachst in einem kahlen Zimmer, das du trotz der ungewohnten Sandsteinwände und schmalen, nicht vergitterten Fenster sofort als Gefängniszelle erkennst.
Arthrax lieg neben dir auf dem Boden, so, wie man euch vermutlich achtlos hineingeworfen hat.
Stöhnend richtest du dich auf und greifst reflexartig nach dem Stein, der das letzte war, was du in bewusstem Zustand ergriffen hattest. Nur: Der Schöpferstein ist weg!
Ein Fluch kommt dir über die Lippen, ehe du ihn zurückhalten kannst. Der Stein ist weg! Die Briefe von Allyster sind weg! Damit habt ihr nicht nur einen der wertvollen Unterpfände verloren, sondern auch eure Verbündeten preisgegeben. In diesem Moment reitet vermutlich ein Konvoi der Wissenssammler zum Orkland, um ihnen den Stein zurückzubringen, während Botschafter zur Mondsee geschickt werden, um Allyster, Brenna und Aji zu jagen und zu fangen.
Ihr habt versagt! Diese Erkenntnis sickert langsam in dein Bewusstsein. Als Arthrax aufwacht, liest er die Sorge sofort in deinem Gesicht und sein eigenes verdüstert sich. Ganz sicher denkt er an Brenna – seine Schwester ist in größter Gefahr. Und es gibt nichts, was ihr tun könnt.
°°°
Gegen Abend kommt ein Dutzend Wachen, um euch abzuführen. Eure Hände werden gefesselt. Auf eure Fragen, wohin man euch bringt, erhaltet ihr keine Antwort. Bis ihr auf einen kleinen Hof geführt werdet, in dessen Mitte ein Galgen steht.
Du musst schlucken und tauschst einen nervösen Blick mit Arthrax. Der Mensch will ausbrechen, als ihr auf das Podest geführt werdet, sechs Wachen halten ihn unerbittlich fest. Knurrend bäumt Arthrax sich auf und wird mit Peitschenhieben nach vorne getrieben. Dir wird kalt – der Mensch ist zuerst dran, danach wirst auch du hingerichtet.
Ein Wissender in eleganten Roben hält einen kurzen Vortrag, in dem er eure Verbrechen aufzählt: Spionage, der Versuch, das Bündnis zu zerschlagen, sowie Mord gehören zu den Hauptanklagepunkten. Du hörst kaum zu. Verzweifelt überlegst du, ob du noch irgendwas tun kannst, dich heldenhaft in das Schwert einer der Wachen stürzen oder mit einem Aufruf die wenigen Zuschauer auf deine Seite bringen … doch dir fällt nichts ein.
Schon wird Arthrax die Schlinge um den Hals gelegt und du musst den Blick abwenden. Trotzdem hörst du das Knarren, mit dem die Falltür unter Arthrax fällt, einen gedämpften Schrei und ein kurzes, organisches Knacken, als sein Genick bricht. Als du nach vorne gestoßen wirst, erhälst du einen Blick auf den schlaffen Körper deines Freundes. Die Augen treten aus den Höhlen, seine Beine zucken, warme Flüssigkeit tropft von einem Fuß und hat auch die Hose eingesaut.
Dir ist schlecht, als Arthrax an dir vorüber getragen wird. Die Menge stöhnt enttäuscht, dass das Spektakel so kurz währte.
Es sind nur wenige Wesen versammelt, allesamt Wissenssammler. Offenbar ist dies eine geheime Hinrichtung, um der Bevölkerung zu verheimlichen, wie gefährlich eure Gruppe war. Um eine Panik zu verhindern.
Du bist entsetzt, dass du deine letzten Momente wirklich mit solchen Überlegungen vergeuden willst. Doch viel anderes fällt dir nicht ein, alle Gedanken an deine noch lebenden Freunde sind von Niedergeschlagenheit gezeichnet. Allyster, Brenna und Aji werden sicher bald gefunden, jetzt, da die Jenseitsvölker wissen, wo und wen sie suchen müssen. Dann wird Kalynor überrannt und damit werden alle anderen Bekannten, die dir geblieben sind, sterben.
Die Schlinge wird um deinen Hals gelegt. Der Boden unter dir schwankt, die Falltür ist nicht sonderlich stabil. Die Angst ist so groß, dass du kotzen könntest. Du kannst kaum atmen und wünscht dir, dass alles endlich vorbei ist. Alles ist besser als diese Anspannung, bevor der Hebel gezogen wird und du fällst.
Alles ist besser …
Der Boden wird weggezogen und die Schlinge zieht sich mit einem Ruck zu. Genau wie Arthrax hast du dich bemüht, deine Halsmuskeln zu entspannen, sodass dein Genick bricht, bevor du elendig ersticken musst.
Du hast Erfolg.
Dies ist kein Canon-Ende, deswegen gibt es hierzu keine Fortsetzung.
Um das richtige Ende zu erreichen, musst du das Geschehen beim Fest der Säuberung ignorieren.
Vielen Dank für's Lesen und viel Spaß beim Weiterspielen!