Zoé hörte den gedämpften Schrei, ehe ein dumpfer Knall ertönte. Oh nein! Das war heute schon der dritte Anfall. Schnell, aber dennoch ruhig lief sie ins Zimmer der Zwillinge. Chad lag krampfend auf den Holzboden, aus seinem Mund lief mit Blut vermischter Speichel. Wahrscheinlich hatte er sich auf die Zunge gebissen. Na toll! Joshua saß mit blassem Gesicht neben seinem Bruder und sah abwechselnd auf ihn und auf seine Armbanduhr.
»Zwei Minuten«, sagte er mit belegter Stimme, als die Krämpfe abrupt aufhörten und Chad keuchend dalag.
Zoé brachte ihn in die stabile Seitenlage. In dem Moment ging unten der Radau los. Lautstark bellend und winselnd hechtete Robin Hood die Treppen hinauf und schaffte es sogar, die Klinke der geschlossenen Zimmertüre hinunter zu drücken.
Winselnd trottete er zu Chad und begann, ihm das Gesicht zu lecken. Zoé ließ den Hund gewähren. Ein Keuchen ließ sie herumfahren und bei dem Anblick ihres Mannes musste sie laut auflachen. John sah aber auch ziemlich mitgenommen aus.
»Wir waren gerade aus dem Wald raus, als er einfach losgelaufen ist. Ich konnte ihn nicht mehr halten, er ist vorgeprescht wie ein Zugpferd!«, erzählte John völlig außer Atem.
»Den Sport hast du heute schon mal hinter dir, Dad«, meinte Joshua frech und beugte sich über seinen Bruder.
»Chad hat sich verletzt. Wahrscheinlich hat er die Zunge erwischt«, meldete er seinen Eltern und fuhr dem Bruder zärtlich über die Stirn.
»Alles ist gut. Wir sind da«, flüsterte er und Chad blinzelte.
»Alle da«, murmelte Chad und seine Atemzüge wurden ganz ruhig. Zoé hob ihn hoch, wobei sie erst Robin Hood beiseite ziehen musste, und legte ihn ins Bett.
»Nicht mal eingenässt. Wenigstens ein Lichtblick.«
Robin Hood sprang auf das Bett und streckte sich lang neben seinen Schützling und Herrn aus, den Kopf auf Chads Brust gelegt.
Zoé wollte ihn schon wieder runter rufen, doch sie wusste, das würde nichts bringen. Außerdem durfte der Hund bei Chad im Bett liegen, wenn dieser einen Anfall gehabt hatte. Sie ging hinaus und kam mit einer kleinen Taschenlampe und einem Stück Küchentuch wieder. Behutsam untersuchte sie Chads Zunge. Er hatte sie nicht sehr schlimm erwischt. Sie würde ein wenig anschwellen und das Reden erschweren, aber in ein paar Tagen wäre alles wieder normal. So normal, wie es eben sein kann, wenn man ein Kind mit Epilepsie hatte.