Endlich war die Schule aus! Joshua wartete auf Chad, der kurz darauf aus dem Klassenzimmer kam. Die beiden Brüder gingen hinaus und sahen ihren Freund Elijah, der sich ihnen anschloss. Sie hatten fast den gleichen Nachhauseweg.
Die Sonne verbarg sich hinter Wolken; der Schnee lag in Haufen neben den freigeräumten Wegen. Herrlicher, pappiger Schnee, ideal zum Schneeballformen. Joshua machte sogleich welche. Die anderen beiden Jungs taten es ihm nach, schließlich gehörte zu den Regeln, dass man sich bewaffnen musste, wenn eine Schlacht bevorstand.
Dann ging es los.
»He, der Wurf war ins Gesicht, der zählt nicht!«
»Josh, pass auf!«
»Vorsicht, hinter dir!«
»Wuuuaaaaahhh, k-k-kaaaaalllt!«
Unter Geschrei und Gelächter jagten sie sich gegenseitig den Weg entlang. Schließlich hatten sie genug. Außer Atem schlenderten sie gemütlich dahin. Da blieb Joshua vor einem Laternenpfahl stehen.
»Was ist?«, wollte Chad wissen. Argwöhnisch sah er seinen Bruder an. Josh hatte diesen Blick, der besagte, dass ihm gerade eine tolle Idee gekommen war. Leider waren diese Ideen meist die Vorboten einer Katastrophe.
»Ich möchte wissen, wie lange es dauert, bis etwas Warmes festfriert.«
»Was?« Verständnislose Blicke von Chad und Elijah trafen ihn.
Joshua winkte ab, streckte die Zunge raus und berührte mit der Zungenspitze den eingefrorenen Laternenpfahl. Brrr, das schmeckte nach Eisen, Kälte und überhaupt ziemlich Bäh! Trotzdem zog er die Zunge nicht zurück. Kalter Wind drang in seine Lungen.
Kann man von innen auch erfrieren, wenn so viel eisige Luft in den Mund kam?, fragte sich Josh.
»Du spinnst doch!«, brummte Elijah kopfschüttelnd. Chad musterte seinen Bruder feixend. Er fühlte die Katastrophe förmlich herannahen.
Tatsächlich: Als Josh genug hatte und die Zunge zurückziehen wollte – klebte sie am Laternenpfahl fest.
»Ähhhh«, machte Joshua hilflos. Er versuchte, den Kopf nach hinten zu nehmen, doch das ließ er sehr schnell sein, denn es tat zu weh.
»Auauauauauaua«, jammerte er.
Vorsichtig bewegte er den Kopf ein klein wenig, ebenso die Zunge. Beides mit höllischen Schmerzen verbunden. Egal, wie sanft er vorging, die Zunge war festgefroren am Laternenpfahl.
»Ssssäääääddd! Illleee!« Josh traten Tränen in die Augen und er weinte los.
Chad konnte das Lachen nicht mehr zurückhalten. Elijah fiel mit ein, doch er merkte schnell, dass Josh weinte und dass das überhaupt nicht lustig war.
»Ich hol euren Dad!«, rief er und spurtete los.
Auch Chad hatte mit dem Lachen aufgehört und ging zu seinem Bruder.
»Ich puste mal, vielleicht schmilzt dann ein wenig Eis«, sagte er und blies warmen Atem auf die arme Zunge, die er zusätzlich noch festhielt und so vorsichtig wie möglich daran zog.
»Aaaaaaaauuuuuuaaaaaa!«, winselte Josh und Chad versetzte ihm einen groben Stoß, woraufhin er aufschrie.
Da ertönte Motorengeräusch und ein Auto hielt neben ihnen.
»Dad!«, jubelte Chad und zu Joshua sagte er: »Alles wird gut.«
John stieg aus dem Wagen, ebenso Elijah, und kam mit einer Thermoskanne, in der sich warmes Wasser befand, zu seinen Söhnen.
»Ich frag wohl besser nicht, wie das passiert ist«, meinte der Vater und strich Joshua mit einer Hand über den Kopf. »Keine Angst, das Wasser ist nicht heiß, sondern nur warm. Davon löst sich die Zunge hoffentlich.«
Vorsichtig träufelte John das warme Wasser auf die Zunge und an der Stelle am Laternenmast, wo sie festgefroren war. Nach kurzer Zeit konnte Joshua die Zunge endlich lösen.
Erleichtert und zutiefst beschämt umarmte er seinen Dad.
»Danke!«, murmelte er verlegen in den Stoff der Winterjacke. »Du bist der beste Dad auf der Welt!«
John schlang einen Arm um ihn und versetzte ihm dann einen sanften Klaps auf den Rücken. »Na kommt, ab nach Hause. Mum wartet mit dem Mittagessen auf uns!«, sagte er.
Als sie alle im Auto saßen und später vor Elijah zuhause hielten, bedankte sich Joshua bei seinem Freund.
»Keine Ursache! Mit euch erlebt man eben immer was!«, kicherte Elijah und winkte ihnen zum Abschied zu.