- Monatschallenge Juni -
Das Meer, das ich schon von weitem durch die hoch stehenden Häuser erblickt hatte, spiegelte die Mittagssonne wie der Regen das Licht brach. Durch das offene Fenster meines Autos drang der salzige Geruch des nahenden Wassers und laute Musik schallte aus dem Radio. Noch einmal drückte ich aufs Gas, bevor ich meine Geschwindigkeit züngeln musste und ein Stau mir die Sicht auf mein Hotel nahm. Doch ich dachte nicht daran mir meine Laune verderben zu lassen.
Mit einem Grinsen auf meinem Gesicht blickte ich auf das Preisausschreiben einer Zeitung auf dem Beifahrersitz. Die Aufgabe war es gewesen, ein Kreuzworträtsel zu lösen und an die Adresse der Zeitung zu schicken. Ja, aus Langeweile hatte ich mitgemacht und tatsächlich hatte ich gewonnen! Zunächst, als ich den Gewinner auf der Internetseite gelesen hatte, hatte ich es noch kaum glauben können. Doch nun war ich hier. Mitten in Anzio, einer Kleinstadt in der Region Latium, umgeben von herrlichem Meer, unzähligen Touristen und Sonnenschirmen. Vier Tage lang inmitten all der Palmen und des guten Essens. Gab es etwas schöneres? Die Hauptstadt Rom lag nicht weit von hier, vielleicht eine Stunde und dreißig Minuten musste ich einplanen. Aber was war das schon im Vergleich zu den 11 Stunden, die ich mit Autofahrt verbracht hatte.
Vier Tage lang Entspannung, Meer und köstliche Speisen. Augenblicklich begann mein Magen zu rumoren, doch noch musste er sich gedulden. Noch musste ich den Stau hinter mich bringen und mein Hotel finden. Und es würde perfekt werden. Das spürte ich förmlich.
Nach einer weiteren Stunde, die ich mit Stau stehen, lautem Singen und mit dem verzweifelten Suchen meines Hotels verbracht hatte, parkte ich endlich meinen Wagen und sprang im wahrsten Sinne des Wortes aus ihm.
Salzige Luft setzte sich auf meinen Lippen fest, die ich zu einem Lächeln verzogen hatte und trotz der vielen Wolken war es angenehm heiß. Na gut, vielleicht nicht ganz so angenehm, aber genauso fühlte sich Urlaub eben an.
Ich hob den Blick, um mein Heim für die folgenden vier Tage zu betrachten und mir stockte der Atem. So sehr ich mir auch Fotos im Internet angesehen hatte, so war die Realität ein ganz anderes Kaliber.
Mehrere Stockwerke türmte sich das Gebäude in altem, aber dennoch hübschen, Gestein auf. Das Hotel war in einem hellen Gelb bestrichen worden, wenngleich die Fensterläden grün schimmerten. Ein weißer Zaun trennte den angrenzenden Parkplatz vom dahinterliegenden Gebäude, doch auf von hier aus hatte man einen perfekten Blick darauf. Palmen ragten genauso hoch in den Himmel und der Wind bewegte sie im Takt zu der Musik, die aus dem Inneren drang. Eine Mischung, von der man gut und gerne glauben konnte, es würde nicht funktionieren, doch auf eine seltsame Art und Weise harmonierten die Farben.
Ich war hellauf begeistert und machte mich mit meinem Koffer auf dem Weg zu Rezeption. Eine Frau mit langen, dunkelbraunen Haaren und einem gelben Sommerkleid, das lustiger Weise perfekt zum Aussehen des Hotels passte, stand hinter einem Tresen und rief mir ein freundliches "Buongiorno" entgegen, als ich mich näherte.
Es gab einige Sprachschwierigkeiten, aber irgendwann schaffte ich es ihr aus einer Mischung aus Deutsch, Englisch und Italienisch mitzuteilen, dass ich das Preisausschreiben gewonnen hatte.
"Ah, il vincitore! Lei riceve la nostra stanza piú grande." Obwohl ich keine Ahnung hatte, was die Frau, die sich inzwischen als Maria vorgestellt hatte, da von sich gab, nickte ich freundlich. Hoffentlich war es in dem Moment angebracht, doch Maria ließ sich nichts anmerken und so hoffte ich das Beste.
Dann gab sie mir einen Schlüssel und zeigte zum nahegelegenen Aufzug. "Prende l'ascensore per il terzo piano." Bevor sie mir jedoch noch weitere Anweisungen geben konnte, war ich schon darin verschwunden. Glücklicherweise fand ich mein Zimmer nur wenig später, auch wenn ich einen Stock umsonst abgeklappert hatte.
Aber heute konnte mir einfach nichts den Tag verderben.
Das Fenster gab einen atemberaubenden Blick auf das Meer frei und obwohl zwischen dem Hotel und dem Wasser noch mehrere Gebäude standen, war es kein Problem, darüber hinwegzusehen. Das Zimmer war ziemlich groß und das Bad war überdimensional, das Bett besonders weich und die Rosen, die man auf einem Tischchen platziert hatte, spendeten einen süßen Duft.
Ich hatte mich bereits genügen über die Umstände Italiens informiert und jetzt war ich froh darüber. Nie und nimmer würde ich irgendetwas auf Italienisch geschrieben verstehen.
Ich warf mich aufs Bett und ging noch einmal meine Pläne der folgenden Tage durch. Heute wollte ich einfach nur entspannen, vielleicht ans Meer gehen. Morgen dagegen würde ich Anzio durchstreifen und vielleicht ein wenig shoppen gehen. Souvenirs gab es sicherlich viele und vielleicht konnte ich ein passendes ergattern. Am dritten Tage würde ich nach Rom fahren, darauf freute ich mich besonders. Geschichte hatte ich und werde ich auch immer lieben. Zum Schluss wollte ich ganz und gar am Meer verbringen oder die Vorzüge des Hotels für mich beanspruchen.
Herrliche Tagen kamen da auf mich zu und ich wollte mich ganz und gar entspannen und meinen Urlaub genießen.