di-mi4:
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CN: Sterbende Pflanzen & Tiere, grausame Musik
Es dauert nur Minuten, dann hat die Schweinerotte die komplette Kleingartenanlage überrannt. Die Gewächshäuser liegen in Trümmern, die Hochbeete sind geräubert und umgeworfen, die sorgsam gestutzten, täglich millimetergenau überprüften Hecken nur noch einzelne, traurige Überbleibsel ihrer einstigen Pracht.
Ruperts Gemüse-Acker am unteren Ende wurde besonders viel räuberischer Aufmerksamkeit zuteil, bevor die Katzen einschreiten und die Schweine hoch zur Parkplatz treiben konnten. Im untersten Garten schaut es ein wenig so aus, wie ich persönlich mir ein frisch gesprengtes Minenfeld vorstelle.
Susi und ich folgen den hungrigen Tieren in einigem Abstand. Oben aus der Szuffstube schallt laute Musik über den Parkplatz. Unter einem geschunkelten "Heeerzilein!" galoppiert die Rotte auf die weit geöffnete Tür der Gaststätte zu.
Ich mache mich auf einige Schreie und Panik gefasst. Schließlich ist ja heute der monatliche stattfindende Senioren-Tanz-Tee mit DJ Danny.
Während sich die Schweine noch alle gleichzeitig versuchen, durch die Hauptpforte zu quetschen, wetzen Susi und ich zum Hintereingang. Glück muss man haben, denn auch dieser steht heute offen. Wir laufen an den WCs vorbei und stehen dann seitlich von der Kegelbahn im großen Saal. Heute sind alle Trennwände zusammengeschoben worden. Ein riesiges Buffet ist an einer Seitenwand aufgebaut. An einigen Bänken am Rand sitzen die Rentner, denen diese Veranstaltung eigentlich gewidmet ist, wie auf einer Strafbank abgeschoben, lutschen zahnlos an hausgemachten Frikadellen und Kartoffelsalat.
Im hinteren Bereich zaubert der DJ an seinem Pult, unser stiller Held dieser Veranstaltung. Auf der diskokugelbeleuchteten Tanzfläche tummelt sich der Rest von Hinter-Vorderhausen. Jedenfalls, die lokale Créme de la créme unseres Dorfes.
Rupert schunkelt mit der irren Katzenlady, Oma Rappel hat den Metzger fest im Arm, Tierarzt Dr. Tauber flirtet tanzend mit den Händen an Berta, Bauer Brunos korpulenter Frau. Auch Mandy hat sich heute frei genommen und dreht sich wie eine Discoqueen wild kreisend in der Mitte. All dies Grauen versammelt unter flackernder Beleuchtung und mit leichtem Bodennebel. Erschreckend!
Hinter der Theke hilft Luna heute Stani beim Kellnern, seine Frau Petra sitzt betrunken in einer Ecke und kuschelt mit einer Plastikpalme.
Aus den Lautsprechern schmachtet Nicole gerade: "Wenn die Blumen weinen könnten, Weinen so wie ich...".
Oh ja Leute, ihr werden weinen, wenn ihr gleich die Gärten seht.
In diesem Moment haben die Schweine ihr Vorfahrtsproblem am Eingang gelöst. Unter lautem Grunzen und Quicken stürmen die verstörten Tiere an der Theke vorbei in den Tanzsaal. Zielsicher erobern sie das kalte Buffet. Die Bewohner springen auseinander, so wie Hasen beim Schuss des Jägers. Nur die dicke Berta versucht ihre Tiere mit wedelnden Händen und Rufen wieder ins Freie zu scheuchen. Sie wird aber kurzerhand von ihnen umgerannt.
Susi und ich halten uns an der Wand im Schatten. Dieses Spektakel lassen wir uns natürlich nicht entgehen.
Der DJ grinst nun breit und legt eine neue Platte auf, Nightfall, von Kim Waters. Immerhin er sieht das Ganze noch mit Humor.
Die Tische mit dem Essen sind unter dem Ansturm der Tiere zusammengebrochen. Schmatzend und kauend stehen die Schweine zwischen leeren Essensplatten, geräuberten Brotkörben, zerbrochenen Tellern, Bowlepfützen und Glassplittern. Das Chaos und die Unordnung sind unglaublich. Der Wirt Stani versucht gerade vergeblich, die Schweine mit einem Besen zu vertreiben.
Allerdings scheint es einigen Tieren nicht allzu gut zu gehen. Immer mehr Schweine setzen sich verwirrt hin oder fallen gleich um. Sie schäumen aus dem Maul und verlieren Kot. Wild zuckend liegen bereits einige inmitten des ganzen Durcheinanders sterbend auf der Tanzfläche.