„Guten Morgen, Prinzessin!“, trällerte eine warme Stimme. Ich öffnete vorsichtig die Augen, bereute es jedoch sofort und wollte mir meine Bettdecke über den Kopf ziehen, doch Rosie hielt mich auf. Widerstrebend setzte ich mich auf. „Na, hast du gut geschlafen, Liebes?“, säuselte Rosie weiter und schien meine genervte Mine zu ignorieren. „Naja, ich hatte viel zum Nachdenken, da ich noch immer mehr Fragen wie Antworten habe“, grummelte ich und gähnte. „Ach, Saskia, du solltest den Morgen viel lieber mit einem Lächeln beginnen, denn dann lässt sich den Rest des Tages viel leichter bewältigen“, sagte sie mit einem breiten Lächeln. Rosie’s gute Laune war sehr ansteckend! Langsam formte sich mein Mund ebenfalls zu einem Lächeln. „Na siehst du? Schon sieht die Welt etwas besser aus, habe ich recht?“, fragte sie und ihre Augen strahlten. Rosie war die erste Elfe, die ich so richtig ins Herz geschlossen hatte. Sie war von Anfang an nett zu mir gewesen. „Nun, lass mich mal sehen, was ich dir mitgebracht habe“, murmelte sie und wuselte zur Türe Hinaus. Kurz darauf kam sie wieder mit einer Handvoll Klamotten zurück. „Ach, das sind alles so schöne Kleider“, schwärmte sie verzückt und hielt etwas weißes hoch. „Soll ich das anprobieren?“, fragte ich und deutete auf das weiße etwas in Rosies Händen. „Warte kurz, Schätzchen. Ich suche nur noch das Oberteil dazu“, murmelte Rosie und war schon wieder draußen. Plötzlich steckte Elio den Kopf in mein Zimmer. Was fiel dem ein? Ich hatte wahrscheinlich ein halbes Vogelnest auf dem Kopf und dieses Nachtkleid war auch nicht sehr schön. „Was hat Rosie denn?“, fragte er verwundert, traute sich aber anscheinend nicht, sich über mich lustig zu machen. Immerhin etwas. „Ich habe keine Ahnung. Sie sucht glaube ich meine Klamotten zusammen“, murmelte ich Schultern zuckend. „Was, ernsthaft? Dann habe ich die Kiste mit den vielen Kleidern umsonst hier herauf getragen. Ich dachte sie müsste dich zu einem besonderen Anlass einkleiden“, sagte er grinsend. „Nein, also zumindest weiß nichts davon“, murmelte ich. Elio schien sich plötzlich sehr zu amüsieren. „Was ist?“, fragte ich barsch. „Ach nichts. Ich hätte nur nicht erwartet, dass sie dir das zum Schlafen gegeben hat.“ Ich hatte es doch gewusst! Irgend etwas würde er immer finden, um mich zu nerven. „Na immerhin hat sie dir etwas zum Schlafen gegeben“, sagte er und duckte sich gerade rechtzeitig, um dem Kissen, dass ich ihm an den Kopf werfen wollte, auszuweichen. „Na was ist denn hier los?“, hörte ich Rosie von draußen sagen, „Elio! Du ungezogener Junge! Geh sofort aus dem Zimmer der Prinzessin heraus!“ Elio suchte lachend das weite. Rosi betrat mit einem Stapel Klamotten den Raum. „Na dann hüpf mal aus deinem Bett heraus, Liebes. Ich habe hier ein paar hübsche Sachen für dich“, meinte Rosalie und ein paar Minuten später lief ich wieder einmal hinter Elio her, der mich zum Frühstück brachte. Rosie hatte mir einen weißen Rock gegeben, der nicht wirklich länger als der vom Vortag war. Dazu hatte sie mir ein hellrosa Oberteil mit sehr viel Rüschen gegeben, das aber auch nicht mehr bedeckte, als es musste. Es reichte noch nicht einmal bis zum Bauchnabel hinunter. Meine Haare hatte Rosalie gleich wie gestern gemacht. „Und Prinzessin, wie hast du geschlafen?“, fragte Elio. Was wollte er den schon wieder? „Deiner Frisur zu Urteilen hattest du eine wilde Nacht. Hattest du etwa heimliche Liebschaften hier?“ Der sollte den Mund halten. War nicht er derjenige, der die ganze Zeit mit hübschen Elfen herumhängte? „Dann hättest du deinen Job aber schlecht gemacht“, entgegnete ich schnippisch, „ist es nicht deine Aufgabe dafür zu sorgen, dass niemand zu mir gelangt?“ Elio grinste: „Du kombinierst wirklich gut. Aber ob du`s glaubst oder nicht, auch ich brauche Schlaf. Ich habe von Sonnenuntergang bis in die frühen Morgenstunden keine Schicht. Da wirst du von anderen Elfenwachen beschütz. Natürlich sind die nicht so gut wie ich, aber du musst deswegen wirklich keine Angst haben. Und hier wären wir auch schon.“ Elie öffnete schwungvoll die große Türe und machte eine Geste, die bedeutete, dass ich eintreten sollte. Ich nahm das Kinn etwas hoch und betrat den Raum. Es war wieder derselbe Raum, in dem ich gestern Abend schon gegessen hatte. Ich setzte mich wieder an denselben Platz. Mir hallten noch immer die Worte von Elio im Kopf. Er hatte nicht immer Schicht. Plötzlich formte sich ein Plan in meinem Kopf. Vielleicht konnte ich während des Schichtenwechsel entkommen. Wenn ich mich wegschlich und dann losrannte. Ich war nun wirklich nicht langsam. Schließlich hatte ich Elio beinahe eingeholt und… „Saskia?“ Was? Wer? Ach ja, Falk. „Ja, was ist?“ „Ich habe mit dir gesprochen“, sagte er und ein Vorwurfsvoller Unterton schwang in seiner Stimme mit. Meine Güte. Ich war gerade erst aufgestanden. Da bin ich nun mal manchmal etwas unaufmerksam. „Tut mir leid, ich bin noch ein bisschen müde“, sagte ich nur und blickte auf meinen Teller. Ach herrje. Was war denn das schon wieder für zeug? Naja. Während ich mir vorsichtig ein bisschen von dem gelben schleim in den Mund schob fing Falk an zu sprechen: „Nach dem Frühstück hast du als aller erstens Tanzunterricht. Dann Bogenschießen und Klettern. Danach hast du Freizeit bis zum Mittagessen. Aber vor dem Mittagessen solltest du noch zu Rosie gehen. Sie soll dir schöne Kleidung geben, da wir heute in Gesellschaft der Zwillingsköniginnen Abies und Alba Mittagessen werden. Sie sind hier um dich kennen zu lernen und um mit mir noch einiges zu besprechen. Nach dem Mittagessen hast du noch eine Stunde Kräuter, Baum und Blumenkunde. Danach hast du bis zum Abendessen Freizeit.“ Naja, es klang auf alle Fälle besser als der Unterricht den ich zu Hause habe. „Darf ich mich während meiner Freizeit auch ein bisschen im Schloss umsehen?“, fragte ich und hoffte, dass Falk nichts dagegen hatte. Weil wenn ja, könnte ich mir den Weg zum Ausgang einprägen. Das würde sicher hilfreich werden, wenn ich meinen Fluchtplan in die Tat umsetzen wollte. Falk nickte nur und schob sich einen vollen Löffel des gelben Schleims in den Mund. Irgendwoher kannte ich den süßlichen Geschmack von diesem gelben Schleim. Es schmeckte gleich, wie das, was Mum immer in meinen Tee hinein getan hat, wenn ich krank war. „Ist das Honig Gele?“, fragte ich Falk. „Hat dir das deine Mutter auch immer gegeben?“, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen. „Sie hat es mir immer in meinen Tee getan, wenn ich krank war“, meinte ich nur Schultern zuckend. Da war er wieder. Der verletzliche Ausdruck in Falks Gesicht sobald ich von Mum sprach. Aber Mitleid habe ich definitiv nicht mit ihm. Er war es schließlich, der Mum weggeschickt hatte. Ich aß noch den Rest des gelben Schleims auf. Kurze Zeit später trottete ich wieder einmal hinter Elio her. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass das noch öfter so sein würde. „Ganz ehrlich, ich freu mich schon darauf, dich tanzen zu sehen. Es wird sicher sehr lustig“, sagte Elio schelmisch. Der sollte einfach einmal seinen Mund halten. Und wehe er würde lachen! Dann könnte er sich auf etwas gefast machen! „Na, du wirst es ja sicher eh wieder einmal besser als ich können, habe ich recht? Aber was sollte ich auch von so einem Angeber erwarten?“, meinte ich nur und verdrehte genervt die Augen. „Uh, da ist wohl jemand mit dem falschen Fuß aufgestanden, was?“, gluckste Elio und grinste schief. „Nein, mir hat nur jemand am Morgen schon, die gute Laune verdorben. Und dieser jemand war bestimmt nicht Rosi“, giftete ich ihn an. Das brachte jedoch gar nichts. Elio grinste nur noch breiter. Dieser Kerl macht mich noch verrückt! Angeber und Nervensäge gleichzeitig war definitiv keine gute Kombination! „Da wären wir auch schon schlecht gelaunte Prinzessin“, ich sah ihn böse an. Doch Elio lachte nur lauthals los. „Jetzt krieg dich doch wieder ein! Sonst macht Frau Blütenkopf gleich noch gesichts- Entspannungsübungen mit dir. Oder noch besser: Lächeltrainig“, Elio gluckste vergnügt. Ich stöhnte nur genervt. „Du weißt hoffentlich, was für ein Kotzbrocken du bist“, sagte ich zu ihm. „Danke, ich sehe das jetzt einmal als Kompliment.“ Ja, was auch sonst? „So, und jetzt solltest du wirklich zu Frau Blütenkopf hinein gehen. Zu deinem Schutz muss ich leider auch mit hinein kommen“, meinte Elio und öffnete eine große Türe. Hinter der Türe offenbarte sich ein riesiger Ballsaal. Der Boden schien aus Diamanten gemacht zu sein und die Wände erstrahlten in hellem Weiß. „Wow!“, entfuhr es mir. Ich hatte noch nie einen so schönen Ballsaal gesehen! Der Thronsaal war ja schon umwerfend gewesen aber dieser Raum war noch einmal etwas ganz anderes. Ich konnte förmlich vor mir sehen, wie lauter Elfen hier ein Fest feierten. Alle in die wunderschönsten Kleider gekleidet. Und… „Guten Tag Prinzessin“, riss mich eine freundliche Stimme aus meinen Gedanken. Ich fuhr herum hinter mir stand eine ältere schlanke Elfe. Sie hatte ihr Haar zu einem Knoten gebunden und trug eine Halbmond Brille. Der Brillenrahmen war aus Ästen gemacht worden. „Hallo“, stammelte ich etwas überrumpelt. „Ich hoffe dein Zimmer gefällt dir. Ich war mir erst nicht ganz sicher, ob du diese Farben magst, aber“ „Nein, es ist wundervoll! Ich hatte noch nie so ein schönes Zimmer! Vielen Dank!“, sagte ich lächelnd. Ich sah Frau Blütenkopf an, dass sie sich sehr über das Kompliment freute. „Das freut mich sehr. Aber wir sollten uns nun auf den Tanzunterricht konzentrieren. Dann komm einmal zu mir herüber“, meinte sie nur und ging in die Mitte des großen Saales. Ich tat wie mir geheißen. Frau Blütenkopf zeigte mir einige Tanzschritte. Doch egal was ich machte, ich bekam es einfach nicht richtig hin. Auch als Frau Blütenkopf die Musik einschaltete. Alles was ich machte sah komisch aus. Elio grinste auch sehr breit. „Nein, nein, nein, Saskia. Der rechte Arm muss oben hin und der linke Arm gehört ausgestreckt. Liebes, du musst dich linksherum drehen und nicht rechtsherum. Und Saskia, anmutig! Kinn nach oben“, wies mich Frau Blütenkopf an. Elio lachte. Das machte mir noch schlechtere Laune. Ich sah ihn böse an. Frau Blütenkopf folgte meinem Blick. „Elio, du ungezogener Bengel! Hör sofort auf, über unsere Prinzessin zu lachen“, sagte Frau Blütenkopf streng. „Ich verstehe nur nicht, was Saskia so schwierig am Tanzen findet“, sagte Elio und kam grinsend auf mich zu. Was hatte dieser Dummkopf denn jetzt schon wieder vor, „Als Tochter von unserem König sollte sie eigentlich sehr gut tanzen können.“ Ich verdrehte nur die Augen. Elio blieb vor mir stehen. Er nahm meine rechte Hand und legte sie auf seine Schulter. Was sollte das werden? Dann nahm er meine linke Hand und legte seine. Seine andere Hand an meine Hüfte „Na dann wollen wir doch mal sehen, ob nicht doch ein Tanztalent in unserer Prinzessin schlummert“, murmelte er mit seinem schiefen Grinsen, „Frau Blütenkopf, könnten sie bitte die Musik anmachen?“ Frau Blütenkopf tat ihm diesen Gefallen. Elio grinste und machte die ersten Schritte. „Genau, Saskia! Nur noch etwas anmutiger… ja, perfekt!“, sagte Frau Blütenkopf erfreut. Da schlich sich ein Lächeln auf mein Gesicht. Als Elio das bemerkte grinste er noch breiter. „Ich wusste doch, dass ich dein Tanztalent irgendwie heraus kitzeln kann“, meinte er nur selbstgefällig. Dieses Mal widersprach ich ihm nicht. Ich staunte nur über mich selbst. Das Tanzen fühlte sich plötzlich so einfach an. „Saskia, ich dachte du kannst nicht tanzen“, vernahm ich plötzlich Falks stimme vom anderen Ende des Ballsaales. Elio hielt abrupt inne und trat einen Schritt von mir zurück. Was hatte er denn? „Naja, ich habe es nie gelernt, aber plötzlich konnte ich es“, murmelte ich nur. „Ja, Saskia ist ein wahres Tanztalent. An den Feinheiten können wir noch arbeiten, aber für den ersten Tanz war es mehr als gut“, schwärmte Frau Blütenkopf. Ich grinste in mich hinein. Da sollte noch einmal einer sagen, dass ich nichts könnte. Ich würde es diesen Elfen noch Zeigen!