„Guten Morgen, Prinzessin“, hörte ich Rosie trällern. Ich grinste. Sie hatte wirklich immer gute Laune.
„Schön, dass du dir meinen Rat zu Herzen genommen hast und den Tag mit einem Lächeln startest“, sagte sie überglücklich. Ich setzte mich auf.
„Guten Morgen, Prinzessin“, sagte Elio und streckte den Kopf zur Tür herein.
„Elio, du schlimmer Elf. Du hast hier nichts verloren. Mach dass du raus kommst", sagte Rosie und kam mit erhobenem Zeigefinger auf Elio zu. Lachend verschwand er wieder.
„So ein schlimmer Elf“, murmelte Rosie, während sie wieder zu mir zurückkam.
„Na, dann mal raus aus den Federn,“ sagte sie. Ich stand auf und Rosie reichte mir etwas zum Anziehen. Heute hatte sie mir ein sanft violettes Oberteil hergerichtet und einen rosafarbenen Rock dazu. Ich hätte nicht erwartet, dass diese Kombination so gut aussah. Rosie hatte wirklich ein gutes Auge, was Farbkombinationen anging. Dann machte sie mir noch eine Frisur, die einfach fabelhaft aussah.
„Seid ihr endlich fertig?“, fragte Elio durch die Türe.
„So eine wunderschöne Elfe braucht ihre Zeit, um sich fertig zu machen“, antwortet Rosie ihm genervt. Ich kicherte. Das war wieder einmal typisch Elio. Er konnte einfach nicht warten.
„Und fertig. Du siehst einfach wundervoll aus, Saskia!", meinte Rosie verzückt.
„Danke, aber das liegt an dir. Du bist eben die beste Schneiderin, die ich kenne, sagte ich grinsend.
„Danke, Liebes. Aber nun ab mit dir. Du darfst das Frühstück schließlich nicht verpassen!", sagte Rosie und schob mich Richtung Türe.
„Danke, bis später!“, sagte ich und öffnete die Tür.
„Ab zum Speisesaal!“, rief ich ausgelassen.
„Wie Sie wünschen, Prinzessin", meinte Elio mit einem Zwinkern und rannte los. Ich lachte, rannte ihm dann aber sofort nach. Gleich darauf hatten wir den Speisesaal erreicht. Elio öffnet die große Türe und ich trat ein. Überrascht sah ich, dass Dad auch hier war. Ich lächelte ihn an. Ich wollte schon zu meinem Platz gehen, aber dort stand kein Teller. Verwundert sah ich zu Falk.
„Ich dachte, wir können uns besser unterhalten, wenn du neben mir sitzt und nicht mehr am anderen Ende der Tafel", meinte Dad nur und trank einen Schluck von einer grünen Substanz, was vermutlich so etwas wie Tee war. Erfreut setzte ich mich neben Dad.
„Wie geht es dir?“, fragte ich und schielte auf seinen verbundenen Arm.
„Das wird wieder. Altheas Elixiere sind zwar extrem scheußlich, aber sie wirken Wunder", meinte er mit einem Zwinkern. Ich kicherte. So hatte ich Dad noch nie erlebt. Er lächelte schon die ganze Zeit über und schien alle mit seiner guten Laune anzustecken. Dann blickte ich auf meinen Teller, um zu sehen, was es zu essen gab. Zu meiner Überraschung gab es heute einmal nichts Undefinierbares oder ekelhaft Aussehendes. Im Gegenteil! Es gab etwas, das wie Haferbrei mit Früchten aussah. Ich probierte und es schmeckte köstlich.
„Heute fällt dein Unterricht übrigens aus. Wir werden uns nämlich nach dem Mittagessen zur magischen Lichtung im Wald aufmachen", sagte Dad.
„Ehrlich?“, fragte ich erfreut. Dad nickte.
„Und bis dorthin, habe ich leider strikte Bettruhe von Althea aufgebrummt bekommen“, brummte er und schob sich einen Löffel Haferbrei in den Mund.
„Ich komme dich naher Mal besuchen. Dann ist dir nicht ganz so langweilig", meinte ich grinsend. Da lachte Dad wieder.
„Gerne. Aber tu dir keinen Zwang an", sagte Dad. Langsam erinnerte mich Dad immer mehr an den Elfenprinzen, von dem mir Mom früher immer Geschichten erzählt hatte.
„Weißt du, Mom hat mir in gewisser Weise immer von dir erzählt", sagte ich zu Falk. Der gefror mitten in der Bewegung und sah mich an.
„Wie meinst du das?“, wollte er dann wissen.
„Naja, Mom hat mir, als ich klein war, immer von einem Elfenpalast in einem Wald erzählt. In diesem Elfenpalast wohnte ein sehr gutaussehender Elfenprinz. Sie hat mir dann immer Geschichten von diesem Elfenprinzen erzählt. Seine Beschreibung trifft auch genau auf dich zu. Und dann haben wir gemeinsam Elfen gespielt. Mom war die Elfenkönigin, ich die Elfenprinzessin und dann gab es immer noch den Elfenkönig. Mom hat ihn mir dann immer beschrieben, wie er ausgesehen hat, und er sah immer genau wie du aus", erzählte ich. In den Augenwinkeln von Dad glitzerte es wieder verräterisch.
„Also warst du irgendwie schon immer ein Teil meines Lebens“, murmelte ich. Dad schniefte. Ich legte meine Hand auf seine verbundene Hand. Dad lächelte mich an.
„Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie froh ich bin, dass du hier bist, Saskia. Sechzehn Jahre lang hatte ich jeden Tag schlechte Laune und habe immer nur das Schlechte in der Welt gesehen. Du hast mich endlich wachgerüttelt. Ich hätte mich schon viel früher auf die Suche nach May machen sollen. Aber nun wird alles gut! Das verspreche ich dir", sagte Falk. Ich freute mich schon sehr auf heute Nachmittag!
„Ich würde aber trotzdem immer noch gerne wissen, wie du es geschafft hast, dass Mom heute Nachmittag zur magischen Lichtung kommt!“, fragte ich neugierig. Dad grinste nur geheimnisvoll.
„Das bleibt mein kleines Geheimnis.“ Obwohl ich noch lange nachgefragt hatte, verriet mir Dad das Geheimnis nicht. Nach dem Frühstück gingen Elio und ich noch ein bisschen in den Hofgarten.
„Wer kümmert sich eigentlich um den Hofgarten?“, fragte ich und schnupperte an einer wunderschönen Blume.
„Einige Elfen. Sie säubern den Garten und machen die Arbeiten, die so anfallen", sagte Elio. Wir schlenderten ein wenig die Wege entlang. Dann erspähte ich wieder den wunderschönen Pavillon. Ich lief hinüber, um ihn mir genauer ansehen zu können. Elio folgte mir. Ich blieb vor dem Pavillon stehen. Er war wunderschön. Um die Säulen rankten sich wunderschöne Rosen und auch rund um den Pavillon blühten wunderschöne Blumen. Außerdem flogen überall Glühwürmchen.
„Es ist einfach wunderschön!“, hauchte ich.
„Ja“, murmelte Elio. Gemeinsam betraten wir den Pavillon.
„Um diesen Pavillon gibt es sehr viele Geschichten! Außerdem existiert der Aberglaube, dass wenn man hier drinnen seinen Partner küsst, dass man dann für immer mit ihm zusammen bleibt und die Liebe nie schwindet. Kitschig, nicht?", meinte Elio. Er stand ziemlich nah hinter mir.
„Ja, sehr kitschig“, hauchte ich. Mein Herzschlag hatte sich plötzlich beschleunigt und in meinem Bauch kribbelte es, als ob lauter Schmetterlinge herumflogen. Was war denn plötzlich mit mir los?
„Anscheinend soll der Pavillon auch die Gefühle verstärken“, wisperte Elio andächtig. Ich schloss die Augen. Man hörte das Rauschen der Blätter im Wind, das Zirpen von Grillen und das Summen von Bienen. Ich spürte außerdem, wie Elio noch ein bisschen näher zu mir kam. Vorsichtig lehnte ich mich an ihn. Ich spürte seinen Herzschlag. Auch sein Herz schlug schneller. Wir standen einfach so da. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an.
„Ich denke, wir sollten zurück ins Schloss gehen", murmelte Elio dann. Ich drehte mich zu ihm um. Am liebsten wäre ich noch länger einfach so da gestanden. Aber Elio hatte recht. Wir mussten langsam zurück zum Schloss. Gemeinsam verließen wir den Pavillon.