Author's Note:
Triggerwarnung: PTBS
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Kapitel 3:
Tagträume und Albträume
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Unser Zelt steht. Die Schlafsäcke sind bereits ausgebreitet und unsere Sachen sicher verstaut. Bei der Suche nach einem geeigneten Platz zum Übernachten haben wir direkt am See einen Picknickplatz gefunden. Dass wir einen Grill verwenden können, um unseren noch nicht gefangenen Fisch zuzubereiten, anstatt sie aufzuspießen, stimmt Killian sehr zufrieden. Wir haben außerdem die Möglichkeit, uns im Schatten an richtige Tische zu setzen. Zwischen zwei Bäumen spanne ich ein Seil, auf das wir unsere Wäsche hängen werden. Der Tag neigt sich langsam dem Ende zu.
„Hey“, spricht Killian mich an. Ich drehe mich sofort in seine Richtung, dabei ziehe ich das Seil noch fester. Ich möchte sichergehen, dass unsere gewaschene Wäsche nicht gleich wieder im Staub landet, wenn ich sie später zum Trocknen aufhänge.
„Was ist denn?“, frage ich nach.
„Genug gearbeitet. Komm, wir gehen schwimmen.“
Freudig sehe ich Killian an. „Aber du drückst dich nicht in letzter Sekunde, ja?“
Er schnaubt. „Nein, werde ich nicht. Es ist heiß, ich kann die Abkühlung gut gebrauchen“, sichert er mir zu. Ich springe Killian in den Arm und drücke ihm einen Kuss auf die Wange. Er hält mich fest und grinst breit. Eine seiner Hände drückt sanft meinen Hintern. Nachdem ich Killian einen Kuss auf die Lippen gegeben habe, lässt er mich wieder zu Boden sinken. „Wenn wir wieder aus dem Wasser kommen, kümmern wir uns um unsere Klamotten“, meint Killian. Er nickt Richtung Zelt und ich folge seinem Blick.
„Gute Idee“, stimme ich ihm zu. „Wenn wir das erledigt haben, können wir uns ohne schlechtem Gewissen entspannen.“
Die Tüte mit unserer schmutzigen Kleidung steht bereits neben dem Zelt und wartet darauf, endlich ausgepackt zu werden. Ich klettere in das Zelt und ziehe die Handtücher aus meinem Rucksack. Mein Blick fällt auf Killians Gitarrentasche. Er hat seit Wochen nicht mehr gespielt. Vielleicht wäre heute eine gute Gelegenheit dafür. Mein Plan für heute Nacht besteht jedenfalls darin, ein paar S’Mores auf dem Lagerfeuer zu machen. Dafür habe ich extra viel Schokolade aus einem Laden mitgenommen, an dem wir heute vorbeigekommen sind. Musikalische Untermalung würde uns wieder ein wenig Normalität zurückbringen. In Killians Wohnung haben wir ständig Musik gehört und wenn keine Musik lief, dann hat der Fernseher für Hintergrundgeräusche gesorgt. Ich habe mich erstaunlich schnell an die künstliche Geräuschkulisse gewöhnt. Mittlerweile fehlt sie mir, vor allem wenn wir miteinander kuscheln.
„Kommst du?“, fragt Killian mich, dabei blickt er zu mir ins Zelt.
„Ja. Tut mir leid, ich habe zu viele Sachen.“ Ich hebe die Handtücher an, um sie ihm zu zeigen. „Aber ich habe sie gefunden.“
Ich klettere aus dem Zelt und wir spazieren hinüber zum Wasser. Killian greift nach meiner Hand. Schon bei dem Gedanken daran, wie umständlich es ist, die Kleidung ohne Waschbrett und Wanne am See sauber zu bekommen, lässt mich die Waschmaschinen und Trockner der Menschenwelt vermissen. Die Technologie der Menschen hatte viele Vorteile. Es ist schwer darauf zu verzichten und dabei hatte ich nur wenige Monate die Gelegenheit, diesen Luxus zu genießen. Für Killian muss das noch schwieriger sein, immerhin hat er sein ganzes Leben in dem modernen Luxus der Menschenwelt verbracht.
Erst ziehe ich meine Stiefel aus, dann öffne ich den Knoten an meinem Kleid. Ich spüre das trockene Gras an meinen Füßen. Kleidungsstück für Kleidungsstück fällt neben mir zu Boden, bis ich vollkommen nackt am Ufer des Sees stehe. Da ich es nicht abwarten kann, endlich ins Wasser zu steigen, laufe ich voraus und springe hinein. Als ich eintauche, breiten sich die Schuppen an meiner Haut aus. Meine Beine schließen sich zusammen und verwandeln sich zurück in eine Flosse. Ich tauche wieder auf und streiche mir die Haare aus dem Gesicht. Meinen Blick richte ich wieder auf das Ufer. Killian zieht sich ebenfalls aus. Bei ihm dauert es leider ein wenig länger. Ich nehme mir einen Moment, um ihn zu beobachten, dann tauche ich erneut unter Wasser. Die Gewässer der Menschenwelt sind leider viel trüber, als die in meiner Welt. Meine Sicht ist längst nicht so weit, wie in klarem Wasser, doch es ist mehr als ausreichend, um mich zu orientieren. Ich schwimme ein Stückchen und tauche dann wieder an die Oberfläche. Ein kurzer Blick ans Ufer genügt, um zu sehen, dass Killian noch immer nicht im Wasser ist.
„Komm rein, das Wasser ist herrlich!“, rufe ich ihm fröhlich zu und winke dabei mit einem Arm. Killian hüpft auf einem Bein herum. Er zieht sich gerade die zweite Socke aus. Es sieht so aus, als würde er seine Shorts anbehalten. Der erste Schritt ins Wasser wirkt noch recht vorsichtig, doch dann tritt er bis zu den Knien hinein. Neugierig mustere ich ihn, dann frage ich: „Ziehst du dich nicht ganz aus?“
„Nein, ich will nicht, dass ein Fisch in meine Eier beißt.“
„Wieso sollte ein Fisch das tun wollen?“
„Das weiß ich nicht, aber ich will es nicht riskieren. Vielleicht ist ja noch irgendetwas Gefährliches aus deiner Welt in dem See gelandet“, antwortet er mir. Mit dieser Antwort gebe ich mich zufrieden, da ich mich schon zu sehr auf seine Gesellschaft freue, um weiter darüber nachzudenken welche Kleidung er trägt und welche er nicht trägt. Schritt für Schritt tritt Killian weiter ins Wasser. Er kühlt sich vorsichtig ab, wahrscheinlich, um sich an den Temperaturunterschied zu gewöhnen.
„Du brauchst ja ganz schön lange“, gebe ich ungeduldig von mir, während ich mich dem Ufer noch weiter nähere. „Ich dachte, du wolltest dich unbedingt abkühlen.“ Ich lege mich neben ihn in das seichte Wasser.
Er betrachtet mich, dann geht er noch weitere Schritte. „Ich bin schon dabei, mach mir keinen Stress.“ Ich verfolge ihn, bis ihm das Wasser bis zur Hüfte steht. Aufgeregt umrunde ich ihn und schlängle mich um seinen Körper. „Bereitest du dich schon darauf vor, mich unter Wasser zu ziehen und mich zu ertränken?“, scherzt er, worauf er mich angrinst.
„Immer diese Vorurteile der ungehobelten Landbewohner“, antworte ich frech und tauche unter. Ich sorge dafür, dass meine Flosse ihn nassspritzt. Killians gedämpfter Schrei bringt mich unter Wasser zum Kichern. Als ich mich umdrehe, kann ich Killian auch schon erkennen. Er ist nun ebenfalls unter Wasser.
„Und? Gar nicht so übel, oder?“, frage ich ihn.
Ich ernte einen verdutzten Blick. Killian antwortet mir, doch ich verstehe ihn nicht. Er gibt nur Luftblasen und dumpfe Geräusche von sich. Da mein Liebster auftaucht, tue ich es ihm gleich.
„Du kannst unter Wasser sprechen“, stellt er überrascht fest, dann reibt er sich die Augen.
Irritiert sehe ich ihn an, dann antworte ich: „Natürlich kann ich das. Wie sollte ich mich sonst mit meiner Familie und meinen Freunden unterhalten?“
Nun blinzelt er. „Ich dachte, dass ihr euch in eurer Muttersprache unterhält. Dass du auch andere Sprachen unter Wasser sprechen kannst, wäre mir nie in den Sinn gekommen.“ Nun lacht Killian. Er reibt sich mit einer Hand das Gesicht. „Jetzt fühle ich mich wie der größte Trottel auf Erden.“
Ich kichere. „Vielleicht bist du das ja auch. Wir sind in letzter Zeit nicht besonders vielen Menschen begegnet.“
Killian schnaubt. „Hoffentlich hältst du es noch lange mit mir aus“, antwortet er mir, während er sich mir nähert. Mein Liebster lässt sich ins Wasser sinken. Wir sind wieder auf Augenhöhe.
„Mach dir darüber keine Sorgen. Selbst wenn ich eine große Auswahl hätte, würde ich es mir nicht anders überlegen.“
„Das klingt wirklich sehr romantisch, Ilaria.“ Er lacht.
Killian bekommt einen Kuss von mir, dann umrunde ich ihn ein weiteres Mal. Mit einer Hand streiche ich über seinen Körper. Die Freude in mir breitet sich aus wie ein Strohfeuer. Ich fühle mich warm und zufrieden. Endlich schwimmen wir zusammen. Die lange Wartezeit hat sich gelohnt. Zu gerne würde ich mit ihm unter Wasser den See erkunden, doch ich fürchte, dass sein menschliches Wesen dafür nicht ausgerichtet ist.
„Ich bekomme gleich einen Drehwurm“, meint Killian amüsiert, dann hält er mich an der Hand fest und zieht mich zu sich. „Ist es so, wie du es dir vorgestellt hast?“
„Fast“, antworte ich ihm. „Das Meer wäre mir lieber. Am liebsten wäre mir der Flüsternde Ozean. Dann könnten wir zusammen im Sand liegen. Die warme Sonne über uns, das sanfte Rauschen der Wellen um uns herum. Wir würden uns küssen und es wäre der schönste Tag in unserem Leben. Wir müssten uns um nichts mehr Sorgen machen. Und vielleicht hätten die Magier ja sogar einen Zauber, der es dir erlaubt, unter Wasser zu atmen. Dann könnte ich dir die Flüsternde Stadt zeigen.“ Ich zucke mit den Schultern. „Aber das hier ist auch sehr schön.“
Killian streicht mir die nassen Haare aus dem Gesicht. Er zieht einen Mundwinkel hoch, ehe er mich in einen tiefen Kuss verwickelt. Ich lege meine Arme um seinen Hals und schließe genüsslich meine Augen. Mit meiner Flosse streiche ich über sein Bein. Vielleicht brauche ich diese Fantasie auch gar nicht. Killian ist hier und das ist alles, was zählt. Als wir uns voneinander lösen, sehen wir uns in die Augen. Der Schleier Traurigkeit, der Killians Blick seit Wochen überschattet, wirkt wie weggeblasen. Ihn so zufrieden zu sehen, bringt mich zum Lächeln.
„Wenn du möchtest, können wir uns in den nächsten Tagen auf dem Weg ans Meer machen.“
„Willst du wieder zurück in die Richtung, aus der wir gekommen sind?“, frage ich nach. „Was ist mit Sacramento?“
Killian meidet meinen Blick. Er sieht an mir vorbei auf den See. „Ich glaube nicht mehr daran, dass wir Hilfe finden. Ich würde gerne daran glauben, aber ich denke, dass wir auf uns selbst gestellt sind. Mich weiter an diesen Plan zu klammern, ist keine gute Idee. Es zieht mich nur runter, wenn ich weiter daran glaube, dass uns die Army rettet, wenn wir nur irgendwann auf ein Flüchtlingslager treffen.“ Er schüttelt den Kopf. „Alles ist anders und das muss ich akzeptieren.“
„Oh. Du hast aufgegeben?“
„Nein“, antwortet er, dabei hält er intensiven Blickkontakt. „Ich habe meine Einstellung geändert. Eigentlich bin ich mir schon seit Wochen unsicher, aber jetzt habe ich mich dafür entschieden, diese Idee endgültig aufzugeben. Da draußen gibt es niemanden, der uns rettet und dafür sorgt, dass alles wieder in Ordnung ist. Wir müssen uns selbst darum kümmern, dass es uns gutgeht.“
„Ich verstehe“, antworte ich leise. „Denkst du, dass wir das schaffen?“
Killian nickt zaghaft. „Es wird wahrscheinlich nicht einfach werden. Wir sollten im Winter dafür sorgen, dass wir an einem Ort sind, an dem es nicht zu kalt wird. Am besten wir bleiben in Kalifornien. Es wird zwar auch kühl, aber wir kämpfen nicht mit Schnee. Vorausgesetzt, das Wetter verändert sich nicht zu stark. So sicher bin ich mir da nämlich nicht, wenn ich ehrlich sein soll.“
„Ist Kalifornien denn groß?“
Killian wiegt den Kopf hin und her. „Ja, das war es zumindest. Keine Ahnung, wie nach den Erdbeben und den Bränden aussieht. Es gibt vieles, was mir in den letzten Tagen Sorgen bereitet. Die Vorräte zum Beispiel. Selbst wenn wir die einzigen Menschen in Kalifornien wären, gäbe es irgendwann in den nächsten Jahren kein brauchbares Essen mehr. Eingelegtes Gemüse in Gläsern und Dosengerichte werden nicht ewig haltbar sein.“
„Dann essen wir eben Menschen. Ich locke sie ins Wasser und ertränke sie.“ Killian sieht mich erschrocken an. Dass ich einen Scherz gemacht habe, hat er wohl nicht verstanden. „Das war nur ein Witz.“ Ich schmunzle.
Killian schnaubt. „Klang nicht wie einer. Menschen zu essen ist eher nichts, worüber ich lachen kann.“
„Entschuldige. Wir essen natürlich keine Menschen.“ Ich streiche durch Killians nasses Haar. „Mach dir über diese weit in der Zukunft liegenden Probleme keine Sorgen. Dafür ist es viel zu früh. Im Moment reisen wir, aber wir wissen nicht, was die Zukunft bringt. Vielleicht finden wir schon im Winter ein Haus mit Garten, in dem wir bleiben können. Vielleicht in der Nähe eines Sees oder eines Flusses? Vielleicht auch irgendwo am Strand? Dann versorge ich uns mit allem, was im Meer sein Unwesen treibt.“
Killian nickt erneut. „Ja, das wäre möglich.“ Nun lacht er. „Tut mir leid, ich habe die ganze Stimmung ruiniert. Es ist nicht so einfach aus dem negativen Mindset herauszukommen. Bei dir sieht das positive Denken einfacher aus, als es für mich ist.“
„Niemand erwartet, dass du dich innerhalb weniger Wochen mit der Situation abfindest, es akzeptierst und so weiterlebst, als wäre nie etwas vorgefallen. Wir werden jeden Tag an die schlimmen Dinge erinnert.“ Killian bekommt einen sanften Kuss von mir. „Wichtig ist, dass wir trotzdem schöne Momente haben und sie genießen.“
„Ja, da hast du recht.“
„Lass uns schwimmen. Du hast dich viel zu lange geziert, jetzt muss ich das unbedingt lange und genüsslich auskosten.“ Killian bekommt einen schnellen Kuss auf die Lippen, dann verschwinde ich schon flink unter Wasser.
༄ ♫ ༄
Die letzten Sonnenstrahlen sind verschwunden, das Feuer unter dem Gitter des gemauerten Grills bietet jedoch genug Wärme und Licht. Leuchtende Mondkäfer schwirren um den See. Ich beobachte sie von einem Picknicktisch aus. Die Erinnerung an meine Heimat ist lebendiger denn je. Ich kann das weiche Gras unter meinen Füßen spüren. Vor meinem inneren Auge erblicke ich den Schimmernden Wald. Die verschiedenen Pflanzen glühen in der dunklen Nacht. Ich erinnere mich nicht mehr daran, wohin die Reise ging, doch ich erinnere mich an den süßen Duft einer orangen Silberschilfblüte. Ich erinnere mich an das Zirpen und Surren der Käfer. An einen Frosch, der von einem großen Stein ins Wasser gesprungen ist und ich erinnere mich auch daran, wie glücklich mich dieser Abend gemacht hat. Die Geschichten, die wir uns am brennenden Feuer erzählt haben. Das Lachen und die Zufriedenheit in den Augen. All das soll verschwunden sein. Zerbrochen und zerstört wie die Welt durch die ich im Jetzt, in meinem neuen Leben, wandere. Mein Verstand kann immer noch nicht begreifen, dass meine Welt nicht mehr existieren soll. Wie kann meine Welt vollkommen zerstört und untergegangen sein, während die Welt der Menschen eine dermaßen große Katastrophe überdauert?
Ein Kribbeln an meinen Handrücken bringt mich dazu, aus meinen Gedanken und Erinnerungen aufzuwachen und nach unten zu sehen. Einer der Mondkäfer sitzt auf meiner Hand. Er schlägt mit seinen Flügeln und beginnt dann damit, sich zu putzen. Sein dicker Hintern glüht in einem hellen Licht. Ich hebe meine Hand an und beobachte den Käfer.
„Na, du kleiner Käfer? Hattest du einen schönen Tag?“, frage ich ihn. „Gefällt dir die Welt der Menschen? Sie fühlt sich anders an, nicht wahr?“
Der Käfer antwortet mir, indem er wieder mit seinen Flügeln schlägt. Natürlich ist mir klar, dass es sich nicht um eine echte Antwort auf meine Frage handelt. Ein weiteres Mal schlägt der Käfer mit seinen Flügeln, doch dieses Mal hebt er ab und fliegt surrend davon. Ich sehe ihm nach, bis ich nicht mehr unterscheiden kann, welches der unzähligen Lichter am Himmel das Licht des Käfers ist. Der Anblick ist wunderschön. Es fühlt sich nach meiner Heimat an. Ein Gefühl, dass ich schon lange nicht mehr wahrgenommen habe.
„Du redest mit Käfern?“, fragt Killian mich amüsiert.
„Natürlich. Sie sind Lebewesen, so wie du und ich, nur dass unsere Hintern nicht leuchten können.“
Meine Antwort amüsiert Killian so sehr, dass er laut loslacht. „Entschuldige“, gluckst er. „Die Vorstellung von Menschen mit leuchtendem Hintern gefällt mir irgendwie.“ Ich kichere. „Dann wäre es halb so wild, dass wir keine Taschenlampen haben. Ich könnte uns Arsch voran den Weg erhellen.“
Nun lache auch ich. „Ein wunderbarer Gedanke.“
Killian kommt auf mich zu. Er reicht mir die Hand und hilft mir, von dem Picknicktisch zu steigen, auf dem ich gesessen habe. „Komm mit ans Feuer“, bittet er mich. „Du fehlst mir schon.“
Ich lasse Killians Hand los und lege mein Tagebuch und meine Stifte in meine Tasche, ehe ich sie mir um meine Schulter hänge. „Hast du Lust auf etwas Süßes?“
„Abgesehen von dir?“, fragt er frech.
Ich kichere und gebe ihm einen sanften Klaps auf die Brust. „Ich dachte eher an S’Mores. Ich habe alles, was wir brauchen. Schokolade, Cracker und Marshmallows.“
„Klingt gut.“ Er drückt mir einen sanften Kuss auf die Stirn, dann nimmt er mich an der Hand und führt mich an das wärmende Feuer.
Ich lasse meine Tasche auf den Tisch sinken. Dann mache ich es mir gemütlich und nehme die Spieße zur Hand, auf denen wir in den letzten Tagen immer wieder verschiedenes Essen aufgespießt und über dem Feuer erhitzt haben. Vorne an die Spitze stecke ich jeweils einen der großen, weißen Marshmallows. Killian nimmt einen der Spieße an sich und hält ihn in das Feuer. Ich tue es ihm gleich und lehne mich gegen seine Schulter. Mein Liebster strahlt eine angenehme Wärme aus.
„Ich liebe den süßen Duft, wenn die Marshmallows karamellisieren“, meint Killian recht leise. Er dreht seine süße Köstlichkeit über dem Feuer. „Pass auf, dass der Zucker nicht schwarz wird.“ Mit seinem Spieß hebt er meinen ein wenig an. Diese kleine Geste bringt mich zum Lächeln. Killians Fürsorge rührt mich.
„Ja, ich passe schon auf.“ Killian legt seinen freien Arm um mich und streicht über meine Schulter und meinen Oberarm. „Hast du Lust, später deine Gitarre aus dem Zelt zu holen und Musik zu machen? Du hast schon lange nicht mehr gespielt.“
Killians Streicheleinheiten stoppen. „Dazu bin ich aktuell nicht in der Stimmung.“
„Oh, entschuldige. Ich wollte dich nicht drängen, wenn du nicht bereit bist.“
„Schon okay. Normalerweise hilft mir meine Musik, darüber hinwegzukommen, wenn ich etwas erlebt habe, das ich verarbeiten muss. Aber es ist anders. Jedes Mal, wenn ich daran denke, zu spielen, geht’s mir schlechter.“ Sein Griff wird etwas fester. „An der Gitarre hängen viele Erinnerungen und jedes Mal, wenn ich darauf spielen möchte, werde ich daran erinnert, dass all das zerstört worden ist.“
„Du musst auch nicht spielen“, tröste ich Killian ruhig. „Es war nur eine Frage.“
„Schon in Ordnung. Irgendwie hatte ich schon erwartet, dass du bald nachfragen wirst. Jeden Abend, wenn wir am Lagerfeuer sitzen, muss ich zumindest einmal daran denken, wenn ich ehrlich sein soll.“ Er zieht seinen Spieß aus dem Feuer und ich tue es ihm gleich. Der süße Duft des geschmolzenen Zuckers zieht in meine Nase. Köstlich.
Ich zerbreche einen Cracker, lege ein Stück Schokolade darauf und zerdrücke das heiße, geschmolzene Marshmallow dann zwischen den zwei Crackerhälften. Die weiche Zuckermasse quillt etwas über, doch genau so soll es sein. Der Duft ist wunderbar. Am liebsten würde ich sofort hineinbeißen. Den Spieß lege ich erst einmal zur Seite. Ich bin sicher, dass ich ihn nachher noch einmal brauchen werde. Ich kann nicht genug bekommen, wenn ich erst einmal angefangen habe, zu naschen.
„Pass auf deine Finger auf“, bittet Killian mich. „Nicht, dass du dich verbrennst.“
„Ich bin vorsichtig“, versichere ich ihm. Ich puste meinen S’Mores von allen Seiten sehr gründlich an, um meine Süßspeise richtig genießen zu können.
„Ah, heiß“, nuschelt Killian und atmet durch den Mund aus. Er fächert sich selbst Luft zu.
Ich blinzle erst verwirrt, aber dann lache ich. „Ach, ich soll aufpassen und du verbrennst dir neben mir den Mund?“
Er kämpft damit, den Brand in seinem Mund zu löschen und trinkt schließlich etwas Wasser. „Ich war zu ungeduldig.“
„Jetzt weißt du, wie ich mich fühle“, antworte ich amüsiert. „Es ist noch genug da, um einen neuen Versuch zu starten.“ Ich reiche ihm die Tüte. „Hier, nimm.“ Killian schüttelt den Kopf und lehnt mit einer Handgeste ab. „Hast du dir sehr wehgetan?“
„Wird wahrscheinlich eine Weile dauern, bis ich wieder richtig schmecke.“ Er schmatzt.
Ich habe zwar schon Mitleid mit ihm, amüsiert bin ich allerdings dennoch. Das scheine ich nicht besonders gut zu verbergen, denn Killian sieht mich an und verengt seine Brauen. „Bist du etwa schadenfroh?“
„Ein bisschen schon, ja“, antworte ich frech und puste wieder auf meinen Nachtisch. „Vielleicht solltest du dich selbst an deine Ratschläge halten, immerhin geht es meinen Fingern gut und deiner Zunge nicht.“
Killians skeptischer Blick wird nun von einem Lachen abgelöst. Er legt seinen Arm wieder um mich und drückt sanft meine Schulter. „Ich weiß, dass ich manchmal ein wenig überfürsorglich bin. Du nimmst mir das nicht übel, oder?“
„Nein“, antworte ich ihm. „Manchmal gefällt es mir, aber du musst mir nicht sagen, dass Essen heiß ist. Das merke ich schon selbst.“
„Ja, ich weiß. Menschen muss man ständig auf so etwas hinweisen, viele von uns sind dumme Idioten.“
Zu diesem Thema enthalte ich mich lieber und lächle Killian stattdessen an. Vorsichtig nehme ich einen kleinen Bissen von meinem S’Mores. Den klebrigen Snack noch ein wenig abkühlen zu lassen, halte ich für eine gute Idee. „Aber ich verstehe, warum du so bist. Du denkst immer noch, dass du mich vor allen Dingen beschützen musst. Ich bin nicht so hilflos, wie du denkst. Ich komme zurecht. Mich stört es nicht in einem Zelt zu schlafen und eigentlich kann ich meiner natürlichen Neugierde nachgeben, wenn wir in eines der Häuser klettern, um nach etwas zu essen zu suchen.“ Killian nimmt einen tiefen Atemzug. Falls er etwas dazu sagen möchte, warte ich noch einen Moment ab, doch als er stumm bleibt, spreche ich weiter: „Ich habe in deiner Welt viel Hilfe gebraucht, weil alles neu war, aber mir geht es den Umständen entsprechend gut und du musst nicht immer auf mich aufpassen. Ich will auch auf dich aufpassen. Ich kann dir ein paar Dinge abnehmen.“ Ich deute hinüber zum Zelt. „Du hast mich noch kein einziges Mal helfen lassen, das Zelt aufzuschlagen. Ich habe dich beobachtet. Ich denke, ich weiß, wie es funktioniert.“
Mein Liebster nickt. „Vielleicht bin ich doch mehr Macho, als ich es möchte.“ Er zieht einen Mundwinkel hoch und sieht mich an. „Du weißt hoffentlich, dass ich das nicht tue, weil ich denke, dass du das nicht kannst, oder?“ Ich zucke mit den Schultern. „Ich will, dass es dir gutgeht und dass du dich nicht zu sehr anstrengen musst.“
„Es geht mir gut. Ich habe dir schon in San Francisco gesagt, dass ich mehr tragen kann und dass ich dir helfen kann, wenn du Probleme hast. Du musst aber mit mir sprechen, denn unsere Verbindung hilft mir nicht, deine Gedanken zu lesen.“
Killian lacht. „Okay, dann willst du also schwere Dinge tragen?“
Die Frage überrascht mich ein wenig. „Von ‚wollen‘ ist da keine Rede. Wenn es sein muss, dann übernehme ich aber gerne ein paar Dosen.“
Killian schmunzelt. „Es muss aber aktuell nicht sein. Dein Rucksack ist schwer genug.“ Er streicht durch mein Haar, dann küsst er meine Stirn. „Ich übernehme mich schon nicht, mach dir keine Sorgen.“ Nun hebt er seine zweite Hand und macht eine ausladende Handgeste. „Wir müssen uns beide an das hier gewöhnen“, erklärt Killian, wobei seine Stimme ein wenig niedergeschlagen klingt. „An beinahe jedem Abend wünsche ich mir, dass ich aus diesem Albtraum wieder aufwache.“
„Und wie wäre dein Leben, wenn du wieder erwachst?“, frage ich nach und esse meinen S’Mores mit kleinen, vorsichtigen Bissen.
„So wie es vorher war. Du und ich in meinem kleinen Apartment. Ich würde es auch viel mehr zu schätzen wissen und aufräumen und gründlich durchputzen.“
Da ich Killian mittlerweile ziemlich gut kenne, kann ich mir vorstellen, dass dieser Vorsatz nicht besonders lange halten würde. Die Vorstellung gefällt mir allerdings. In seinem Bett zu liegen oder in einem der nahegelegenen Parks spazieren zu gehen, fehlt mir. San Francisco hat mir wirklich gut gefallen. Mir fehlt es, die Menschen zu beobachten und leckere Donuts zu essen. Ich hatte noch viele Köstlichkeiten vor mir, die ich nun niemals probieren kann. Selbst an die lauten Clubs muss ich immer wieder mit einem Lächeln zurückdenken. Allerdings bin ich auch froh, dass wir uns keine Sorgen mehr über Geld machen müssen. Aus den Supermärkten kann ich mir alles nehmen, was ich möchte, solange ich es nur selbst tragen kann.
„Wo würdest du am liebsten aufwachen? In deiner oder in meiner Welt?“, fragt Killian mich.
„Am liebsten in meiner Welt mit dir zusammen, aber wenn ich mich entscheiden müsste, dann in deiner Welt, weil ich dann bei dir sein könnte.“ Ich halte Killian den letzten Bissen meines S’Mores an die Lippen. „Ist auch nicht mehr heiß, versprochen.“ Er lässt sich füttern und gibt mir im Anschluss einen Kuss.
„Lass uns für heute Schluss machen und schlafen, was meinst du?“, schlägt Killian vor, worauf er gähnt.
„Noch ein paar Minuten. Bitte?“ Killian zuckt mit den Schultern. Ich deute das als Zustimmung.
Ich mache es mir auf seinem Schoß bequem. Wir sitzen noch eine Weile am Feuer und kuscheln. Killian und ich tauschen liebevolle, sanfte Küsse aus. Er legt seine Hand an meine Wange, da löse ich mich von ihm. Mein Liebster wirkt etwas überrascht, doch ich nehme seine Hand von meiner Wange und betrachte sie. Sie ist eingebunden, so wie immer, wenn er etwas gearbeitet hat. Unter dem Verband versteckt sich die verheilte Verletzung, die er sich an dem Tag der Katastrophe zugezogen hat. Die Narbe ist noch deutlich zu sehen, wenn seine Hand nicht gerade verbunden ist.
„Tut es eigentlich noch weh?“
Er schüttelt leicht den Kopf. „Nein, es ist alles in Ordnung.“ Ich bekomme einen Kuss auf die Stirn, dann klopft er mit seiner flachen Hand auf meinen Oberschenkel. „Jetzt aber ab ins Zelt, bevor wir es nicht mehr finden, das Feuer wird immer kleiner.“ Ich stehe auf und strecke mich genüsslich. Die Packung Marshmallows verschließe ich mit einem Gummiband von meinem Handgelenk und verstaue die Tüte dann in meiner Tasche. Ich spüre Killians Hand an meinem unteren Rücken. Wir brauchen keine weiteren Worte. Er geleitet mich zum Zelt, das ich sofort öffne. Ich klettere hinein. „Ich komme gleich nach“, verspricht Killian mir.
„Verlauf dich nicht.“
„Ich rufe um Hilfe, falls ich mich verlaufe.“
Mit einem Lächeln auf den Lippen mache ich es mir bequem. Ich falte meine kuschelige Decke zu einem Kissen und verkrieche mich in meinem Schlafsack. Die Müdigkeit nimmt mich immer mehr gefangen, doch ich versuche mich wach zu halten, bis Killian zu mir zurückkommt.
Ich nehme ein Rascheln und kurz darauf ein Brummen meines Liebsten wahr. Er klettert gerade zu mir ins Zelt. „Schläfst du schon?“, fragt er leise, worauf ich mich in seine Richtung drehe.
„Nein, bin gerade so noch wach. Ist alles in Ordnung?“
„Ja“, antwortet er weiterhin leise und macht sich schon daran, es sich in seinem Schlafsack bequem zu machen. „Mir fehlt mein Bett.“ Killian zieht mich an sich und tastet sich vorsichtig an meinen Kopf heran. Ich werde gestreichelt und bekomme einen Kuss auf die Stirn. Es fühlt sich gut an, mit einem positiven Gefühl nach einem schönen Tag am See die Augen zu schließen und in den Armen meines Liebsten zu liegen.
༄ ♫ ༄
‚Auf dem harten Boden liegend starre ich in den immer dunkler werdenden Himmel. Über San Francisco zieht ein Gewitter auf. Grüne Blitze erleuchten immer wieder die dunklen, düsteren Wolken. Ich bin vollkommen regungslos. Ich will, doch ich kann mich nicht bewegen. Die Schmerzen in meinem Bein sind unerträglich. Eine Eisenstange hat sich durch meinen Oberschenkel gebohrt. Alles ist voller Blut. Ich erinnere mich an diesen Anblick, an diese Angst und an das Gefühl, dass der Tod nur noch darauf wartet, mich in die Dunkelheit ziehen zu können. Wie bin ich hierhergekommen? Das kann nicht wahr sein. Ich bin nicht mehr in San Francisco und meinem Bein geht es gut. Killian hat mich befreit! Ich erinnere mich ganz genau daran, dass ich nicht mehr hier sein kann. Ich fasse an meinen Kopf. An meiner Hand klebt Blut. Was ist hier los? Hilfesuchend sehe ich mich um. Plötzlich taucht das panische Gesicht meines Liebsten über mir auf. Killian sagt etwas, doch aus seinem Mund kommen keine Worte. Ich möchte ihm antworten, doch auch ich bin stumm wie ein Fisch. Dumpfe, mächtige Vibrationen lassen meinen Körper beben. Ich schreie, doch kein Laut verlässt meine Kehle. Killian drückt seine Hand auf mein Gesicht. Ich kann die Angst in seinen Augen sehen. Verzweiflung und Hilflosigkeit lassen mich in Tränen ausbrechen. Die Schmerzen sind zu groß. Ist das echt? Es fühlt sich so real an. Aber ich kann nicht hier sein. San Francisco liegt weit hinter mir. Als ich das Messer in Killians Hand erblicke, schüttle ich wie wild mit dem Kopf. Ich weiß, was passieren wird und ich weiß, wie stark es schmerzen wird. Noch einmal kann ich diese Schmerzen nicht ertragen. Ich will mich wehren, ihn bitten, mich nicht zu verletzen, doch meine verzweifelten Schreie sind so lautlos wie seine Worte. Ich werfe einen Blick auf meine Flosse. Meine Flosse? Ich bin doch mitten in San Francisco! Mit einer Hand drückt Killian meinen Brustkorb zu Boden, mit der anderen hebt er das große Messer. Er holt aus, doch ein weiteres Erdbeben unterbricht sein Vorhaben. Angestrengt versuche ich seine Lippen zu lesen, um zu verstehen, was er sagt, doch es gelingt mir nicht. Seine Augen weiten sich. Staub und Steine fallen auf uns herab und ehe ich mich versehe, verdunkelt sich der Himmel über uns. Ich möchte Killian vor den herunterfallenden Trümmern warnen, ihn bitten, sich in Sicherheit zu bringen, doch das Gebäude über uns bricht zusammen. Die Trümmer kommen näher und näher. Mit meinen Armen schütze ich mein Gesicht.‘
Schwer atmend schrecke ich hoch. Hastig taste ich nach meinen Beinen. Die Schmerzen sind zurück, doch sie werden besser, als ich meine Haut berühre. Ich streiche über meinen Oberschenkel. Es ist nichts passiert. Mir geht es gut. Heiße Tränen laufen über meine Wangen. Ich bin zurück. Ich bin wieder im Zelt. Wir sind am See. Das war nicht real.
„Es war ein Traum“, beruhige ich mich selbst. Meine eigene Stimme zu hören, erleichtert mich unheimlich. Schluchzend wische ich über meine Wangen. Meine Finger zittern. „Es war ein Traum. Nur ein Traum.“ Ich ziehe meine Nase hoch. „Einfach durchatmen. Alles ist gut.“
Killians Hand tastet nach mir. Er streichelt meinen Oberschenkel. „Alles okay, Prinzessin?“
„Ich hatte wieder diesen Traum. Er war anders, aber er hat sich ganz genauso angefühlt“, antworte ich aufgelöst. „Wann hört es endlich auf, Killian? Ich kann das nicht mehr.“
„Komm her.“ Ich höre das Rascheln seines Schlafsacks, dann den Zippverschluss. Schluchzend flüchte ich in seine Arme. „Es wird wieder gut, versprochen. Es braucht nur mehr Zeit.“ Killian hält mich fest, dabei schaukelt er mich sanft. Mit geschlossenen Augen drücke ich mein Gesicht an seinen Brustkorb. „Vergiss den Traum“, spricht Killian sanft, ehe er mir einen Kuss ins Haar drückt. „Wir beide sind hier und wir sind in Sicherheit. Denk an die Leuchtkäfer da draußen, hm? Wie sie herumschwirren und mit ihrem leuchtenden Hinterteil den See erhellen.“
Ich schmunzle, als ich mich an Killians Witz mit seinem leuchtenden Hintern erinnere. „Ja, das hilft, danke.“
„Es ist beschissen, ich weiß, aber wir machen das Beste aus allem, was auf uns zukommt. Es sind schon so viele verrückte Dinge passiert und wir beide sind immer noch zusammen.“ Killian krault meinen Nacken. Seine tiefe, aber sanft klingende Stimme trägt viel dazu bei, dass ich wieder im Hier und Jetzt ankomme. Mein Körper wird wieder lockerer. Anstatt Schmerzen spüre ich nur noch ein leichtes Ziehen in meinem Oberschenkel. „Besser?“, fragt er leise nach.
„Ein bisschen, aber ich fühle mich immer noch so aufgerüttelt. Als hätte die Erde schon wieder gebebt.“
„Vielleicht hat sie das ja sogar. Manche Erdbeben spürt man gar nicht richtig. Du bist da viel empfindlicher als ich. Kann sein, dass ich es verschlafen habe.“
Ich rümpfe die Nase und beschwere mich: „Das ist aber nicht besonders beruhigend, Killian.“
Mein Liebster schnaubt. „Entschuldige.“ Er lässt von mir ab und streicht dann durch mein Haar. Es ist schade, dass er mich nicht weiterschaukelt. Das Gefühl war schön. Beinahe, als würde man auf dem Meer treiben. „Soll ich das Zelt aufmachen, damit du ein wenig frische Luft bekommst?“
„Nein, schon in Ordnung.“ Ich schmiege mich wieder an Killians Oberkörper. „Kannst du mich noch weiter schaukeln? Das hat geholfen.“
„Aber sicher doch, Prinzessin.“ Er drückt mich an sich und streicht sanft mit seinen Fingern über meinen Rücken, während er mich mit schaukelnden Bewegungen wieder zur Ruhe bringt.
Die Wärme, die von Killians Körper ausgeht, hilft sehr dabei, mich wieder zu entspannen. Müde halte ich mich an seinem Shirt fest und versuche, wieder in den Schlaf zu finden. Ich rufe mir die schönen Erlebnisse der letzten Wochen in Erinnerung. Warme Sonnenstrahlen, süße Köstlichkeiten, frischer Fisch, bequeme Betten, die Leuchtkäfer am See, Killians zufriedener Blick. Ich nehme einen tiefen Atemzug. Ich bin bei ihm. Ich bin in Sicherheit. Alles ist gut.