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Kapitel 12:
Unbeugsame Kälte
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Mit zittrigen Fingern halte ich Killians Messer fest in meiner Hand. Die Anspannung in meinem Körper bereitet mir Schmerzen, doch ich schaffe es nicht, mich zu bewegen. Die Dunkelheit um mich herum scheint immer intensiver zu werden. Die Kerze, die gerade noch in Reichweite steht, bietet mir nicht genug Licht, um alles um mich herum wahrzunehmen. Der Wald scheint still, aber auch unendlich laut zu sein. Ich kann das Knacken eines Astes hören. Das aufgeregte Schlagen meines Herzens pocht in meinen Ohren. Mit meiner freien Hand versuche ich Killians Kopf zu schützen, doch die Wahrheit ist, dass wir einem Angreifer vollkommen ausgeliefert sind. Meine Stimme einzusetzen, würde unser Schicksal besiegeln und ich bin noch lange nicht bereit, mein Leben zu verlieren. Das Rascheln in den Büschen kommt immer näher. Ich muss alles tun, was in meiner Macht steht, um Killian zu beschützen.
„Ich warne dich ein letztes Mal. Verschwinde, oder du wirst es bereuen!“, drohe ich, so ernst ich kann. Dass meine Stimme immer brüchiger wird, je mehr ich spreche, befeuert meine Angst nur noch mehr. Wäre ich ein Angreifer, würde ich mich von mir nicht besonders bedroht fühlen oder gar einschüchtern lassen.
Als ich den Kopf einer großen Wildkatze aus dem Busch ragen sehe, zittere ich vor Angst. Ich lerne jedoch schnell, dass die Katze nicht alleine ist. Ich richte meinen Blick nach oben, als nun auch eine Frau aus dem Gebüsch tritt. Sie hält einen Bogen und auch einen Pfeil in ihren Händen. Ihre geflochtenen Haare geben ihre spitzen Ohren preis. Mir wird schnell klar, dass es sich um eine Elbin handelt. Ihre Haltung wirkt bedrohlich, auch dass sie jederzeit bereit für einen Schuss ist, macht mir Angst. Wenn sie auf Killian schießen würde, wüsste ich nicht, was ich tun soll, um sein Leben zu retten.
„Geh weg, ich habe eine Waffe.“ Meine Stimme ist nun deutlich leiser. Stumm, aber mit einer Handbewegung leitet die Elbin ihre Katze an, sich zu setzen. Die Frau wirkt etwas irritiert, als sie mich mustert. Ich bin mir nicht sicher, ob sie mich versteht und ich selbst spreche kein Elbisch.
Gerade, als ich meine Worte wiederholen möchte, spricht sie: „Was willst du denn mit diesem Spielzeug? Es nach mir werfen und dann unbewaffnet im Wald sitzen?“ Mit einer vagen Handbewegung deutet sie in meine Richtung. Ich sehe das Messer in meiner Hand an. Sie hat natürlich recht, doch ich weiß nicht, wie ich mir sonst selbst helfen sollte. Und wie sollte ich Killian beschützen? Ich muss doch zumindest versuchen, sie auf Abstand zu halten. Killian ist zu krank, um sich zu verteidigen.
„Nein“, antworte ich ihr, dann strecke ich das Messer wieder in ihre Richtung. „Wenn du mir zu nahekommst, muss ich dir wehtun.“
Skeptisch sieht sie mich an, doch dann wendet sie ihren Blick auf Killian. „Was ist denn mit deinem Freund?“ Sie nickt in unsere Richtung.
„Nichts, er schläft.“ Kaum habe ich ausgesprochen, höre ich ein aufgeregtes Flattern hinter mir. Erschrocken ducke ich mich und ziehe dabei das Messer nah zu mir. Durch das überraschende Geräusch verletze ich mich beinahe selbst. Als ich wieder aufsehe, sitzt eine Mondschatteneule auf der ledernen Schulterrüstung der Elbin. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich nun alles andere als einschüchternd wirke. Ihr Blick verrät mir, dass sie mich durchschaut hat. Die Elbin weiß, dass ich ihr nichts tun würde und dass ich außer meinen Worten nichts habe, womit ich mich verteidigen könnte. Wenn Killian wach wäre, würde die Situation ganz anders aussehen.
„Yulina?“, höre ich eine weitere, weibliche Stimme rufen.
„Ich bin hier. Ich habe sie gefunden.“ Nach einem Kopfnicken der Elbin erhebt die Eule sich wieder in die Luft und verschwindet in die Richtung, aus der sie gekommen war. Etwas verwirrt sehe ich die Elbin an, dann blicke ich zu Killian, ehe ich wieder zu ihr nach oben sehe. Sie hat uns gefunden? Was soll das bedeuten? Haben sie nach uns gesucht? Die Elbin spricht mich erneut an: „Wir können wieder verschwinden, aber ich fürchte, dass dein Freund dann nicht wieder aufwachen wird.“ Erst steckt sie ihren Pfeil und anschließend ihren Bogen weg, dann geht sie in die Knie.
„Warte, was machst du?“, frage ich leise.
Ich möchte das Messer wieder in ihre Richtung strecken, da legt sie ihre Hand sanft an meinen Unterarm, um mich zu besänftigen. „Ich habe nicht vor, euch irgendetwas zu tun. Sieh dir seine Finger an.“ Vorsichtig fasst sie nach Killians Hand und hebt sie an. Sie hält Killians Hand in den Schein der Kerze, sodass ich seine verfärbten Finger sehen kann. „Dein Freund braucht einen Heiler. Die Vergiftung ist noch im Anfangsstadium, aber wenn wir uns noch länger Zeit lassen, wird er es nicht mehr schaffen.“
„Dann-Dann habe ich ihn vergiftet?“, frage ich geschlagen. Meine Lippe beginnt augenblicklich zu zittern. Ich lasse das Messer sinken und sehe Killians verschwitztes Gesicht an. „Kannst du ihn heilen? Du kannst ihm doch helfen, oder? Killian darf nicht sterben. Nicht so und nicht wegen mir.“
Aus dem Busch steigt eine weitere Elbin. Durch die Laterne in ihrer Hand kann ich sie deutlicher erkennen. Sie ist etwas weniger grazil, als die erste Elbin es ist, doch sie findet schnell ihr Gleichgewicht. Interessiert hebt sie die Laterne in unsere Richtung. Die Mondschatteneule sitzt nun auf ihrer Schulter. „Oh, da seid ihr“, erklingt ihre sanfte Stimme. „Oh nein, Moona, du hattest Recht, er sieht nicht gut aus.“
„Könnt ihr ihm helfen?“, frage ich noch einmal, worauf die Elbin, die neben mir kniet, nickt.
„Wir müssen ihn aus dem Wald schaffen, dann werden wir sehen, was wir für ihn tun können. Wir sollten uns aber beeilen.“
Ich nicke leicht. „Ja, vielen Dank.“ Vorsichtig streiche ich über Killians Stirn. Ich kann nicht glauben, dass ich ihm das angetan habe. Wie konnte ich nur so dumm sein?
༄ ♫ ༄
Der Wagen der Elbinnen fährt etwas holprig über den Weg, den Killian und ich eigentlich nehmen wollten, um nach einem Dorf zu suchen. Die Wildkatze, die mich im Wald noch erschreckt hatte, liegt nun friedlich schlafend neben uns im Wagen. Ich selbst spüre leider nichts von dem Frieden. Mit Tränen in den Augen halte ich Killians Hand. Dass ich dafür verantwortlich bin, dass es ihm so schlecht geht, trifft mich schlimmer, als der Tod der Menschen, die uns angegriffen haben. Die Schwere und die Schuld, die nun mein Herz belasten, geben mir das Gefühl, in Dunkelheit zu ertrinken. Jeder Atemzug fühlt sich schwer an. Ich zweifle an jeder einzelnen Entscheidung, die ich in den letzten Tagen gemacht habe. All meine kleinen, scheinbar unbedeutenden Entscheidungen haben dazu geführt, dass es Killian so schlecht geht, dass er sogar sterben könnte. Ich habe dafür gesorgt, dass er jetzt leiden muss.
Ich schrecke aus meinen Gedanken, als ich angestupst werde. Im Licht der Laterne, die nun an einer Halterung des Wagens befestigt ist, ruhen die Augen einer der Elbinnen auf mir. „Wir haben noch ein bisschen Zeit, bis wir ankommen, also: Ich bin Endra.“ Mit einem Lächeln streicht sie sich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr, dann streckt sie mir ihre Hand entgegen. „Die hübsche Elbin am Steuer ist Yulina. Wie sind eure Namen?“
Vorsichtig nehme ich ihre Hand an, dann nicke ich leicht. „Ich bin Ilaria.“ Ich lasse Endras Hand los und streiche wieder durch Killians Haar. „Und das ist Killian.“
„Ihr kommt von der anderen Seite, nicht wahr?“, fragt sie weiter. „Also von der anderen Seite des Lichts. Eure Kleidung verrät euch.“
Ich nicke leicht. „Das ist eine längere Geschichte, aber ja.“ Im Licht der Laterne sieht Killian so erschreckend leblos aus. Die Kälte, die meinen Brustkorb immer mehr einnimmt, verspricht nichts Gutes. Ich kann deutlich spüren, dass es ihm immer schlechter geht.
„Du redest nicht viel, hm?“
Ich sehe wieder von Killian auf, dann zucke ich mit den Schultern. „Ich kann gerade nicht glauben, dass ich ihm das angetan habe.“
„Manchmal verwechselt man Kräuter, das kommt vor“, antwortet sie sanft. „Du bist doch eine Meerjungfrau, nicht wahr?“
Die Elbin am Steuer lacht. „Möchtest du ihr nicht ein bisschen Luft zum Atmen lassen? Ich denke, dass wir sie genug erschreckt haben.“
„Die Meerjungfrauen sind selten alleine unterwegs, wenn ich jetzt nicht frage, dann habe ich vielleicht nie die Möglichkeit, sie auszufragen“, erklärt Endra.
„So wie ihr Freund aussieht, werden sie noch eine Weile bei uns bleiben“, antwortet Yulina, was mich zum Seufzen bringt.
„Ja, das ist wahr.“ Endra wendet sich wieder an mich. „Wenn wir zu Hause sind, schuldest du mir einige Antworten. Und mach dir keine Sorgen um ihn, wir haben eine gute Heilerin, die ganz genau weiß, was zu tun ist, um deinen Freund wieder gesund zu machen.“ Sie lächelt mich an, dann dreht sie sich wieder nach vorne.
Da ich nicht weiß, was ich sagen soll, senke ich meinen Blick. Endra ist für meinen Geschmack viel zu fröhlich, wenn man bedenkt, wie schlecht es Killian geht. Er hat sich seit Stunden kaum bewegt. Wenn er nicht wieder aufwacht, dann ist alles vorbei, unsere Pläne, unsere Reise, unsere Zukunft und auch unser Leben. Ich kann die Tränen und den Schmerz nicht länger zurückhalten. Schluchzend drücke ich Killian an mich. Wie konnte ich ihm das nur antun? Ich wollte das nicht. Ich liebe ihn doch. Eine meiner Tränen tropft auf sein Gesicht. Vorsichtig und mit zittrigen Fingern wische ich sie von seiner Wange. Was hab ich nur getan?
༄ ♫ ༄
Die Zeit um mich herum scheint langsam abzulaufen, sie verfliegt allerdings schnell genug, um Lücken in meinem Gedächtnis zu verursachen. Ich weiß nicht mehr recht, wie ich hierhergekommen bin, doch ich sitze auf einem Stuhl. Die Hütte aus Stein und Holz ist recht gemütlich, doch auch wenn ein Feuer im Kamin brennt, kommt es mir vor, als würde ich die Welt um mich herum nicht mehr spüren. Ich fühle mich leer und eiskalt. Mein Liebster liegt in einem Bett. Eine weitere Elbin, eine Heilerin, kümmert sich darum, ihn wieder gesund zu machen. Als sie sein zerrissenes Shirt neben mir ablegt, stehe ich auf, um einen Blick auf Killian zu werfen. Er sieht so blass aus, fast schon leblos, obwohl sich sein Oberkörper durch seine Atmung immer wieder hebt und senkt. Es beruhigt mich, seine Atmung beobachten zu können, doch es reicht noch lange nicht aus, um meine Angst verschwinden zu lassen.
Die Elbin winkt mich mit ihrer Hand näher zu sich. „Du sagtest, dass der Schmale Blattlauch ihn vergiftet hat, doch ich bin sicher, dass er an Gelbstachelfieber leidet.“ Ich beiße mir auf die Unterlippe. Die Heilerin hebt erst Killians Hand und zeigt mir seine bläulichen Finger. Außerdem macht sie mich auf die Kratzer an Killians Arm, seiner Schulter und seiner Seite aufmerksam. Ich erinnere mich sofort daran, dass Killian sich an einem Ast verletzt hat. Danach ging es ihm immer schlechter. Seine Wunden sehen furchtbar aus. Aus den winzigen, kaum sichtbaren Kratzern an seiner Haut, sind entzündete, mit Eiter gefüllte Blasen geworden. Wenn er nicht schlafen würde, hätte er bestimmt starke Schmerzen.
„Aber das kann man doch heilen, oder?“, frage ich nach, worauf sie nickt.
„Er ist ein gewöhnlicher Mensch, nicht wahr?“
„Ja, ist das ein Problem?“, frage ich schnell nach.
„Nein, aber seine Genesung wird länger dauern. Menschen sind leider sehr anfällig für Gift.“ Die Elbin holt eine Schüssel und einige Stoffstücke, die sie in der Schüssel einweicht, bevor sie damit beginnt, Killians Wunden zu reinigen. Da ich nicht nur herumstehen möchte, helfe ich ihr dabei, indem ich Killians Arm anhebe, sodass sie alle Wunden behandeln kann. „Wie lange schläft er schon?“
„Ein paar Stunden“, antworte ich ihr, nachdem ich überlegt habe. Ich lege meine Hand an meine Stirn. „Schon vor dem Sonnenuntergang. Er war müde und wollte eine Pause machen, aber dann wurde es schlimmer. Er ist eingeschlafen und seitdem nicht wieder aufgewacht.“
Die Heilerin nickt. „Ich verstehe.“ Großflächig verteilt sie eine braune Tinktur an Killians Verletzungen, ehe sie damit beginnt, seinen Arm zu verbinden. Seinen Oberkörper zu verbinden ist deutlich schwieriger. Killians leblos wirkenden Körper aufrecht zu halten, ist anstrengend. Sein Körper fühlt sich schwer und schlaff an. Ihn festzuhalten ist eine kleine Herausforderung, immerhin will ich ihn nicht verletzen, indem ich ihn kratze, falls er mir aus den Armen rutscht. Obwohl ich nun weiß, dass ich Killian nicht mit dem Schmalen Blattlauch vergiftet habe, fühle ich mich trotzdem schlecht. Wenn wir einen anderen Weg gewählt hätten oder wenn ich ihn vor den Pflanzen gewarnt hätte, dann wäre er jetzt immer noch gesund. Wenn wir einen weiteren Tag auf der Lichtung verbracht hätten, hätte das vielleicht sogar schon ausgereicht, um seine Vergiftung zu verhindern. Die Heilerin hilft mir dabei, Killian wieder sanft in das Bett zu legen. Nachdem sie Killian gut zugedeckt hat, greift sie sich den Stuhl und schiebt ihn näher zu Killians Bett. „Setz dich. Ich habe das Gefühl, dass du ihn nicht mehr aus den Augen lassen willst.“
„Das ist wahr“, stimme ich ihr zu und nehme Platz. „Gibt es irgendetwas, das ich tun kann, um ihm zu helfen?“
„Das gibt es tatsächlich“, antwortet sie mir. Die Elbin legt eine Hand an meine Schulter. „Ich werde Medizin für ihn mischen. Wenn du möchtest, kannst du sie ihm geben.“
„Kann ich dabei etwas falsch machen?“, frage ich unsicher nach, wobei ich zu ihr nach oben sehe. „Ich will ihm nicht wehtun, ich habe bereits genug angerichtet.“
„Wenn du seinen Mund findest, reicht das vollkommen“, spricht sie mir gut zu, dann nimmt sie ihre Hand von meiner Schulter und nimmt Abstand zu mir und zu Killian.
Ich sehe meinen Liebsten an, dann atme ich tief durch. „Bitte wach bald wieder auf, das alles hier würde dir sehr gefallen“, flüstere ich, ehe ich mich zu ihm beuge und seine Wange küsse. „Ich liebe dich.“
Da es schwer ist, mit dem schweren, kalten Gefühl still vor Killians Bett zu sitzen, stehe ich auf. Ich werfe zwar noch einen Blick auf meinen Liebsten, nehme dann aber Abstand von ihm. In der Hütte gibt es noch drei weitere Betten, alle sind unbelegt und durch Vorhänge voneinander getrennt. In dem Regal an der Wand der kleinen Medizinküche kann ich unzählige verschiedene Flaschen mit Tinkturen und Medizin erkennen. Lesen kann ich die Beschriftungen leider nicht, sie sind in Elbisch verfasst. An der Wand neben dem Regal hängen einige Büschel Kräuter, einige davon sind bereits getrocknet, andere sehen sehr frisch aus. Ich sehe der Heilerin dabei zu, wie sie Killians Medizin zusammenmischt. In einem Mörser zerdrückt sie einige Kräuter. Die weiße Wurzel, die sie zerkleinert, ehe sie sie ebenfalls in den Mörser legt, kommt mir bekannt vor. Das könnte eine Süßwurzel sein.
„Er kommt aus der anderen Welt“, erkläre ich leise. „Ist das ein Problem? Die Medizin wirkt doch trotzdem, oder?“
„Das ist schwer zu sagen. Wie sind die Menschen der anderen Welt?“, fragt sie mich, wobei sie nicht aufsieht. „Unterscheiden sie sich sehr von den Menschen in unserer Welt?“
„Ich, nein, schätze nicht, nein. Sie haben keine magischen Fähigkeiten.“
Sie nickt, dann möchte sie nach einer kleinen Flasche greifen. Ich nehme einen Schritt Abstand, damit ich nicht im Weg stehe. „Ich behandle ihn, wie ich einen unserer Menschen behandeln würde. Was ist mit dir? Bist du auch verletzt?“
„Nein, mir ist nur ziemlich kalt.“ Nachdem sie einige Tropfen in eine Schüssel fallen hat lassen, verschließt sie die Flasche wieder. Sie sieht auf und direkt in meine Augen, rümpft dann aber ihre Nase und senkt ihren Blick wieder.
„Du kannst dir ruhig eine der Decken aus dem Schrank nehmen. Wenn du möchtest, kann ich auch jemanden schicken, der dich zum Fluss begleitet, damit du schwimmen kannst.“
„Das ist nett, danke, aber ich möchte lieber bei Killian bleiben. Wenn er wieder aufwacht, will ich für ihn da sein.“
Die Elbin mischt die zerdrückten Kräuter mit einem Löffel Honig in der Schüssel, in die sie auch die andere Zutat getropft hat. Ich sehe ihr zu, dann reicht sie mir die Schüssel bereits. „Rühr noch etwas um. Wenn die Masse gleichmäßig und eher flüssig als zäh ist, kannst du aufhören. Ich bin gleich wieder da.“
„In Ordnung.“ Ich tue, was die Heilerin mir aufträgt und rühre Killians Medizin sorgfältig um. Die Konsistenz ist etwas klebrig und die grünliche Farbe sieht auch alles andere als einladend aus. Wenn sie mir nicht gesagt hätte, dass diese Medizin helfen wird, würde ich sie Killian keinesfalls verabreichen. Ich schnuppere vorsichtig daran, doch ich kann keinen Geruch wahrnehmen. Ich rühre weiter, bis mir die Konsistenz richtig erscheint. Eher flüssig als zäh.
„Ilaria?“
„Ja?“, antworte ich der Heilerin, sie winkt mich wieder zu Killians Bett. „Wie viel muss ich ihm denn geben?“
„Am besten alles, er ist doch ein ziemlich großer Kerl“, antwortet sie.
Ich stelle die Schüssel an den kleinen Tisch neben Killians Bett und betrachte meinen Liebsten für einen Moment. Da ich ihm nicht einfach die Medizin in den Mund stecken kann, weil er sonst vielleicht ersticken würde, versuche ich, ihn zu wecken. Er muss nicht ganz wach und vollkommen aufnahmefähig sein. Es reicht, wenn er zumindest seinen Mund aufmachen kann. Liebevoll streichle ich seine Wange, dann lege ich meine Hand an seine Schulter und rüttle ihn sanft.
„Killian“, spreche ich erst leise, dann werde ich etwas lauter: „Killian, wach auf. Ich habe Medizin für dich. Du musst dabei ein bisschen mitmachen.“ Killian brummt unzufrieden, doch ich lasse nicht nach. „Killian. Bitte.“
„Mir geht’s nicht gut“, spricht er brummend. Ich beuge mich zu seinem Gesicht. Er sagt noch etwas, doch ich kann ihn leider nicht verstehen.
„Du kannst sofort weiterschlafen“, verspreche ich mit sanfter Stimme. Ich greife nach dem Löffel und führe etwas von der Medizin zu Killians Lippen. „Lass ruhig die Augen zu. Ich füttere dich.“ Killian öffnet seine Lippen ein wenig und ich füttere ihn mit der Medizin. Er schmatzt. Als etwas von der Medizin daneben geht, schiebe ich sie mit dem Löffel so gut ich kann in seinen Mund. „Ja, so ist es gut. Danke, dass du so toll mitmachst.“ Auch der zweite und der dritte Löffel ist zu meiner Erleichterung kein weiteres Problem. Ich kratze alle Reste zusammen und verfüttere noch einen letzten Löffel an meinen Liebsten. „Das hast du toll gemacht. Jetzt schlaf.“ Den Holzlöffel lege ich wieder zurück in die Schüssel. Da Killian etwas gekleckert hat, wische ich mit meinem Ärmel über seinen Mund und seinen Bart. Ihn so hilflos zu sehen, tritt mich härter, als mich jemals etwas getroffen hat. All unsere Erlebnisse scheinen im Vergleich zu verblassen. Ich presse meine Lippen zusammen, um nicht zu weinen. Liebevoll streiche ich durch sein Haar. „Ich liebe dich“, flüstere ich zittrig, dann gebe ich ihm einen sanften Kuss auf seine heiße Stirn. „Es wird dir bald wieder besser gehen.“
Die Heilerin tritt wieder näher an das Bett. Sie stellt eine weitere Schüssel an den Tisch und nimmt dafür die andere Schüssel mit zur kleinen Küche am Ende des Raumes. Ich ziehe den Stuhl näher an Killian heran und setze mich zu ihm. Obwohl ich versuche, es zu unterdrücken, entkommt mir ein Schluchzen. Immer wieder versuche ich daran zu denken, dass alles wieder gut wird, doch das kalte Gefühl in mir ist so stark und so beängstigend, dass es mir schwerfällt, meinen eigenen Gedanken zu glauben. Die Heilerin kommt ein weiteres Mal auf uns zu. Ihre Sorge gilt dieses Mal jedoch nicht Killian, sondern mir. Sie legt mir eine weiche Wolldecke um die Schultern und streicht sanft über meinen Rücken.
„Du machst dir große Sorgen um den Menschen, aber das musst du nicht“, erzählt sie, dabei hört sie nicht auf, mich zu streicheln. „Er wird wieder gesund. Ich bin zuversichtlich.“
„Und wenn er doch anders ist als die Menschen aus unserer Welt?“, frage ich nach, dann wische ich mir die Tränen von den Wangen. „Was tun wir, wenn die Medizin nicht wirkt?“ Ihre Bewegungen stoppen für einen Moment, doch dann streichelt sie mich weiter.
„Wir werden es in den nächsten Stunden herausfinden. Wir haben seine Wunden behandelt und die Medizin kümmert sich um das Gift in seinem Körper.“ Die Heilerin lässt von mir ab und greift in die Schüssel, die sie eben auf den Tisch gestellt hat. Sie zieht ein Tuch heraus, drückt das gröbste Wasser aus und legt es auf Killians Stirn.
„Hilft das, sein Fieber zu senken?“, frage ich nach, worauf sie nickt.
„Ja, kaltes Wasser und zwei Tropfen Winterminzöl“, erklärt sie, dann lächelt sie mich an. „Du kannst helfen, indem du das Tuch ab und zu befeuchtest und dafür sorgst, dass seine Stirn kühl bleibt.“
Ich nicke eifrig. „Ja, ich werde ihm helfen.“ Mit beiden Händen wische ich über meine Augen. „So gut ich kann.“
„Ich nehme an, dass du die Nacht bei ihm verbringen möchtest“, stellt sie fest, worauf ich ebenfalls nicke.
„Ja, ich kann ihn nicht alleine lassen. Er braucht mich.“
„Du solltest allerdings nicht vergessen, auf dich selbst zu achten.“ Die Heilerin nimmt wieder Abstand von mir, streicht aber noch einmal über meine Schulter. „Was hältst du von einer Tasse Tee? Der wird dich ein wenig aufwärmen.“
„Das wäre nett, vielen Dank.“
Ein Klopfen an der Tür zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Neugierig drehe ich mich zur Tür. Die Elbin, die eintritt, erkenne ich sofort wieder. „Wie geht es deinem Freund?“, fragt Endra, als sie auf mich zukommt. Die Wildkatze, die sie schon im Wald begleitet hat, folgt ihr auf Schritt und Tritt.
„Deine Katze muss draußen bleiben“, erinnert die Heilerin sie, worauf Endra sofort zurück zur Tür geht, um ihre Wildkatze nach draußen zu schicken. Erst streckt die Katze sich genüsslich, doch dann folgt sie dem Handzeichen der Elbin.
„Tut mir leid, du musst draußen auf mich warten.“ Sie schließt die Tür und wendet sich dann an die Heilerin. „Entschuldige. Ich vergesse immer, dass meine Tiere immer da sind, wo ich bin.“ Die Heilerin winkt ab, dann tritt Endra auf mich zu. Sie schnappt sich einen der Stühle, der bei dem Nebenbett steht und setzt sich zu mir. „Wie geht es deinem Menschen? Kill-ich habe seinen Namen vergessen.“
„Killian“, antworte ich und sehe zu meinem Liebsten, dann nehme ich allerdings wieder mit Endra Blickkontakt auf. „Er soll wohl wieder gesund werden, aber ich mache mir trotzdem Sorgen.“
Endra nickt. „Das kann ich verstehen.“ Ich betrachte die Elbin etwas genauer. Sie hat ihre Lederjacke gegen ein lockeres Leinenhemd getauscht. Ich bin etwas irritiert, als sich besagtes Hemd auf eine seltsame Weise bewegt. Endra scheint meinen Blick zu bemerken. Sie legt zwei ihrer Finger an ihre Lippen, um mir zu deuten, nichts zu sagen. Erst bewegt sich ihr Hemd noch einmal, dann streckt ein kleines, kuscheliges Tierchen mit großen Augen sein winziges Köpfchen aus dem Leinenhemd. So schnell es aufgetaucht ist, so schnell verschwindet das kleine Tier auch wieder. Natürlich bewahre ich dieses kleine Geheimnis für mich. „Ist aber schon ganz schön deprimierend, hier zu sitzen, oder?“
„Mir bleibt nichts Anderes übrig. Ich kann ihn nicht alleine lassen.“ Mein Blick schweift zu Killian, aber dann wieder zurück zu Endra. „Wenn er aufwacht, soll er wissen, dass er nicht alleine ist. Außerdem muss sich doch jemand um sein Fieber kümmern.“ Ich stehe auf, nehme das Tuch von Killians Stirn und tunke es noch einmal in das Winterminzwasser ein, bevor ich es ausdrücke und wieder auf seine Stirn lege. Meine feuchten Hände wische ich an meinem Hoodie ab.
Endra schnuppert, dann nickt sie. „Winterminzöl, ich liebe den Duft. Ich behandle auch meine Tiere damit, das Öl hilft gegen Schädlinge.“ Ich schnuppere an meinen Händen, lasse sie dann aber sinken. „Magst du den Duft?“
„Um ehrlich zu sein ist mein Geruchssinn nicht besonders gut.“
„Das ist ja seltsam.“
Die Heilerin tritt an uns heran. Sie reicht mir eine Tasse, die ich sofort annehme. Ich wärme meine Finger daran, doch da mir die Tasse schnell zu heiß wird, stelle ich sie auf den Tisch. Um die Wärme besser zu verteilen, reibe ich meine Hände aneinander. Es tut gut, wieder ein wenig Gefühl in meine Finger zu bekommen. „Wozu sollte das Mädchen den Geruchssinn denn unter Wasser brauchen?“, fragt die Heilerin amüsiert, dann tätschelt sie Endras Schulter. „Ich kann dein Ziesel sehen, aber ich mache eine Ausnahme, solange es in deiner Kleidung bleibt.“
„Danke, Miya“, antwortet Endra verlegen, dann sieht sie der Heilerin hinterher. Sie sieht mich an und flüstert: „Sie sieht und weiß alles, es ist unmöglich, etwas vor ihr zu verstecken. Sie hat eine ausgesprochen gute Verbindung zu Laileena, deswegen ist sie auch so eine gute Heilerin.“
Der Name Laileena kommt mir sofort bekannt vor, da ich aber nicht besonders bewandert bin, was die Kultur der Elben betrifft, frage ich dennoch nach: „Entschuldige, wer war Laileena?“
Endra nickt, dann antwortet sie. „Eine kurze Geschichte für die Meerjungfrau, kein Problem. Laileena ist eine der drei Schwestern. Die drei Schwestern sind unsere Göttinnen, sie leiten uns und sorgen dafür, dass es uns allen gutgeht. Laileena ist die Göttin der Natur, sie ist für unseren Stamm sehr wichtig. Die anderen beiden Schwestern sind Soreena, die Göttin der Sonne und Nureena, die Göttin des Mondes. Selbstverständlich sind alle drei Schwestern wichtig, doch für uns Waldelben hat die Natur einen sehr hohen Stellenwert. So wie das Meer für dich, würde ich schätzen.“
Ich nicke leicht, dann blicke ich zu Killian. „Die lange Version dieser Geschichte würde Killian sehr gut gefallen.“ Ich greife nach meiner Tasse, um mich wieder daran zu wärmen. „Er lernt gerne etwas über neue Kulturen. Ganz besonders über unsere Welt.“
„Unsere Welt? Dann kommst du nicht aus der Trümmerwelt? Hattest du das nicht gesagt?“, fragt Endra verwirrt nach.
„Nein, ich bin irgendwie in seiner Welt gelandet. Das ist eine lange Geschichte und ich weiß selbst nicht genau, was passiert ist. Das alles ist sehr kompliziert.“
Endra schweigt einen Moment, dann nickt sie leicht. Mit ihrem Zeigefinger tippt sie an ihr Kinn. Das Ziesel, das sich eben noch in ihrem Hemd versteckt hatte, klettert nun auf ihre Schulter und schnuppert an ihrer Wange. Leider kann ich keinen genaueren Blick auf das Tier werfen, da es schnell wieder unter dem Stoff verschwindet. „Bei den vielen seltsamen Ereignissen in den letzten Monden ist alles kompliziert und verwirrend“, stimmt sie mir zu. Endra steht auf, dann beugt sie sich über Killian, um ihn etwas genauer zu betrachten. „Er sieht so normal aus, also dafür, dass er aus dieser seltsamen Trümmerwelt kommt.“
„Ich nenne sie die Menschenwelt.“
„Wieso das?“, fragt Endra amüsiert nach. „Leben dort nur Menschen?“
„Ja“, antworte ich ihr. „Ich habe zwar auch Feen gesehen, aber sonst leben dort nur Menschen und Tiere, aber es gibt keine anderen Wesen.“
Endra setzt sich wieder neben mich. Sie lehnt sich mir interessiert entgegen. „Ist das nicht langweilig? Nur Menschen? Kommt mir sehr eintönig vor.“
Ich zucke mit den Schultern. „Es ist oder war eine sehr komplizierte Welt. Es ist sehr viel passiert und ich weiß nicht, was ich gerade denken soll.“ Ich stelle die Tasse wieder zurück und fasse an meine Stirn. „Irgendwie ergeben all die Erlebnisse in meinem Kopf im Moment keinen Sinn. Falls sie jemals überhaupt irgendeinen Sinn ergeben haben.“
Endra nähert sich mir noch ein wenig. „Fühlst du dich nicht gut? Du wirkst noch blasser als dein Menschenfreund.“
Ich schüttle den Kopf. „Ich brauche nur eine Pause, um mich auszuruhen.“
„Ich kann dich zum Fluss bringen, wenn du möchtest. Das Wasser ist zwar kühl, aber es ist tief genug, sodass man schwimmen kann.“
Ein weiteres Mal schüttle ich den Kopf. „Ich bleibe lieber bei Killian. Ohne ihn will ich nicht weggehen. Er braucht mich, wenn er wieder aufwacht.“
„Ich kann das verstehen. Wenn Yulina hier liegen würde, würde ich sie auch nicht alleine lassen.“ Endra erhebt sich von ihrem Stuhl, dann stellt sie ihn zur Seite. „Dann hätte ich auch die Antwort auf meine unausgesprochene Frage. Ich wollte dir anbieten, bei uns zu übernachten. Falls du es dir anders überlegst, musst du nur der Eule folgen. Sie sitzt draußen am Zaun und wartet.“
„Vielen Dank für das Angebot, aber ich werde hierbleiben, bis Killian wieder aufwacht.“
„Gut, dann komme ich morgen Früh, um nach dir zu sehen. Gute Nacht, Ilaria.“ Sie beugt sich noch einmal über Killian. „Laileena wacht über dich, Killian.“ Die Elbin schenkt mir noch ein Lächeln, dann verabschiedet sie sich auch von der Heilerin, ehe sie die Hütte wieder verlässt.
Als Endra die Tür hinter sich schließt, zieht die Stille wieder ein. Das Knistern des Feuers würde für eine entspannte Atmosphäre sorgen, wenn mein Geist diese Entspannung zulassen würde. Müde wache ich an Killians Bett. Ich halte seine Hand, sorge dafür, dass das Tuch immer feucht und kühl bleibt und wische über sein Gesicht und seinen Hals, um ihn richtig abzukühlen. Zu einer weiteren Tasse Tee bekomme ich ein Stück Brot und etwas Käse, wovon ich allerdings nicht allzu viel essen kann. Die Ungewissheit und die Schuldgefühle bereiten mir Magenschmerzen und verderben mir den Appetit. Meine Augen werden immer müder. Auch die Heilerin geht zu Bett, sie bietet mir allerdings an, sie jederzeit zu wecken, sollte ich etwas von ihr brauchen.
Um mich wach zu halten, spaziere ich auf und ab, dabei merke ich allerdings, wie schwer es mir fällt, auf den Beinen zu bleiben. Selbst einen Gedanken zu fixieren und mich darauf zu konzentrieren, fällt mir schwerer und schwerer. Da die Kälte in meinem Inneren selbst in eine Decke gewickelt vor dem Feuer nicht besser wird, beschließe ich, mich zu Killian ins Bett zu legen. Bevor ich jedoch zu ihm ins Bett klettere, befeuchte ich noch einmal das Tuch an seiner Stirn. Müde reibe ich mir ein Auge, dann atme ich tief durch. Lange kann die Nacht nicht mehr dauern, doch bis zum Morgengrauen schaffe ich es nicht mehr, da bin ich mir sicher.
„Hoffentlich störst du dich nicht daran, dass ich dir etwas Platz stehle“, flüstere ich meinem Liebsten zu, als ich zu ihm unter die Decke schlüpfe. Die weiche Wolldecke nehme ich ebenfalls mit ins Bett. Ich kuschle mich an Killians unverletzte Seite und sorge dafür, dass wir gut zugedeckt sind. Liebevoll küsse ich seine Wange, ehe ich mich an Killians Schulter schmiege. Ich spüre sofort, wie warm sich sein Körper anfühlt, deutlich wärmer als sonst. Ich male mir aus, dass er sich über die kleine Abkühlung freuen würde, wenn er bei Bewusstsein wäre. Langsam zeichne ich mit meinen Fingern kleine Kreise auf Killians Brust. Ich berühre nicht nur seine Haut, sondern auch seinen Verband. Den Stoff unter meinen Fingerkuppen zu spüren, erinnert mich schmerzlich daran, wieso wir beide in diesem Bett liegen. Selbst mit geschlossenen Augen sehe ich Killians blasses Gesicht vor mir. Meine Finger kribbeln, ich scheine das Gefühl in ihnen zu verlieren. All meine Gedanken brechen aus mir heraus. Tränen laufen über meine Wangen. Schluchzend küsse ich Killians Schulter. Wenn er die heutige Nacht doch nicht überstehen sollte, will ich so nah wie möglich bei ihm sein. Ich wische mir die Tränen von den Wangen und küsse Killians Haut erneut. „Es tut mir leid, Killian. Wenn ich dich nicht dazu überredet hätte, in das grüne Licht zu gehen, dann würde es dir jetzt gutgehen.“ Die Tränen scheinen immer mehr zu werden. „Ich liebe dich. Bitte werde wieder gesund, hörst du?“ Erneut schließe ich meine Augen, dann atme ich tief durch. „Ich liebe dich so sehr.“ Ich ziehe meine Nase hoch, dann wische ich wieder über meine Wange. „Alles wird gut. Ja, alles wird gut, das hast du mir versprochen. Ich erinnere mich. Alles wird gut und du wirst aufwachen und es wird dir besser gehen.“ Ich nicke, um mir selbst meine Worte zu bestätigen. Je öfter ich es sage, desto eher wird es wahr, da bin ich mir sicher.
Mir entkommt ein weiteres Schluchzen. Ich bin so unendlich müde. Die Kälte sorgt dafür, dass mir jede Bewegung meines Körpers Schmerzen bereitet. Ich drücke Killian vorsichtig und sanft, zum einen will ich ihm nicht wehtun, zum anderen habe ich keine Kraft mehr übrig. Obwohl ich lange dagegen ankämpfe, überwältigt die Müdigkeit mich irgendwann doch. Mein Liebster bekommt einen letzten Kuss, schon schließe ich die Augen ein letztes Mal.