Da Belletristica bald seine Pforten schließt:
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Kapitel 11:
Neue Freunde
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Auch heute genieße ich die beruhigende Wirkung des Wassers. Die Stille lindert die immer wiederkehrenden Schmerzen in meiner Seele und die unaussprechlichen Bilder in meinem Kopf. Ein kleiner Fisch schwimmt an mir vorbei, dabei streift er meine Flosse. Ich öffne meine Augen, als ich den Zippverschluss des Zeltes höre. Zu wissen, dass Killian sich beschäftigt und ebenfalls zur Ruhe kommen kann, gibt mir ein gutes Gefühl. Ob sich die Magie auch auf ihn auswirkt? Er wirkt so aktiv und zufrieden wie schon lange nicht mehr. Vielleicht ist es auch nur die Neugierde, die auch ich in seiner Welt verspürt habe.
Ein unerwartetes Geräusch zieht meine Aufmerksamkeit sofort auf sich. Killian streicht über die Saiten seiner Gitarre. Das habe ich schon ewig nicht mehr gehört. Um meine Neugierde zu befriedigen, drehe ich mich auf den Bauch und ziehe mich bis zur Hüfte aus dem Wasser, um einen Blick auf meinen Liebsten zu erhaschen. Killian sitzt auf dem Boden, seine Gitarre an seinen Schenkel gelehnt. Er streicht erneut über die Saiten, dann stimmt er seine Gitarre. Das zufriedene Lächeln in seinem Gesicht zu sehen, stimmt auch mich zufrieden.
„Du spielst ja wieder.“
Killians Blick schweift zu mir zum See. „Ja, irgendwie war mir danach.“
„Du hast nicht mehr gespielt, seit das alles passiert ist.“
Killian kratzt sich am Kopf, dann zuckt er mit den Schultern. „Wundert dich das? Ich hatte weder Energie, noch Inspiration, außerdem wäre es mir nicht recht gewesen, wenn ich irgendwelche Menschen auf uns aufmerksam gemacht hätte.“
„Und wenn jetzt jemand auf uns aufmerksam wird?“
„Dann finden wir einen Wanderweg?“, antwortet Killian fragend, dabei zuckt er wieder mit den Schultern. „Vielleicht locke ich ja auch eine neugierige Fee an, die von meiner Musik so verzaubert ist, dass sie uns nicht verarscht und zur Abwechslung mal die Wahrheit von sich gibt.“
Killians Idee bringt mich zum Lachen. Das würde mir gut gefallen. Irgendwie würde das auch beweisen, dass Musik tatsächlich etwas Magisches an sich hat. „Und du denkst, dass das funktionieren wird?“, hake ich amüsiert nach. Um es etwas bequemer zu haben und dem Stein zu entkommen, der sich mir in den Bauch drückt, ziehe ich mich etwas weiter aus dem Wasser.
„Ich wünsche es mir“, meint Killian, ehe er sich wieder seiner Gitarre widmet. Es braucht nur wenige, winzige Veränderungen an seinen Saiten, schon erklingt die erste richtige Melodie. Ich lege mich entspannt ins Gras und lausche den Klängen von Killians Gitarre. Mein Kinn bette ich auf meinen Armen. Killian spielen zu sehen, löst eine unerklärliche Sehnsucht in mir aus. Er wirkt vollkommen verändert. Friedlich. Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Frieden ist etwas, das uns schon so lange nicht mehr geschenkt wurde. Wir sollten es genießen, solange wir ihn haben.
„Hey, Prinzessin, sieh mal. Da drüben.“ Mein Blick folgt sofort Killians Nicken. Ich strecke mich, um eine bessere Sicht auf die Bäume zu bekommen. Zwischen den Blättern drängen sich einige pummelige Pilzlinge hervor. Der weiße Körper der Pilzlinge steht gut im Kontrast zu den Blättern, es ist also nicht schwer, sie zu entdecken. Als der erste Pilzling sich nun aus dem Gebüsch traut, bin ich ganz sicher, dass ich richtig gelegen habe. „Das ist das, was ich gestern gesehen habe.“
„Ja, das sind Pilzlinge“, antworte ich. „Sie scheinen sich für deine Musik zu interessieren. Wenn sie näherkommen mach nur keine zu raschen Bewegungen, um sie nicht zu verschrecken.“
„Verstanden.“
Der erste Pilzling mit rotem Hut macht einige neugierige Schritte auf Killian zu, dann winkt er quietschend seine Freunde herbei. Wahrscheinlich versucht er, ihnen die Angst zu nehmen. Ich beobachte, wie sich erst einer und dann ein weiterer Pilzling aus dem Gebüsch heraus traut. Schritt für Schritt kommen die kleinen, neugierigen Wesen immer näher an unser Zelt und somit auch an Killian heran. Ein kleiner Nachzügler rauscht aus den Blättern. Seine ungeschickten, schnellen Schritte führen dazu, dass er bäuchlings hinfällt. Nicht nur ich, sondern auch Killian hat das Schauspiel beobachtet. Er lacht leise, spricht dann aber mit gesenkter Stimme: „Ganz vorsichtig, kleiner Pilzling.“
Als das kleine, pummelige Wesen seine Freunde quietschend um Hilfe bittet, eilen zwei Pilzlinge, einer mit gelbem Hut und einer mit blauem Hut, an seine Seite. Den Pilzlingen dabei zuzusehen, wie sie einander unterstützen, hat mir immer schon gefallen. Die tollpatschigen, kleinen Wesen sind darauf angewiesen, dass sie zusammen stark sind. In dem Punkt unterscheiden wir uns nicht viel voneinander, auch wenn wir sonst nicht besonders viel gemeinsam haben.
Die Pilzlinge trauen sich immer näher an Killian heran. Einer lässt sich vor ihm im Gras nieder, zwei weitere tanzen zu den Klängen, während die restlichen Pilzlinge ihm staunend zusehen. Auch Killian scheint seine Freude daran zu haben. Die Faszination ist ihm mehr als deutlich anzusehen. Ich kann spüren, wie aufgeregt er ist und wie viel Spaß es ihm macht, mit den Pilzlingen zu interagieren. Killian lässt seine Gitarre ausklingen. Er sieht zu den Pilzlingen vor sich und zieht einen Mundwinkel hoch. Die Pilzlinge, die bis eben noch getanzt haben, springen quietschend auf und ab. Der Pilzling, der Killian am nächsten ist, hebt einen seiner Stummelärmchen und deutet aufgeregt zur Gitarre.
„Du weißt nicht zufällig, was er sagt, oder?“
„Nein, tut mir leid“, beantworte ich seine Frage. „Aber ich weiß, dass sie uns verstehen. Sie sprechen durch Gesten, man muss sich nur ein bisschen Mühe geben, dann funktioniert das mit der Kommunikation für gewöhnlich sehr gut.“
Ein Pilzling mit blauem Hut tappst zu Killian. Seine letzten Schritte sind etwas vorsichtiger, doch dann traut er sich, Killians Gitarre anzustupsen.
Killian spricht mit gesenkter Stimme, sodass ich ihn fast nicht hören kann: „Wenn man hier zupft, macht man Musik.“ Er demonstriert dem Pilzling, wie man an einer Gitarre zupft, schon macht das kleine Wesen es nach. Zu dem Ton erklingt noch ein freudiges Quietschen, was auch die anderen Pilzlinge neugierig auf Killians Gitarre macht. Als alle Pilzlinge sich nun regelrecht an Killians Gitarre drängen, um es selbst ausprobieren zu können, lacht mein Liebster herzlich. Er dreht sich in meine Richtung: „Sieh dir das an, Prinzessin. Musik verbindet unsere Welten. Niemals in meinem Leben hätte ich gedacht, dass so etwas wirklich irgendwann passieren könnte.“
Mit einem stolzen Lächeln beobachte ich, wie Killian mit den Pilzlingen umgeht. Er lässt sie seine geliebte Gitarre begutachten und spielt noch einen weiteren Song für sie. Die freudigen Gefühle, die die Pilzlinge in Killian auslösen, breiten sich auch in mir aus. Die angenehme Wärme in meinem Brustkorb zu spüren, schenkt mir ein erleichterndes Gefühl. Es geht wieder bergauf. Wir sind auf dem Weg der Besserung. Ich schließe meine Augen, um die Musik und auch das friedvolle, warme Gefühl besser genießen zu können.
༄ ♫ ༄
Während ich Holz für ein Feuer zusammensuche, freundet Killian sich noch besser mit den Pilzlingen an. Er pflückt Nini-Beeren von den obersten Blättern der Büsche, an die die kleinen Pilzlinge nicht ohne akrobatische Meisterleistungen herankommen würden und teilt sie mit den kleinen Wesen. Ich schaffe die ersten Hölzer zu unserem ausgebrannten Feuer, da merke ich, dass mir einer der Pilzlinge folgt. Auch er hat einen kleinen Ast dabei, den er zu meinem Holz dazulegt. „Oh, willst du mir helfen, kleiner Pilzling?“ Freudig hüpft er auf und ab. „Das ist aber nett von dir. Wir brauchen noch mehr Holz, damit wir ein Feuer machen und etwas essen können.“ Der Pilzling nickt eifrig und läuft voraus. Ich folge ihm wieder in den Wald. Leider stolpert der aufgeregte Pilzling über seine eigenen Beine und kullert in einen Busch. Ich kann mir mein Kichern nicht verkneifen, gehe aber in die Knie und helfe meinem neuen Freund auf. „Geht es dir gut, mein Kleiner?“ Der Pilzling strampelt mit seinen winzigen Füßchen, also setze ich ihn wieder ab.
„Alles okay?“, fragt nun auch Killian.
„Ja, ein Pilzling ist hingefallen. Es ist aber nichts passiert.“
„Die sind ganz schön ungeschickt, hm?“, hakt Killian amüsiert nach. „Ist irgendwie witzig.“
„Ja, das sind sie, aber sie helfen einander immer wieder auf die Beine. Sie sind sehr gut darin, alle Probleme gemeinsam zu lösen.“
Killian gibt ein überlegendes Brummen von sich, dann fragt er: „Und wenn alle gleichzeitig stürzen? Vielleicht durch ein Erdbeben?“
„Was ist denn das für eine Frage?“ Ich schüttle amüsiert den Kopf. Was für ein merkwürdiger Gedanke. Und irgendwie auch sehr gemein. Die armen Pilzlinge.
„Ach, ich frage mich nur, wie die Pilzlinge ihr Leben leben. Es ist interessant, magischen Wesen so nah zu sein und zu sehen, wie sie mit den kleinen Problemen in ihrem Leben umgehen.“
„Dann willst du eine Pilzling-Studie machen?“
„Das wäre auf jeden Fall sehr aufregend.“ Killians Augen strahlen förmlich, als er noch eine Beere an einen seiner Pilzling-Freunde weiterreicht. „Hier bitteschön. Nachschub kommt sofort.“
„Wenn der ganz gewöhnliche Wald dich schon so fasziniert, wirst du in einem magischen Wald tagelang nicht schlafen können.“
Killian schnaubt. „Mein Rekord liegt bei drei Tagen, vielleicht kann ich den knacken.“
„Wenn du komisch im Kopf wirst, hole ich dich zurück ins Zelt und zwinge dich zum Schlafen, nur dass du Bescheid weißt.“
„Das ist sehr fürsorglich von dir. Apropos. Kannst du uns noch einen oder zwei Fische besorgen? Ich bin schon dabei, uns Nachtisch zu pflücken.“ Killian sieht sich um. „Wenn wir noch ein paar Kräuter finden oder essbare Wurzeln, dann könnte ich etwas Neues ausprobieren.“
Ich überlege, dann sehe ich mich bereits um. „Ich kann versuchen, etwas zu finden. Vielleicht können uns ja auch die Pilzlinge helfen. Sie leben auch von den Pflanzen des Waldes.“
„Das wäre ziemlich cool.“ Killian wirkt aufgeregt. „Richtig zu kochen ist eine willkommene Abwechslung. Jeden Tag irgendwelche Tüten aufzureißen oder Dosen zu wärmen, ist auf Dauer doch etwas langweilig und gesund ist es auch nicht.“ Killian zuckt mit den Schultern. „Aber in unserer Situation tut man, was man kann oder eher muss.“
Ich überbrücke die wenigen Schritte zwischen uns und gebe Killian einen Kuss auf die Wange. „Gut, dann kümmerst du dich um das Feuer und die Pilzlinge und ich suchen nach etwas zu essen.“ Meinem Liebsten drücke ich die restlichen Holzstücke in den Arm und mache mich sofort auf den Weg, um nach etwas Essbarem zu suchen.
„Hättest du das Holz nicht vorher zum Lagerfeuer tragen können?“, fragt Killian mich verwirrt.
„Nein, bin schon zu weit weg.“ Eine Antwort bekomme ich zwar nicht mehr, allerdings kann ich Killian hinter mir lachen hören.
༄ ♫ ༄
Auf dem Weg durch den Wald plaudere ich mit den Pilzlingen. Ich erzähle ihnen, woher Killian und ich gekommen sind und dass wir durch das grüne Licht zurück in meine Welt gelangt sind. Ich frage sie außerdem nach etwas Essbarem. Unser kleiner Spaziergang ist leider nicht so erfolgreich, wie ich es mir gewünscht hätte. Die Pilzlinge führen mich zu Moos, von dem ich weiß, dass weder ich, noch Killian es essen werden. Die Blüten, die ich entdecke, eignen sich im getrockneten Zustand dazu, Tee zuzubereiten, doch als Gewürz zu Fisch sind sie leider nicht zu gebrauchen. Das einzige Kraut, das Killian zum Kochen verwenden könnte, ist Schmaler Blattlauch, ob ihm das ausreicht werden wir herausfinden, sobald ich es ihm zur Lichtung bringe. Als wir schon fast wieder auf dem Rückweg sind, entdecke ich einen schmalen Trampelpfad, der meine Aufmerksamkeit auf sich zieht.
„Wisst ihr, wohin der Weg führt?“, frage ich die Pilzlinge, worauf der erste Pilzling bereits losläuft. Nach meinen ersten Schritten zähle ich die Pilzlinge noch einmal durch, um sicher zu gehen, dass ich niemanden verloren habe. Wir folgen dem Trampelpfad und ich sehe mich immer wieder um. Auf dem Boden entdecke ich Blätter, die mir bekannt vorkommen. Ich bin ziemlich sicher, dass es sich dabei um Waldbeeren handelt, die Blätter sind leider leergegessen, also kann ich keine Beeren mitnehmen. Kaum habe ich die Idee verworfen, wird meine Aufmerksamkeit von etwas Neuem abgelenkt. Zwischen den Blättern der Sträucher blitzt etwas Rotes hervor. Wenige Schritte weiter finde ich heraus, worum es sich handelt. Auf einem schmalen Baum am Rand des Trampelpfades finde ich ein rotes Tuch. Es wurde an einen Ast gebunden. Da es schon etwas verwittert und schmutzig ist und auch einige Risse hat, hängt es wohl schon länger an dem Ast. Das rote Tuch ist nicht das Einzige, das ich entdecke. Auch der Stamm des Baumes wurde mit einer roten Markierung versehen. Je weiter wir gehen, desto mehr Markierungen entdecke ich an den Bäumen links und rechts neben mir. Meine Augen weiten sich vor Freude, als ich schließlich einen breiten Wanderweg entdecke. Dass der Tag immer besser wird, kann ich nun nicht mehr leugnen.
Der Weg ist breit genug, um sogar einen Wagen durch den Wald zu führen, die Radspuren und die teilweise tiefen Abdrücke von Fußspuren sprechen jedenfalls dafür. Am Rand des Weges steht eine abgenutzte Holzbank, die wohl Wanderern zur Rast dient. Ein guter Platz, wenn ich bedenke, dass die Waldbeeren nicht weit entfernt wachsen. „In welche Richtung würdet ihr gehen? Welchen Weg sollten Killian und ich nehmen?“ Ich deute in die zwei Richtungen. „Hier oder da?“
Piepsend sehen die Pilzlinge sich an. Erst wirkt es, als würden sie wild durcheinander piepsen, doch dann scheinen sie diplomatischer miteinander zu reden. Ich warte ab, bis sie ihre Entscheidung getroffen haben. Der Weg zu meiner Linken wird zu einer Kurve, wodurch ich nicht sehen kann, wohin er verläuft. Der Weg zu meiner Rechten läuft gerade weiter, doch ein Ende ist nicht in Sicht. Außer Bäumen sehe ich nur noch mehr Bäume. Mein Blick fällt wieder auf die Pilzlinge. Sie sind sich einig. Der linke Weg ist der Weg, den die Pilzlinge wählen würden. Mit etwas Glück führt er in ein Dorf. Wir könnten vielleicht wieder in einem Bett schlafen und etwas richtiges zu essen zu bekommen, ist auch eine vielversprechende Aussicht. „Vielen Dank, meine kleinen Freunde. Was würde ich nur ohne euch machen?“ Ich atme tief durch. Ein neues Ziel vor Augen zu haben, schenkt mir einen neuen Plan, eine neue Hoffnung. Vielleicht finden wir doch noch einen Ort, an dem wir bleiben können. Voller Zuversicht spaziere ich zusammen mit den Pilzlingen den Trampelpfand zurück. Ich achte auf rote Markierungen an den Bäumen, doch der Baum, an dem das rote Tuch befestigt wurde, ist der letzte markierte Baum. Wahrscheinlich markiert er das Ende des kleinen Trampelpfades, sodass Wanderer sich nicht im Wald verlaufen. Ich kann es kaum erwarten, Killian davon zu erzählen!
༄ ♫ ༄
„Und wohin führt der Weg? Hast du irgendwelche Schilder gesehen?“, erkundigt Killian sich, ehe er wieder von seinem Fisch isst.
„Ich weiß nicht genau, wofür sie stehen, aber ich habe rote Wegmarkierungen gefunden. Wahrscheinlich sind sie dafür gedacht, dass man zum Wanderweg findet. Auf dem Boden waren auch Abdrücke von Rädern. Und da war auch eine Sitzbank, das spricht auch dafür, dass jemand den Weg benutzt. Ich bin sicher, dass wir irgendjemanden treffen werden, wenn wir nur weit genug wandern.“
„Klingt einleuchtend“, stimmt Killian mir zu, dabei nickt er. „Dieses Kraut, das du gefunden hast ist wunderbar. Schmeckt fast wie Zwiebel, aber ein bisschen würziger. Schwer zu sagen, woran mich der würzige Geschmack erinnert. Aber es schmeckt wirklich gut.“
Freudig lächle ich. Es war eine gute Entscheidung, es mitzunehmen. „Mit dem Moos hättest du wahrscheinlich weniger Freude gehabt.“
Mein Liebster schnaubt amüsiert. „Oh ja, das denke ich auch.“
„Im Nachhinein betrachtet, hätte ich es aber für die Pilzlinge mitnehmen können. Naja, sie finden sich auch ohne uns zurecht.“
„Ja“, gibt Killian nachdenklich von sich. Er blickt Richtung Wald, in dem unsere kleinen Freunde verschwunden sind. „Schade, dass sie nicht bleiben wollten. Ich hab' noch ein paar Beeren übrig.“
„Du kannst ja stattdessen mich damit füttern“, schlage ich verspielt vor, was Killian ein freches Grinsen entlockt.
„Weißt du was, Prinzessin, ich denke, dass ich das tun werde.“ Er legt seinen Arm um mich und streichelt meinen Rücken. „Aber erst isst du deinen Fisch. Und morgen werden wir uns wieder auf den Weg machen. Der Wanderweg ist unsere beste Option, würde ich sagen.“
Ich nicke eifrig. „Der Fisch ist dir übrigens sehr gut gelungen. Du kannst aus so wenigen Zutaten so eine leckere Mahlzeit machen. Mit deiner Kochkunst hättest du in deiner Welt bestimmt viel Geld verdienen können.“
„Ach, nein, das denke ich nicht. So gut bin ich nicht. Ich denke, dass ich mir in den Küchen, in denen ich ausgeholfen habe ein bisschen was abschauen konnte, aber als richtiger Koch hätte ich auch deutlich weniger Zeit für meine Musik gehabt.“ Killian wiegt seinen Kopf hin und her. „Das meiste hat mir eigentlich meine Mum beigebracht. Sie hat immer irgendetwas zusammengemischt, damit ich etwas in den Magen bekomme und wenn man nicht viel hat, muss man kreativ werden.“ Erst wirkt Killian ein wenig nostalgisch, doch dann schnaubt er amüsiert. „Und in einer Fantasywelt muss man wohl noch kreativer werden. Das Gras aus dem Wasser passt gut mit den Kräutern aus dem Wald zusammen. Ich glaube, dass es zu Wild oder Rindfleisch noch besser wäre. Da könnte ich mir auch eine Nini-Beerensauce gut vorstellen.“ Killian rümpft die Nase, dann isst er weiter. „Wäre aber eher nicht dein Geschmack. Das Fleisch meine ich.“
„Ja, damit hast du recht. Haben wir denn noch viele Gewürze?“
„Nein, nicht wirklich. Salz, Pfeffer, Chili und ein paar Päckchen Zucker und Ahornsirup. Deine Erdnussbutter, wenn man die dazu zählt. Wir müssen so viel mit uns herumtragen, dass wir Abstriche machen müssen.“
Ich nicke leicht. „Das wird ein Ende haben, wenn wir irgendwo angekommen sind.“
„Und du denkst, dass wir bald etwas finden?“
Ich zucke mit einer Schulter. „Könntest du dir vorstellen, vielleicht in meiner Welt zu leben? Jetzt, da es keine Fantasie oder ein Tagtraum mehr ist?“
„Wenn wir etwas finden, wo wir beide uns wohlfühlen können, hätte ich nichts dagegen“, antwortet Killian zuversichtlich. „Eigentlich gefällt es mir sogar hier sehr gut und wenn der Geist des Waldes es erlauben würde, würde ich sofort mit dir eine Hütte hier auf der Lichtung bauen.“
„Ein schöner Gedanke“, gebe ich leise von mir, dann esse ich wieder von meinem Fisch. „Der Gedanke an Normalität ist angenehm beruhigend.“
„Naja, wenn wir tatsächlich in einem Dorf landen, in dem alles läuft, als wäre nie etwas passiert, wäre ich wahrscheinlich überfordert vor Normalität.“ Killian pflückt sich ein Stückchen Fisch aus dem Bart und steckt es in den Mund, dann leckt er seine Finger ab und isst weiter.
Nachdenklich antworte ich: „Kann ich mir nach all der Zerstörung in deiner Welt kaum noch vorstellen.“ Ich lasse die Schultern hängen. „Es wäre sehr ernüchternd, wenn wir dem Weg folgen und in einem verlassenen Dorf landen. Ich glaube, dann würde ich einen Tag lang nur noch weinen.“
Killian tätschelt mich tröstend. „Ilaria, nein, denk nicht in so eine Richtung. Wir bleiben positiv. Wenn unsere Wäsche morgen trocken ist, dann packen wir in Ruhe unsere Sachen und machen uns nach einem kleinen Snack auf den Weg. Und wenn wir angekommen sind, dann erwartet uns ein Dorf mit Elben und Zwergen und vielleicht sehen wir auch in paar Maera, die einen Marktstand erkunden und leckeren, geräucherten Fisch kaufen.“
„Das wäre schön“, stimme ich ihm zu. „Ein netter Gedanke. Schade, dass wir keine Silberstücke oder Ware zum Tauschen haben.“
„Uns fällt schon etwas ein“, sichert Killian mir gut zu. Sein aufmunterndes Lächeln gibt mir das Gefühl, dass auch morgen wieder ein guter Tag sein wird. Jeder Tag wird besser und besser. Vielleicht ist Normalität bald nicht nur ein Gedanke, eine Fantasie, sondern unsere Realität, unser Leben. Mit einem Lächeln streichle ich über Killians Arm. Vielleicht werden irgendwann all die schrecklichen Dinge, die uns widerfahren sind, nur noch eine verblasste Erinnerung sein. Dieser Tag kann eigentlich nicht früh genug kommen.
༄ ♫ ༄
Gründlich schüttle ich meinen Schlafsack und auch meine kuschelige Decke aus. Da wir heute unser Lager abbauen und die Lichtung hinter uns lassen, müssen wir nicht nur ein wenig aufräumen, sondern auch unsere Sachen packen. Obwohl ich mich darauf freue, weiterzuziehen und herauszufinden wohin der Waldweg führt, freue ich mich überhaupt nicht darauf, den schweren Rucksack wieder auf meinem Rücken zu tragen. Da unsere Vorräte immer weniger werden, wird zwar auch unser Gepäck leichter, eine gute Sache ist das jedoch nicht. Dafür zu sorgen, dass Killian regelmäßig etwas zu essen bekommt, ist meine wichtigste Priorität. Ich selbst schaffe es, einige Zeit ohne Nahrung auszukommen, für Menschen ist das jedoch schnell ein großes Problem.
Wir packen unsere Sachen in unsere Rucksäcke. Killian hilft mir dabei, meinen Schlafsack wieder auf meinem Rucksack zu befestigen. Obwohl ich das eigentlich auch alleine schaffen würde, lasse ich mir von meinem Liebsten helfen. Sein Lächeln bringt auch mich zum Lächeln. „Vielen Dank, Killian.“ Er greift nach meiner Hand und küsst sanft meinen Handrücken.
„Immer gerne.“ Er richtet sich auf und streicht mein Haar nach vorne, ehe er mir auch in meinen Rucksack hilft. Den Träger meiner Tasche schiebt er etwas zur Seite, sodass ich es bequem habe, während ich mein Gepäck trage. Zu guter Letzt bekomme ich einen Kuss auf die Schläfe. „Wenn er dir zu schwer ist, kann ich dir noch etwas abnehmen.“
„Nein, das ist in Ordnung. Ich komme gut zurecht.“
„Falls sich das ändert, musst du nur etwas sagen.“ Killian legt seinen Rucksack an, dann sieht er sich um. „Okay, bis auf das bisschen Kohle von unserem Feuer und die plattgedrückte Wiese ist alles wie gehabt.“ Ich schmunzle über Killians Aussage. Den Geist des Waldes nicht wütend zu machen und sorgsam mit meiner Welt umzugehen, hat er sich sichtbar zu Herzen genommen. „Dann können wir gehen. Du gehst voran.“
„Hoffentlich kann ich mich noch an den Weg erinnern.“
„Das ist doch jetzt ein Scherz, oder?“, fragt er fast schon erschrocken nach, worauf ich loslache.
„Ja, ein bisschen. Wir werden den Weg finden.“ Killian schüttelt den Kopf. „Komm, lass uns gehen.“
Wir spazieren durch den Wald. An einigen Stellen kann man sich ganz gut bewegen, an anderen Stellen wird es etwas enger, besonders für Killian, da er doch etwas breiter gebaut ist, als ich es bin. Mein Liebster hält meine Hand, als ich über einen umgefallenen Baum steige. An den Baum erinnere ich mich besonders, weil die Pilzlinge durch ein Loch im Baum geschlüpft sind. Im Wald ist es angenehm kühl, Vögel zwitschern fröhlich ihre Lieder und ich bin ziemlich sicher, dass ich das Schimmern einer Fee zwischen den Blättern entdeckt habe. Killian und ich zwängen uns durch einige Büsche. Ohne meinen Rucksack war ich deutlich agiler. Und auch die Pilzlinge hatten es auf dem Weg einfacher. Immer wieder suche ich nach besonderen Eigenheiten, an denen ich mich orientieren kann. An einen mit Moos bewachsenen, großen Stein kann ich mich auch erinnern, wir sind also noch auf dem richtigen Weg.
„Ah, fuck“, höre ich Killian hinter mir fluchen. Ich bleibe selbstverständlich sofort stehen und drehe mich zu ihm um.
„Was ist passiert?“
„Hier ist alles so verwachsen“, antwortet er. Er befreit sich von einem mit Dornen besetzten Ast, der sich scheinbar in seinem Shirt verhakt hat. „Ganz schön spitz.“
Ich eile ihm sofort zur Hilfe und rette meinen Liebsten vor der bösen Pflanze. „Hast du dich verletzt?“
„Ist nicht schlimm, nur ein paar kleine Kratzer.“
„Lass mich sehen“, bitte ich ihn ruhig und lege meine Hände bereits an seinen Unterarm. Ich sehe mir Killians Arm an und schiebe sogar den Ärmel seines Shirts ein wenig höher, um mir seine deutlich hellere Haut ebenfalls anzusehen, dabei bin ich ganz vorsichtig. An seiner Haut sind einige Kratzer und etwas Blut zu entdecken, doch seine Verletzungen sehen nicht weiter schlimm aus. Als ich besorgt zu Killian sehe, lächelt er mich nur an.
„Ist nichts passiert“, antwortet er. „Hat auch gar nicht wehgetan.“ Er streicht über meinen Arm und sieht sich in der Gegend um. „Was wohl die Pilzlinge so treiben?“
„Wahrscheinlich stolpern und kullern sie durch den Wald, auf der Suche nach etwas zu essen.“
Killian schnaubt amüsiert. „Denkst du, dass wir vielleicht wieder welche zu Gesicht bekommen?“
Ich zucke mit den Schultern, dabei spüre ich wieder das zusätzliche Gewicht, das mich belastet. „Bestimmt. Sie sind in den meisten Wäldern zu finden und sie sind besonders zutraulich, wenn es Wanderwege durch den Wald gibt oder sich ein Dorf oder eine Stadt in der Nähe des Waldes befindet. Viele Wesen füttern sie, weil sie so niedlich sind.“ Ich drehe mich wieder um und gehe weiter. Killian folgt mir.
„Tja, das ist ziemlich clever von ihnen. Es ist natürlich deutlich einfacher, wenn wir ein paar Beeren pflücken und sie keine Pilzlingpyramide bauen müssen, um an etwas zu essen zu gelangen. Die kleinen Frechdachse haben ja auch einen gesunden Appetit, da dauert es bestimmt eine Weile, um genug für alle zu finden.“
Das Bild in meinem Kopf gefällt mir. Meine Fantasie spinnt es sogar weiter und ich füge viele kleine Details hinzu. Mit einem Lächeln erzähle ich Killian davon: „Ich sehe unsere Zukunft deutlich vor uns. Wir haben ein kleines Haus und einen Garten und einen Haufen Pilzlinge, die du mit deiner Musik angelockt und sie zu unseren Haustieren gemacht hast.“ Ich kichere bei der bildlichen Vorstellung. „Wenn das Häuschen noch an einem See oder Fluss steht, kann ich mich eigentlich nicht weiter beschweren.“
„Wie funktioniert das eigentlich in eurer Welt? Wie kauft man denn ein Stück Land? Und wie teuer ist so etwas?“
Ich überlege kurz, dann steige ich über eine Wurzel. „Um ehrlich zu sein, weiß ich das gar nicht. Die Kreischenden Inseln sind recht abgelegen mitten im Ozean, die gehören einfach zu unserem Zuhause. Und wenn wir unterwegs sind, dann rasten wir in Tavernen oder schlagen ein kleines Lager auf, so wie wir das mit unserem Zelt machen. Die Preise auf Bauernmärkten sind auch immer Verhandlungssache und wenn wir in einer Taverne rasten, tauschen wir meistens Schmuck gegen ein kuscheliges Bett und leckeres Essen.“
Ich höre Killian hinter mir lachen, also werfe ich einen Blick über meine Schulter. „Was ist denn so witzig?“
„Nichts, es ist nur fast so, als hättest du von den Erwachsenendingen, mit denen wir Menschen in unserer Welt konfrontiert werden, überhaupt keine Ahnung. Wie ein Kind, das sorglos in den Tag lebt.“
Ich bleibe stehen und mustere Killians Gesicht. Etwas skeptisch frage ich nach: „Ist das etwas Schlechtes?“
Killian hebt beschwichtigend seine Arme und schüttelt den Kopf. „Nein, nein, überhaupt nicht, aber es erinnert mich gerade wieder an die Unterschiede zwischen deinem Volk und uns Menschen aus der Menschenwelt, wie du sie gerne nennst.“ Er lächelt mich an. „Um ehrlich zu sein bin ich sogar ein wenig neidisch auf diese Sorglosigkeit.“
Frech grinse ich Killian an, dann spreche ich: „Dann lass dir endlich eine Flosse wachsen, dann nehme ich dich mit in die Flüsternde Stadt.“ Ich mache eine ausladende Geste. „Nun, vorausgesetzt wir finden die Östliche Küste.“
Killian nickt überlegend. „Okay, neuer, spontaner Plan. Wir finden erst den Wanderweg, dann hoffentlich ein Dorf, dann suchen wir die Östliche Küste und wenn wir da sind überlegen wir uns, wie wir das mit der Flosse machen.“
Killian bringt mich zum Lachen. Ich gebe ihm einen sanften Schubs. „Das klingt in der Theorie erfrischend einfach.“
„Ja, die Details müssen wir wohl noch etwas durchspielen, aber als roter Faden ist das nicht so übel.“
Nun nicke ich. „Ja, das ist wohl wahr. Lass uns weitergehen und die Idee reifen lassen.“
Killian und ich spazieren weiter durch den Wald. Vorbei an Bäumen und Büschen, vorbei an Feen, die sich kichernd hinter den Blättern der Baumkronen verstecken. Als Killian einen großen Stein entdeckt, bittet er mich um eine Pause. Er stellt seinen Rucksack ab und auch ich mache es mir auf dem Boden gemütlich. Aus meiner Tasche ziehe ich meine Wasserflasche, die wir mit dem Wasser aus dem kleinen See aufgefüllt haben. Dankend nimmt Killian die Flasche an. Er trinkt einen großen Schluck. Mit seinem Unterarm wischt er sich den Schweiß von der Stirn. Er nimmt einen tiefen Atemzug.
„Ist alles in Ordnung?“, frage ich nach, dann hebe ich meine Hände, um sie an seinen Hals zu legen.
„Oh, das tut gut, du bist wie eine wandelnde Klimaanlage.“
„Wir sollten eine Pause machen, du siehst sehr erschöpft aus.“
Killian nickt zustimmend, dann trinkt er noch einen Schluck Wasser. „Ist es denn noch sehr weit bis zu dem Weg?“
„Eigentlich nicht, aber das alles hat keine Eile. Der Wanderweg wird uns nicht davonlaufen.“ Ich nehme meine Hände von Killians Hals, dann öffne ich meine Tasche und ziehe ein Taschentuch heraus. Killian nimmt es an sich und wischt sich damit über das Gesicht.
„Kaum entspannt man sich und rastet ein paar Tage, rostet man ein.“
„Das du auch immer all die schweren Sachen alleine tragen willst.“
„Ich fürchte, dass du nach hinten umkippst, wenn wir unser Gepäck tauschen und dann liegst du wie eine Schildkröte auf dem Rücken und kannst nicht aufstehen.“
Killian bringt mich zum Kichern. „Dann lässt du mich nicht helfen?“ Er schüttelt den Kopf. „Wieso nicht?“
„Weil du mein Mädchen bist und ich das nicht möchte“, antwortet er mir, dann lächelt er mir zu. „Nur ein paar Minuten, dann können wir weitergehen.“ Auf Killians Stirn bilden sich bereits wieder Schweißperlen.
Besorgt mustere ich ihn, dann lege ich meine Hand an seine Wange. „Du fühlst dich ganz schön warm an.“ Killian greift nach meiner zweiten Hand und legt sie an seine zweite Wange, dann schließt er seine Augen.
Aus den wenigen Minuten wird schnell eine viel längere Pause. Killian fühlt sich nicht wohl und das ist ihm auch deutlich anzusehen. Obwohl er nicht möchte, dass ich ihm helfe, bleibe ich an seiner Seite, während er sich übergeben muss. Ich befeuchte ein Taschentuch und warte, bis er sich wieder aufsetzen kann, dann reiche ich es ihm. Vielleicht war es doch keine gute Idee, das Kraut aus dem Wald mitzunehmen. Menschen vertragen es wohl nicht besonders gut.
„Geht es dir besser?“, frage ich ihn, worauf er mich nur aus glasigen Augen ansieht. „Killian?“
„Ich muss mich kurz hinlegen. Nur eine kurze Pause, dann können wir weiter. Ich bin bald wieder fit, versprochen.“
Wir nehmen von Killians Erbrochenem Abstand. Ich stütze ihn die wenigen, anstrengenden Schritte, dann sinke ich mit ihm zu Boden. In dem Zustand kann er auf keinen Fall weitergehen. Ich breite Killians Schlafsack aus, sodass er sich hinlegen kann. Seinen Kopf bette ich auf meinem Schoß, in der Hoffnung, dass mein kühler Körper ihm etwas Linderung verschafft. Meinen Rücken lehne ich an den Stein, auf dem Killian sich für seine Pause niedergelassen hat. Vorsichtig und liebevoll streichle ich Killians Kopf. Ich befeuchte außerdem ein weiteres Taschentuch, um ihm den Schweiß von der Stirn und dem Hals zu wischen. Meine Finger zittern ein wenig, auch mein Herz schlägt viel schneller, als es eigentlich sollte. Trotz seiner gebräunten Haut wirkt Killian blass und alles andere als gesund. Besorgt presse ich meine Lippen zusammen, dabei wische ich ein weiteres Mal über seine warme Stirn.
„Kannst du mich hören?“, frage ich leise, worauf Killian tief durchatmet.
„Haben wir noch Wasser?“, fragt er kratzig,
„Natürlich.“ Ich öffne meine Flasche und helfe Killian dabei, sich ein wenig aufzurichten. Gerade so weit, dass er etwas trinken kann. „Hier, vorsichtig, damit du dich nicht noch verschluckst.“
„Danke, Prinzessin.“ Killian trinkt etwas Wasser, dann lässt er seinen Kopf wieder auf meinem Oberschenkel ruhen. Seine Augen sind geschlossen. „Tut mir leid.“
„Das muss es nicht. Wir brauchen beide eine Pause. Eigentlich ist das sogar ganz gut. Meine Füße sind ohnehin viel zu müde zum Weiterlaufen.“
Auf Killians Lippen zeichnet sich ein leichtes Lächeln ab. Seine Stimme klingt brüchig, als er spricht: „Du bist so eine verdammt beschissene Lügnerin.“
Ich streiche Killians schweißnassen Haarsträhnen aus seiner Stirn. Damit das feuchte Tuch wieder etwas kühler wird, schüttle ich es kurz, dann wische ich über seine Haut. „Ich hätte dir kein Kraut aus dem Wald bringen dürfen. Entschuldige, Killian. Ich dachte wirklich, dass ihr Menschen es essen könnt. Ich könnte schwören, dass es in der elbischen Küche und auch in der zwergischen Küche verwendet wird. Und Zwerge kochen sehr oft für Menschen.“
„Es ist nicht deine Schuld. Kannst du deine Hand an meine Stirn legen? Die ist so schön kühl.“
Ich nicke leicht, dann erfülle ich Killian seinen Wunsch. „Es tut mir trotzdem leid.“
„Morgen bin ich wieder ganz der Alte.“
„Das hoffe ich“, flüstere ich leise, dann sehe ich auf.
Um uns herum wird es immer dunkler. Da ich Killian nicht alleine lassen kann, habe ich nicht die Möglichkeit, aufzustehen und nach Feuerholz zu suchen. Besonders viel Platz habe ich für ein Lagerfeuer auch nicht. Damit ich nicht die gesamte Nacht im Dunkeln verbringen muss, ziehe ich eine der Kerzen, die ich von der Ranch mitgenommen habe, aus meiner Tasche. Mit meinem Feuerzeug entzünde ich den Docht und stelle die Kerze zur Seite. Durch die Angst um meinen Liebsten wird es mir bestimmt nicht besonders schwerfallen, die ganze Nacht wachzubleiben, um auf ihn aufpassen zu können.
Das Singen der tagaktiven Vögel wird durch das unheimliche Rufen von Eulen und anderen nachtaktiven Tieren abgelöst. In der Ferne kann ich das Brummen eines Trolls hören. Die Vibrationen seiner Schritte sind bis zu uns spürbar. Als ich ein Rascheln in einem der Gebüsche wahrnehme, schlucke ich hart. Da ich nicht erkennen kann, was gerade auf uns zukommt, werden die Zweifel und Ängste in mir immer größer. Ich greife nach Killians Messer, das sich immer noch an seinem Gürtel befindet, und nehme es an mich.
Tapfer beiße ich meine Zähne zusammen und hoffe, dass mein natürlicher Geruch ausreicht, um die wilden Tiere von uns fern zu halten. Mit zittrigen Fingern halte ich das Messer in der Hand und erhebe meine Stimme: „Wer auch immer da ist. Ich bin bewaffnet und ich werde nicht zögern, dich anzugreifen.“ Das Rascheln kommt immer näher und als ich die Blätter wackeln sehe, strecke ich das Messer von mir und Richtung Busch. „Los, verschwinde!“