Hinter der Tür erwartet dich ein kreisrunder, weißer Raum. In seiner Mitte befindet sich ein Podest, auf dem ein schwarzer Stuhl steht, der beinahe wie ein Bürostuhl aussieht. Dicke, schwarze Schläuche hängen von der Decke und laufen in den Stuhl, der Kontrast zwischen schwarzem Leder und milchweißer Wand ist surreal.
„Setzen Sie sich“, sagt ein Polizist und du wirst auf den Stuhl geführt. Ehe du dich wehren kannst, schließen sich feste Riemen um deine Handgelenke und Beine und fesseln dich an den Sitz. Du willst dich bewegen, aber du kannst es nicht.
„Was … was passiert jetzt?“, fragst du mit zitternder Stimme.
„Der Vollstrecker kommt in einer Minute“, sagt dir einer der Polizisten und dann wendet sich die Gruppe im Gleichschritt zum Gehen.
„He – warten Sie!“, brüllst du, doch schon sind die Wachen fort.
Du reißt an den Riemen, die sich nicht rühren wollen. Doch dann stoßen deine Finger auf spitzen Widerstand. Du zerrst an dem Gegenstand und schaffst es, einen Nagel aus der Lehne zu ziehen. Schnell versuchst du, mit der Spitze den Riemen aufzuribbeln.
Die Tür geht auf und du hältst schuldbewusst inne. Eine Gestalt in einem langen, schwarzen Gewand kommt herein, das Gesicht ist unter einer spitzzulaufenden Habe verborgen. Sie zückt ein Papier, das in den großen, schwarz behandschuhten Händen der Gestalt winzig aussieht.
„Guten Tag“, sagt die Gestalt mit ausdrucksloser Stimme. „Ich bin Ihr Vollstrecker. Sie wurden wegen gefährlichen Manipulationen festgenommen. Ihre Strafe ist die Todesstrafe, Sie haben zwei Minuten.“
„Nein!“, heulst du auf, als dir der Sinn dieser Worte aufgeht. „Das ist ein Irrtum! Lassen Sie mich frei, bitte!“
„Bitte toben Sie nicht“, sagt der Vollstrecker und geht an dir vorbei. Du hörst ihn an der Wand hinter dir herumhantieren, etwas piepst, etwas anderes knirscht.
Du erinnerst dich an den Nagel und verstärkst deine Bemühungen. Tatsächlich reißt das Leder und du hast die erste Hand frei. Schnell befreist du nun deine zweite Hand, dann reißt du die Fesseln von deinen Beinen. Als du von dem Stuhl herunterstolperst und dich umdrehst, kommt der Vollstrecker soeben mit einer riesigen Spritze auf dich zu.
„Stehen bleiben!“, brüllt die schwarze Gestalt.
Du drehst dich um und rennst durch die Doppeltür. Heulend folgt dir der Vollstrecker, Türen zu allen Seiten fliegen auf und weißgekleidete Polizisten rennen auf dich zu. Du folgst dem Gang und ein Fenster an der Seite des Flurs weckt deine Aufmerksamkeit. Komisch, an das Fenster kannst du dich überhaupt nicht erinnern. Du läufst darauf zu und siehst eine dunkle Ebene, durch die etwas wie eine riesige, weiße Wolke schwebt.
Die Verfolger haben dich fast eingeholt. Du öffnest das Fenster, kletterst auf den Rahmen und lässt dich dann nach unten fallen. Du landest auf dem weißen Ding, das sich als gespannter Stoff entpuppt – es ist eine Art riesiger Ballon.
Du hebst den Blick nach oben, in Erwartung, das Gebäude und die wütenden Verfolger zu sehen.
Doch in dem grauschwarzen Nachthimmel schwebt nur der Fensterrahmen ohne Halt in der Luft, du siehst die schwarze Gestalt des Vollstreckers und mehrere weiße Polizisten darin. Dann schlägt das Fenster zu, wohl durch einen Windstoß – und verschwindet.
Du sitzt allein in luftiger Höhe auf dem Balkon. Kein Geräusch ertönt. Kein einziges.
Lausche. Kapitel 877: