… oder lieber doch nicht
Ich gehöre zu den Menschen, die bei Begriffen, die mir nicht ganz schlüssig sind, erst einmal den Hintergrund dazu zu recherchieren. Falls ich den nicht schon weiß, schreibe ich mir einfach alles auf, was mir dazu einfällt. Dabei muss ich allerdings aufpassen, mich nicht zu verheddern und beim Thema zu bleiben. Schon in der Schule ging es mir so. Nur nannten wir es Aufsatz, wozu wir heutzutage Essay sagen. Hatte ich erst einmal den Faden aufgenommen, war kein Halten mehr und ich kam vom 100sten ins 1000stel.
Obwohl mir der Begriff prominent durchaus geläufig war, entschied ich mich, trotzdem mal Mr. Google zu befragen. Allerdings fand ich die Begriffserklärung recht eigenartig, wenn nicht sogar etwas schwer erklärt. Dies fiel mir schon bei einem anderen Thema auf, zu dem ich vor längerer Zeit recherchiert hatte.
Also machte ich mir meine eigenen Gedanken dazu: Wer ist prominent? Wie wird man prominent? Können uns Prominente nützlich sein? Bei diesen Punkten stritten sich in meinem Kopf gleich wieder die Geister. Die einen meinten, wir brauchen Prominente, zu denen wir aufblicken und die wir verehren können. Die anderen wiederum sagten, wir bräuchten keine Prominente.
Bei Verehrung fiel mir gleich Gott ein, den seit ewigen Zeiten viele Menschen verehren, ihn huldigen, zu ihm beten und was weiß ich noch tun. War Gott vielleicht sogar der erste Prominente? Wenn ja, müssten die vielen Gottheiten, die die Kelten und die vielen anderen Völker, die ich hier nicht unbedingt aufzählen will, auch Prominente gewesen sein.
Aber wenden wir uns lieber den Prominenten der heutigen Zeit zu. Ganz sicher bin ich mir nicht, ob wir sie brauchen oder nicht. Wenn ich die Gesichter der Prominenten sehe, die tagtäglich in den Zeitungen abgebildet werden, oder über die im TV berichtet wird, sind sie doch auch nur Menschen wie Du und ich. Unter der Kleidung befindet sich nur nackte Haut. Schöner als Otto-Normalbürger sind sie ebenfalls nicht, höchstens haben vor allem die Frauen mehr Makulatur im Gesicht, um jünger oder schöner auszusehen. Vielleicht sogar noch aufgespritzte Lippen, geglättete Falten im Gesicht usw. Makellose Schönheit ist heutzutage halt in. Sie stolzieren auf roten Teppichen, lassen sich von Journalisten ausfragen oder von Fotografen ablichten.
Was haben sie, was wir nicht haben? Sie sind bekannter, das ist klar. Aber warum sind sie bekannter?
Ich nehme als Beispiel die Schauspieler. Die sind bekannt durch Film und Fernsehen. Aber was ist daran so Besonderes, dass sie als prominent bezeichnet werden? Sie spielten in einem Film mit, der viel Geld in die Kassen der Hersteller brachte oder immer noch bringt und dadurch nicht nur die Schauspieler bekannter machte. Sie sind erfolgreich. Jeder andere könnte es auch sein, sollte der notwendige Ehrgeiz dazu vorhanden sein. Gute Schauspieler gibt es wie Sand am Meer. Die einen haben das Glück, ins Rampenlicht zu geraten, die anderen dümpeln so vor sich hin und hoffen auf den großen Durchbruch.
Höchstens die klingende Münze in der Geldbörse könnte mich dazu verleiten, einen Menschen als prominent zu bezeichnen. Hätte ich viel Knete auf der hohen Kante, würde mich der eine oder andere vielleicht auch als prominent betiteln. Aber Geld macht bekanntlich nicht glücklich, eher zufriedener. Zufrieden bin ich hingegen auch ohne viel Geld, lieber bin ich glücklich.
Noch ein Beispiel: Mutter Teresa. Ja, diese Frau hat etwas, was mich beeindruckt. Ich denke, da bin ich wohl nicht die Einzige, die zu ihr aufblickt und sagt: sie hat es verdient, aufgrund ihrer Taten, die sie vollbrachte. Diese indische Ordensfrau sehe ich schon sehr viel mehr als prominent an. Sie leistete etwas für Menschen, die Hilfe benötigen. Arme, Obdachlose, Kranke und Sterbende waren ihr ans Herz gewachsen. Die Menschen erhielten von ihr Zuspruch und Hilfe. Mutter Teresa erhielt 1979 den Friedensnobelpreis dafür. 2016 sprach sie Papst Franziskus sogar heilig. Na gut, bei den Heiligen streiten sich bei mir auch wieder die Geister. Manch einer glaubt daran, andere wieder nicht. Ich tue es als überzeugte Ungläubige nicht. Und trotzdem tendiere ich bei Mutter Teresa eher dazu, sie als prominent zu bezeichnen.
Da sind sie wieder, diese fürchterlichen Widersprüche, die mir das Leben schwer machen. Der eine sieht es so, der andere so. In mir kommen auch Zweifel auf, ob wir Prominente brauchen oder nicht. Wenn wir in die Presse sehen, irgendwas steht immer drin über irgendeinen Schauspieler, Politiker usw. Was wollen die auch sonst jeden Tag schreiben, um die Leser am Ball zu halten.
Sehen wir lieber zu unserer Familie, den Nachbarn oder Freund. Irgendeiner in Not wird sich bestimmt freuen, wenn wir ihm die Hand reichen und unsere Hilfe anbieten. Ein freundliches Lächeln als Dank würde mir ausreichen, um zu erkennen, da ist jemand, der sich darüber freut. Da bin ich gerne mal für denjenigen prominent, auch wenn es nicht in der Zeitung steht oder im TV gesendet wird… und last but not least – sie können uns nützlich sein, aber auch nicht.
© Milly B. / 01.12.2020