Ich hoffe, Ihr denkt jetzt nicht genau das, was mir beim Thema Goethe anfangs im Kopf herumschwirrte. Es geht in diesem Essay um den Goethe, den deutschen Dichter und Schriftsteller. Er lebte im 18. und 19. Jahrhundert (1749 – 1832) und war schon zu Lebzeiten eine berühmte Persönlichkeit. Heutzutage würden wir „prominent“ dazu sagen.
Obwohl, bei Goethe muss ich auch an den Film „Fuck you, Göhte“ denken, den ich übrigens recht amüsant fand. Der zweite Teil davon war genauso lustig, den dritten kenne ich noch nicht.
Doch nun weiter im Text zum Thema, ehe ich hier zu weit abschweife. Bei Johann Wolfgang von Goethe stelle ich mir einige Fragen: Wie war er, dieser Dichterfürst? War er glücklich? Wie kam er mit seinem Leben als „Prominenter“ zurecht? Aber auch Goethe und die Frauen tauchen da auf, wobei mich eher dieses Thema interessiert. Als allererstes fällt mir Frau von Stein ein und Christiane Vulpius, die seine Gattin wurde. Da war noch eine, doch davon später.
Vorher noch eine kurze Episode aus meinem Nähkästchen:
Zu dem lieben Goethe habe ich ein ganz besonderes Verhältnis. Obwohl ich ein Geschichtsfan bin, interessierten mich während meiner Schulzeit von 1975 bis 1985 die deutschen Dichter und Denker eher weniger. Trotzdem kam ich nicht umhin, mich gezwungenermaßen mit der Weltliteratur zu beschäftigen. In einem Schuljahr behandelten wir im Fach Literatur den „Osterspaziergang“. Ihr wisst schon:
Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
durch des Frühlings holden, belebenden Blick.
Im Tale grünet Hoffnungsglück.
Der alte Winter in seiner Schwäche
zog sich in rauhe Berge zurück… usw.
Dazu gehörte, den Text des Gedichtes auswendig zu lernen und möglichst eindrucksvoll vor der gesamten Klasse vorzutragen. Wie ich gerade letzteres hasste, könnt Ihr Euch gar nicht vorstellen. Schlimmer war nur Singen vor der Klasse.
Ich erinnere mich ebenfalls, dass ich zum „Osterspaziergang“ ein Bild malte. Es stellte ein offenes Tor in einer Stadtmauer dar, davor hübsche, gelbe Osterglocken am Wegesrand. Ein Bäumchen, geschmückt mit bunten Ostereiern zierte den Garten eines Hauses. Durch das Tor sah man Wiesen in frischem, frühlingshaftem Grün. Dazwischen schlängelte sich ein Weg, auf dem glückliche Menschen entlang spazierten. Im Hintergrund stachen hohe Berge mit Schnee auf den Spitzen ins Auge. Gut getroffen, meinte mein Kunstlehrer.
Doch ich erinnere mich auch an ein anderes Erlebnis:
Es war 1985 – kurz vor der Abschlussprüfung in der 10. Klasse. Wir hatten Prüfungsvorbereitung. Ich erhielt das Thema „Osterspaziergang“ zum Ausarbeiten und Interpretieren. Nachtigall, ich hör dich trapsen! Wie ich es bereits ahnte, war mein Thema in der Abschussprüfung in Deutsch wirklich Goethe und sein „Osterspaziergang“. Wie gut, dass ich vorbereitet war.
Der liebe Goethe war in meinen Augen jemand, der die deutsche Literatur sehr geprägt hat. Als Goethe tätig war, war die Sturm- und Drangzeit im vollen Gange und er wirkte an vorderster Front mit. Das kann nicht jeder von sich sagen. Obwohl er eigentlich Rechtswissenschaft studiert hatte und den Beruf eines Advokaten einige Zeit auch ausführte, verschwor er sich mehr und mehr der Dichtkunst. Schreiben war sein Leben, er lebte regelrecht dafür. Mit seiner Entscheidung war er glücklich, was wollte er mehr.
Bei Goethe schwenken meine Gedanken an „Götz von Berlichingen“, dem Ritter auf Abwegen und „Die Leiden des jungen Werther“, was den meisten von uns wohlbekannt ist. Wobei mir der Werther nicht so gefällt wie der Götz oder das bereits genannte Gedicht „Osterspaziergang“. Doch das ist wie alles im Leben Ansichtssache. Dass alles von Goethe geschrieben wurde, ist das Ausschlaggebende. Er war ein Fürst, ein Dichterfürst, der sein Handwerk verstand und es mit Bravour meisterte.
Als Goethe 1775 an den Hof von Weimar gerufen wurde, änderte sich sein Leben grundlegend. Wenn ich an den herzoglichen Hof von Weimar denke, könnte ich mich gleich wieder in endlosen Tiraden auslassen. Das Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach hatte was. Immerhin lag es im heutigen Gebiet Thüringens, das meine Heimat ist. Nun gut, das ist wieder ein anderes Thema, über das ich mich vielleicht irgendwann auch mal auslassen werde.
Anstatt als Advokat zu arbeiten, widmete sich Goethe in Weimar dem Theater. Etwas Besseres konnte ihm gar nicht geschehen. Ein Leben in seinem Element. Leider entstanden im ersten Jahrzehnt in Weimar nur sehr wenige Texte. Zu sehr war er in seiner Arbeit am Theater eingespannt, außerdem war er im Staatsdienst tätig. Geheimer Legationsrat, welch hochtrabender Titel.
Mit Weimar verband Goethe auch die Frauen. Wir alle erinnern uns vielleicht an die Frau von Stein, mit den lieblichen Vornamen Charlotte trug. Die gute Charlotte hatte es Goethe angetan, obwohl sie bereits verheiratet war und mehrere Kinder am Rockzipfel hängen hatte. Welch ein Filou, dieser Goethe. Nicht einmal vor verheirateten Frauen machte er Halt. Nun gut, die Frau von Stein schien gewiss eine wahre Frau von Stein gewesen zu sein. Goethes Versuche, sie zu bezirzen, trafen auf Stein. Ich denke allerdings, der Gatte der ehrenwerten Dame hatte zu sehr die Hand auf seiner Gemahlin und passte auf wie ein Schießhund, damit diese keinen Fehltritt begehen konnte. Welch ein Stein, dieser Stein, aber der Goethe hatte trotzdem bei der von Stein einen Stein im Brett. Wie wir wissen, führen auch holprige und steinige Wege zum Ziel, nur eben nicht bei der von Stein.
Dafür kam Goethe bei Christiane Vulpius zum Ziele. Die Gute bat um rechtlichen Rat für ihren Bruder, der in arge Bredouille geraten war. Als Goethe die liebliche Christiane zu Gesicht bekam, war es um ihn geschehen. Er umwarb sie nach allen Regeln der Kunst, sie wurde schwach und prompt zeugte er fünf Kinder mit der Frau. Leider war es in diesen Zeiten so, dass viele Neugeborenen nicht lange lebten. Von den Fünfen überlebte nur ein Knabe, eines der Kinder wurde sogar tot geboren. Den überlebenden Sohn nannten sie Julius August Walter, der leider noch zwei Jahre vor seinem Vater verstarb.
Goethe erkannte die Kinder ohne Skrupel als die Seinen an, obwohl er und die Vulpius damals noch nicht verheiratet waren. Ein Fauxpas für jeden höher gestellten Herrn. Das ließ Goethes Vaterstolz wohl doch gerade noch zu, seinen Sohn der Gesellschaft selbstbewusst zu präsentieren. Wahrscheinlich hat ihn die väterliche Abweisung seines Heiratsantrags, den er einer schlesischen Schönheit auf einer seiner Reisen gemacht hatte, zurück an den heimischen Herd mit Christiane getrieben. Henriette von Lüttwitz hieß die Hübsche, die ihm sein Herz in Stücke riss und aufgrund dessen er gebrochen nach Weimar zurückkehrte. Oder er war an seinem männlichen Stolz verletzt. Das ist anzunehmen, denn mit Christiane blieb er bis zu deren Tod in trauter und sehr liebevoller Zweisamkeit zusammen. Er nahm wohl an, was ich habe, das weiß ich, was ich bekomme, das weiß ich nicht. Dem Goethe war es schnuppe, ob die Verbindung zu seiner Liebsten nicht standesgemäß war. Das sagt doch schon viel. Er muss sie geliebt haben, sonst hätte er diese Last wohl nicht auf sich genommen. Die beiden mussten viel Häme der gehobenen Gesellschaft erdulden. Wahrscheinlich nahmen sie diese gerne in Kauf. Die Liebe war schließlich der Grund dafür. Was Liebe alles mit meinem Menschen tun kann, erstaunlich, damals genauso wie heute.
Christiane tat Goethe gut. Das bemerkt man auch an seinen Gedichten, die er, während er mit ihr zusammen war, schrieb. Sie führten ein leidenschaftliches Liebesverhältnis, das sich in sehr heiteren und erotischen Gedichten widerspiegelte.
Ja, Goethe und die Frauen, das ist ein Thema, über das ich unendlich lange spekulieren könnte. Die eine prägte sein Leben, auch wenn er bei ihr auf Stein biss und die sich beleidigt zurückzog, als sie von der Liaison mit der nächsten Dame erfuhr. Mit der anderen lebte er zusammen, in Liebe vereint bis an ihr Lebensende. Eine weitere andere wiederum ließ ihn abservieren, dem Vater der Guten sei Dank, dem Goethes Nase wohl nicht passte. Sonst hätte Johann Wolfgang wohl nie glücklich mit Christiane sein können.
Glück und Liebe ist das Schönste und Erhabenste im Leben, was man erreichen kann. Was ist ein Leben ohne Glück und Liebe? Ohne diese zwei Dinge könnte man sich gleich lebendig einmauern lassen. Im Mittelalter wäre das so manchen Burgherren recht gewesen. An freiwillige Bauopfer kam man auch damals nicht so einfach heran.
Neben dem, was er gerne tat, hatte Goethe auch noch Liebe und Glück. Muss man dazu, außer beneidenswert, noch mehr sagen? „Fuck you, Göhte“ auf alle Fälle nicht!
PS: Eine Nachfahrin von Christiane Vulpius starb erst 2016 im Alter von 89 Jahren.
© Milly B. / 01.01.2021