früher und heute – ein Vergleich
Wie unser Lord DD bereits sagte, ist Häuslichkeit nicht zwingend auf dem Mist der Corona-Pandemie gewachsen. Es gab sie schon sehr lange vorher. Nur, dass wir uns wohl nicht so intensiv damit befasst haben, wie zur heutigen Zeit.
Heutzutage wird Häuslichkeit wieder großgeschrieben, um uns selbst und andere zu schützen. Wer mag sich schon gerne mit dem Corona-Virus anstecken? Obwohl es nicht unbedingt sicher ist, trotz Häuslichkeit einer Ansteckung zu entgehen. Es kann überall passieren, beim Einkaufen, beim Arztbesuch usw. Das Virus ist böse und hinterhältig, lauert an jeder Ecke, um sein Opfer in einem unbedachten Moment gnadenlos zu überfallen.
Doch will ich nicht nur über die Häuslichkeit während der Corona-Pandemie schreiben. Das Thema wurde längst unendlich viele Male von unendlich vielen Leuten besprochen. Jeder hat seine eigene Meinung dazu. Ich habe die ebenfalls, wobei ich auch an mein eigenes Schicksal denke, das mich trotz strenger Häuslichkeit ereilt hat.
Wie Ihr bestimmt wisst, interessiere ich mich sehr für Geschichte. Daher habe ich mich mit dem Thema Häuslichkeit in dieser Richtung beschäftigt. Es gab sie schon viele Jahrhunderte oder auch Jahrtausende vor Corona. In einigen Ländern wird sie noch heute großgeschrieben, wobei sie sich meist auf die Frauen bezieht und nicht auch auf die Männer. Frauen wären häuslicher als Männer, was ich arg bezweifeln mag.
Zu Zeiten der Jäger und Sammler wurde alles gemeinsam getan. Da jagten auch die weiblichen Mitglieder der Sippe, wenn sie das Talent dazu hatten. Geschlechtertrennung gab es nicht. Jeder tat das, was er am besten konnte.
Erst als der Mensch sesshaft wurde, blieben die Frauen am heimischen Herd, versorgten Haus und Kinder, bereiteten das Essen oder taten Dinge, die angeblich nur Frauen tun sollten. Die Männer gingen inzwischen zur Jagd und schafften Fleisch heran. Ich sage dazu, wo bleibt denn da die Gerechtigkeit. Gut, nur Frauen können die Kinder bekommen, das ist nun mal biologisch so vorbestimmt. Aber warum soll ein Mann nicht Kinder versorgen können, oder Essen kochen, putzen usw.
Noch vor gar nicht allzu langer Zeit sah man das ganz anders als heutzutage. Ich denke da nur an das Mittelalter. Die Frauen wurden verheiratet, ohne gefragt zu werden. Sie mussten im Haushalt des Gatten bleiben, die Männer durften außer Haus ihren Tätigkeiten nachgehen. Es war sogar verpönt, wenn eine Frau das Lesen und Schreiben, oder einen Beruf erlernen wollte. Witwen allerdings durften nach dem Tod des Ehemanns ein Jahr dessen Geschäft weiterführen, wenn es keinen männlichen Erben gab oder dieser noch nicht mündig war. Bei letzterem dufte die Witwe das Geschäft bis zur Mündigkeit des Erben führen. Gab es keinen, hatte sie sich neu zu verheiraten, oder das Geschäft aufgeben müssen. Eigenartig. Einerseits wäre das Hirn der Frauen für komplizierte Denkweisen nicht ausgelegt, andererseits durften sie das Geschäft des verstorbenen Gemahls weiterführen, auch wenn dies nur ein Jahr war. Viele taten dies sehr erfolgreich.
Überdies soll es Schriften gegeben haben, in denen bewiesen wurde, dass das Hirn der Frauen minderwertiger wäre. Sehr weit entwickelt schien das Hirn der überwiegend männlichen Autoren diesbezüglich wohl nicht gewesen zu sein.
Außerdem war strikte Geschlechtertrennung angesagt. In der Kirche saßen Männlein und Weiblein getrennt, oft auch zu Hause während der Mahlzeiten. In einigen Ländern gibt es diese strikte Geschlechtertrennung sogar heute noch – dabei leben wir längst nicht mehr im Mittelalter.
In unserer Zeit lächeln wir über diese Einstellung. Auch, weil wir es uns nicht vorstellen können, uns so zu verhalten, wie es in der Geschichte beschrieben ist.
Frauen gingen zwar bereits zur Arbeit, verdienten Geld, um die Familie zu ernähren. Sie arbeiteten als Mägde, in Fabriken, in der Landwirtschaft, als Haushälterinnen, Dienstmädchen, Gouvernanten…
Erst seit Mann und Frau auch vor dem Gesetz gleichberechtigt sind, wandelte sich die Einstellung zu den Geschlechtern ein wenig. Frauen erlernten Berufe, wobei es allerdings auch wieder frauenspezifische Berufe gab, wie z.B. Lehrerinnen oder Sekretärinnen. Frauen durften den Führerschein machen und Auto fahren. Dennoch gibt es immer noch Frauen, die trotz gleicher Ausbildung weniger verdienen als ein Mann in gleicher Stellung.
Obwohl es auch territoriumsabhängige Einschränkungen gab. Während im Westen Deutschlands noch die Ehemänner ihre Zustimmung für gewisse Dinge ihrer Frauen geben mussten, waren die Frauen in Ostdeutschland schon sehr viel weiter. Sie durften alles genauso tun wie ein Mann. Die ostdeutsche Frau ging arbeiten, ohne ihren Ehemann oder Vater fragen zu müssen. Sie verdienten ihr eigenes Geld, studierten. Und noch einiges mehr. Nebenbei zogen sie wie selbstverständlich die Kinder groß, die tagsüber in Kindergärten versorgt wurden. Kindergartenplätze waren keine Rarität. Die Häuslichkeit blieb aber vor allem im Osten etwas auf der Strecke.
Wobei ich es nicht als Nachteil sehe, als Frau zu Hause zu bleiben und mich um Haushalt und Kinder zu kümmern. Auch das ist Arbeit, zeitweise auch Schwerstarbeit, vor allem, wenn mehrere Kinder im Haushalt leben.
Seit etwa einem Jahr hat die Häuslichkeit einen anderen Stellenwert eingenommen. Wir sind häuslicher, weil wir es müssen. Die Kinder dürfen nicht in die Schule, die Eltern arbeiten oft per Homeoffice und schwitzen, weil sie Kind und Beruf im Haushalt unter einen Hut bringen müssen. Wir sind es nicht mehr gewohnt, zu Hause zu bleiben, von dort aus zu arbeiten und uns gleichzeitig um die Kinder zu kümmern. Wir sehen es als Belastung an, obwohl wir uns glücklich schätzen müssten, mehr Zeit mit unserem Nachwuchs verbringen zu können.
Sonst waren die Kinder tagsüber im Kindergarten oder in der Schule. Die Eltern, oder auch nur ein Elternteil, gingen arbeiten. Falls beide nicht arbeiteten, hatten sie tagsüber Zeit für sich – konnten tun und lassen, was sie wollten, ohne Rücksicht auf die Kinder nehmen zu müssen. Das fehlt uns nun. Wie schnell ist die Zeit vergangen, die Kinder groß. Sie gehen aus dem Haus, verlassen die Eltern und gehen ihren eigenen Weg. Nur selten verlassen Kinder den elterlichen Haushalt erst, wenn sie einen Partner gefunden haben. Gemeinsame Zeit mit den Kindern kann uns niemand zurückgeben. Einmal vorbei, ist sie unwiderruflich verloren und kommt niemals mehr zurück. Und – die Häuslichkeit kommt viel zu kurz.
© Milly B. / 23.02.2021