Meine Gedanken über Klatsch und Tratsch – auf eher lustige Art und Weise an den Mann gebracht
Keiner gibt es zu, aber wir alle tun es: Klatschen und Tratschen.
Am schlimmsten sind die, die behaupten, es wirklich nicht zu tun und sich vehement mit Händen und Füßen gegen jedwede Vorwürfe wehren. Doch kaum wird ihnen der Rücken zugedreht, geht es los. „Hast du dies gehört, hast du das gehört?“, wird hinter vorgehaltener Hand geflüstert. „Nein, das gibt es doch nicht, dass du das noch nicht gehört hast. Das singen doch schon die Spatzen vom Dach.“ Und sogleich beginnt die wasserfallartige Tirade, die aus dem Mund hervorsprudelt wie aus einem Springbrunnen.
Dabei heißt es so schön: „Wer hinter meinem Rücken redet, redet mit meinem Allerwertesten.“ Manchmal ist es auch das Einzige, was über einen geredet wird. Aber will man das auch, auf diese Art und Weise die Aufmerksamkeit seiner Mitmenschen zu erregen? Ich mag es nicht. Doch behaupten, ich klatsche nicht über andere, das behaupte ich lieber nicht über mich. Denn niemand ist davor gefeit, zu tratschen und zu klatschen. Es könnte immerhin auch vorkommen, dass man es unbewusst tut und es einem nicht mal klar ist, dass man es doch tut.
Es zeugt auch nicht gerade von einer guten Kinderstube, Klatsch und Tratsch zu verbreiten. Besonders blöd wird es, wenn es an den Haaren herbeigezogen ist, was einem so unbedarft über die Lippen kommt. Wehrt sich derjenige, über den getratscht wird und schlägt volle Kanne zurück, wird es arg eng. Plötzlich steht die Klatschbase im Mittelpunkt des Geschehens. Oder, was noch schlimmer ist, ein Brief eines Rechtsanwaltes mit einer Unterlassungsklage oder eine Anzeige wegen übler Nachrede ins Haus flattert. Dann ist Holland in Nöten und Handeln angesagt.
Ach je, wie wird es lustig für viele Außenstehende, wenn sich die beiden Kontrahenten gegenüberstehen und sich Schimpfworte oder Schlimmeres an den Kopf werfen, Duellpistolen mit dazugehöriger Munition inklusive. Degen sollen sich auch gut machen. Die hinterlassen so schöne Löcher. Wieder ein Grund für Klatsch und Tratsch. Wohl dem, der es nicht aufgreift und ins gleiche Horn bläst.
„Leute“, denke ich manchmal. „Gibt es denn niemanden, der vor dem Reden sein Denkorgan einsetzt? Herr im Himmel, das glaub ich kaum. Oder hat der liebe Gott womöglich vergessen, Hirn regnen zu lassen?“
Wenn wir es genau anschauen, bemerken wir außerdem, Klatsch und Tratsch hat auch soziale Ansätze.
„Wie das?“, wird sich so mancher fragen.
Klatsch und Tratsch ist im übertragenen Sinne auch eine Art von Kommunikation, die Menschen zusammenführt oder im schlimmsten Fall trennt. Wenn die Gerüchteküche brodelt, befindet sich der Verursacher des sprachlichen Kochereignisses sozusagen gewollt in aller Munde. Er hat die Aufmerksamkeit auf sich gezogen, alle blicken ehrfürchtig zu ihm auf. Er sonnt sich in seinem Ruhm, etwas zu wissen, was andere vor ihm noch nicht einmal ahnten. Ob dies der Wahrheit entspricht, steht wieder auf einem anderen Blatt Papier.
Und derjenige, über den getratscht wird, kommt ungewollt ins Fadenkreuz einer Aufmerksamkeit, die nicht beabsichtigt ist. Ist unschön, aber leider nicht mehr zu ändern. Einmal in den Fängen von Klatschbasen, ist es schwer, sich daraus zu befreien.
Was von beiden ist nun besser? Der erste kann sich damit nicht gerade die Goldmedaille des Sieges um den Hals hängen. Er erhält höchstens eine Auszeichnung als weltbester Schundverbreiter und Großmaul. Zweiter verkriecht sich daraufhin wohl lieber in ein Mauseloch, je nachdem, in welche Richtung der Klatsch und Tratsch geht. Meist wird jedoch ein Mauseloch bevorzugt.
Da kommt bei mir die Frage auf: Gibt es eigentlich positiven Klatsch und Tratsch? Darüber müsste ich nachdenken. Auf Anhieb fällt mir dazu rein gar nichts ein.
In Sachen Kommunikation sind viele der Klatschenden und Tratschenden ein Ass. Reden müssen sie können, sonst erhalten sie keine Aufmerksamkeit. Wer sich mit Sprache gut in Szene setzen kann, ist im Vorteil. Sie beherrschen die Kunst des Redens sozusagen aus dem FF und zelebrieren diese Fertigkeit wie die Engländer ihren 5-Uhr-Tee.
Eins ist sicher, dass Klatsch wohl in der Evolution eine große Rolle spielte, um Menschen miteinander zu verbinden, Grenzen auszutesten oder zu setzen. Oder auch innerhalb einer Gruppe die Zusammenarbeit zu fördern. Damit sollten wohl Gruppenmitglieder, die nicht so aktiv waren wie andere, inspiriert werden, im Sinne der Gruppe zu handeln. Das wiederrum kam allen zugute. Ach, siehe da! Doch einen positiven Aspekt gefunden. Es geschehen noch Wunder.
Noch etwas ist sicher: Männer und Frauen, aber auch die verschiedenen Völker unseres schönen Erdballs haben eine unterschiedliche „Klatschkultur“. Bei unseren jüdischen Mitmenschen soll Klatsch und Tratsch sogar verpönt und unmoralisch sein. Wohl dem, der dies weiß und daher nicht ins Fettnäpfchen treten kann. Erstens ist das schmierig und zweitens könnte man arg ins Schleudern geraten und ausrutschen.
Weiter im Text mit der Klatschkultur von Männern und Frauen. Männer sind beim Klatsch und Tratsch verbreiten direkt aggressiv. Ein Mann sagt, was er denkt und hält damit nicht hinter dem Berg, basta! Ausnahmen bestätigen die Regel.
Frauen dagegen sind indirekt aggressiv. Von hinten um drei Ecken ins Nadelöhr sag ich zu Letzterem. Ein paar kleine Spitzen hier, ein gehässiges Wort da. Das verursacht richtig Schmerzen beim Getroffenen und geht ans Eingemachte.
In diesen beiden „Klatschkulturen“ genauer zu bohren, dazu bräuchte ich mehr Zeit und mein Essay würde wohl den Rahmen sprengen. Uninteressierte würden sich vielleicht auch langweilen und erst gar nicht weiterlesen.
Ein Wort zum Schluss. Männer und Frauen haben doch etwas gemeinsam: Sie klatschen und tratschen beide. Und wenn die Gerüchteküche brodelt, steht einer dem anderen nicht nach.
© Milly B. / 08.06.2022