Peter Easton, ein bekannter britischer Freibeuter des frühen 17. Jahrhunderts, der an der Ostküste in Harbour Grace seine Piratenfestung hatte, war auch an der Westküste Neufundlands aktiv. Easton war sich der Reichtümer bewusst, die er durch die Plünderung der im Pelzhandel mit Neufrankreich tätigen Handelsschiffe erlangen konnte. Aus diesem Grund fing er mehrere dieser Schiffe aus Quebec City und Montreal ab und machte beachtliche Beute, ehe er von einem französischen Kriegsschiff gesichtet wurde.
Easton und seine Mannschaft erkannten, dass sie dem französischen Schiff unterlegen waren und segelten daher schnell nach Neufundland zurück. Dort machten sie sich auf den Weg zur Mündung des Humber River, um sich vor den Franzosen zu verstecken. Der Legende nach beschloss Easton, seinen Goldschatz zu verbuddeln.
Das Gold wurde in drei Kisten aufgeteilt. Easton beauftragte einen Maat, selbiges zusammen mit einem anderen Matrosen in einem kleinen Boot nach Shellbird Island zu bringen, um es dort zu vergraben.
Der Maat und der Matrose taten wie ihnen geheißen. Als der Matrose die letzte der drei Gruben aufgefüllt hatte, zog der Maat seine Steinschlosspistole und schoss! Der Matrose sackte tot über der Truhe zusammen. Er wurde vom Maat begraben, damit es für das Gold einen - zumindest geisterhaften - Wächter gab.
Auf dem Rückweg zum Schiff ereignete sich im Nachfolgenden dann eine Tragödie.
An einem Abschnitt des Humber, der Devil's Dancing Pool genannt wird, wurde das Boot überflutet. Der Maat ertrank und nahm die genaue Position des vergrabenen Goldes mit sich. Easton, so heißt es, kehrte später nach Shellbird Island zurück, um nach dem Schatz zu suchen. Er verließ die Insel mit leeren Händen, das Gold verblieb tief in der Erde vergraben, beschützt durch den Geist des toten Seemanns.
Im Laufe der Jahre kursierten immer wieder Gerüchte, dass Teile des Schatzes gehoben wurden. Im späten 19. Jahrhundert hieß es sogar, dass eine der drei Truhen freigelegt und die darin befindlichen Golddublonen heimlich aufgeteilt worden seien. Irgendwann um 1934 verbreitete sich die Nachricht, dass eine zweite Truhe entdeckt worden sei. Auch hier sollen sich die Finder das Gold im Geheimen geteilt haben, so dass eine letzte Truhe nur darauf wartet, gefunden zu werden.
Viele sind der Meinung, dass die Geschichte lediglich eine Legende ist. Diese Skeptiker argumentieren, dass das Bild, welches auf der Klippe erscheint, das Ergebnis der natürlichen Erosion und das Gesicht lediglich eine zufällige Ansammlung von Felsen und Vertiefungen ist. Mit Sicherheit gibt es auf der Insel viele natürlich vorkommende Felsformationen, die wie Menschen, Tiere oder andere Objekte aussehen.
Wenn man von den jahrhundertealten Gerüchten absieht, ist auf Shellbird Island niemals Gold gefunden worden. Einige Historiker gehen mit ihren Behauptungen gar so weit, dass sie die Idee des vergrabenen Piratengoldes als eine Erfindung des 19. Jahrhunderts abstempeln.
Die Legende des vergrabenen Goldes wurde durch die Veröffentlichung von Robert Louis Stevensons Roman Die Schatzinsel im Jahr 1883 weithin populär, zudem ist sie seit Generationen ein dauerhafter Bestandteil der neufundländischen Folklore. Womöglich ist sie genau aus diesem Grund derart fest in den Überlieferungen verankert. Und solange der alte Mann im Berg auf Neufundlands Schatzinsel herabblickt, besteht immer noch die Chance, dass irgendwer das Gold findet und dadurch reich wird.
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