„Spinnst du, Freya?“ Salim runzelte die Stirn und fixierte die Katze mit seinen Augen. „Ich sagte doch, du sollst im Bau bleiben. Du bist noch nicht gesund.“
Der Kuder stand da, mitten in seinem Wald und blickte auf Freya hinab. Es war nicht das erste Mal, dass er sie erwischte, wie sie heimlich jagen ging, ohne, dass er überhaupt dazu gekommen war, sie zu heilen. Seit dem starken Schneefall litt die Katze unter einer starken Erkältung, die absolut nicht zu unterschätzen war.
„Reg dich doch nicht so auf, Salim. Ich kann tun und lassen, was ich will. Du hast nicht über mein Leben zu bestimmen.“ Ihre Augen blitzten wütend auf, während ihr Schweif aufgebracht hin und her schlug. Salim wusste, dass sie recht hatte und trotzdem. Trotzdem musste er sich doch um sie kümmern! Sie hatte ihn schließlich um Unterschlupf gebeten und er würde alles tun, damit sie wieder auf die Beine kam.
„Wenn du weiterhin meinst, aus meiner Höhle fliehen zu müssen, dann kannst du gerne zurück in dein Revier gehen.“ Kaum hatte der Kuder seine Worte ausgesprochen, da bereute er sie schon wieder.
„Du weißt genau, dass mein Bau zerstört ist“, knurrte Freya leise und ihre Nackenharre stellten sich auf, bevor ein lautes Niesen folgte. Kurz betrachtete Salim die Katze nur. Sie tat ihm leid und er war für sie verantwortlich. Verantwortlich dafür, dass sie die Todeszeit überlebte und wieder gesund wurde.
„Freya, ich weiß deine Jagdkünste wirklich zu schätzen, aber ich kann genauso gut für uns beide sorgen. Du ruhst dich jetzt aus und kurierst deine Erkältung aus, bevor du wieder hinaus in den Schnee gehst.“ Streng blickte er die Katze an, doch sie erwiderte seinen Blick ununterbrochen.
„Ich wollte jetzt sowieso zurück in die Höhle. Ich habe schließlich bereits etwas gefangen.“ Salims Blick fiel auf das junge Reh, das hinter ihrem mächtigen Körper im Schnee seinen Platz gefunden hatte. Ein starker, köstlicher Geruch ging von dem toten Tier aus und unwillkürlich lief ihm das Wasser im Munde zusammen.
„Im Gegensatz zu dir“, fügte die Katze noch hinzu und warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. Dann packte sie demonstrativ ihre Beute am Nacken und zog an ihr, bis sie sich endlich in Bewegung setzte.
Salim sah ihr nach, während sich sein Ärger langsam, aber sicher, in große Sorge umwandelte. Freya kam nur sehr langsam voran, was zum einen an der Größe der Beute lag, zum anderen aber daran, dass ihr ganzer Körper unter der Last zitterte. Sie war krank, zu krank, um jetzt hier draußen zu sein und zu jagen. Ein erneutes Niesen ließ ihr das Fell des Rehs aus den Zähnen gleiten, bevor sie sich schüttelte und den bevorstehenden Weg wieder aufnahm. Der Kuder konnte das nicht länger mit ansehen. Er musste ihr einfach helfen.
Schnell folgte er ihr und packte das Reh am Bauch, wo er ihr half, es zu ziehen.
„Was machst du da“, brummte Freya durch das Fell der Beute, während Salim sich nicht von ihrem vorwurfsvollen Unterton aufhalten ließ.
„Wie du schon sagest… Du hattest heute mehr Glück als ich. Das Reh reicht für uns beide.“ Damit schwieg er und auch das angestrengte Schnaufen auf Seiten Freyas ließ er unkommentiert. Dass sie auch nie auf ihn hören wollte! Manchmal war sie noch viel anstrengender als ein Junges, aber er hatte sie gerne bei sich. Selbst, wenn sich das Leben dadurch noch schwerer bewältigen ließ, so wollte er um keinen Preis der Welt ihre Gesellschaft missen.