Mein Name ist Fra Glich und ich spreche heute mit der freiberuflichen Lektorin sowie Hobbyautorin @Filfyn. Herzlich Willkommen, schön, dass du da bist! ;)
Stell dich doch bitte mal vor.
Mein Name ist Julia und ich arbeite seit einem halben Jahr als Lektorin. Nach dem Studium hat sich mir die Frage gestellt, was ich machen soll, und da ich mich viel mit dem Schreiben auseinandersetze und auch gut wissenschaftlich schreiben kann, habe ich beschlossen, meine Ressourcen zu nutzen. Ich habe angefangen, wissenschaftliche Arbeiten zu korrigieren und tu' das heute noch, aber nicht mehr nur. Seitdem habe ich meine Leistungen ständig erweitert im Rahmen dessen, was ich kann :)
Würdest du sagen, dass dir das Lektorieren anderer oder das Schreiben eigener Texte mehr am Herzen liegt?
Ich mache beides sehr, sehr gerne und freue mich einfach, neuen Input zu bekommen, ob jetzt durch das Lektorieren oder durch eigene Recherche. Ich brauche viel Input am Tag, sonst langweile ich mich schnell, da ist beides genau das Richtige für mich :)
Was sind die größten Herausforderungn in beiden Bereichen, hast du sie schon überwunden? Und was gefällt dir am Besten?
Die größten Herausforderungen im Lektoratsbereich liegen meines Erachtens in dem ganzen Papierkram, der zu Beginn sein muss und bei dem keiner weiß, was man eigentlich braucht. Überwunden hat man den sowieso nie so ganz, aber meine Kollegen und Kolleginnen sind die besten Ansprechpartner der Welt :). Es wird langsam. Beim Autorendasein liegt für mich die größte Schwierigkeit in der Konstanz. Ich komme manchmal zwei Wochen nicht dazu, zu schreiben, weil es stressig ist oder ich viel Arbeit habe und dann auch mal weg möchte vom PC.
Gibt es Werke, an denen du derzeit arbeitest?
Ja, ich arbeite gerade ein einer doppelsprachigen Biographie zusammen mit einer Freundin, die Übersetzerin ist. Das Buch ist bereits im Selfpublishing erschienen und bekommt eine Rundumüberarbeitung. Im September geht es mit einem historischen Roman weiter, darauf freue ich mich ganz besonders!
Worauf legst du besonderen Wert beim Lektorieren anderer Texte? Musst du hier Unterschiede je nach Genre beachten oder gehst du stets gleichermaßen vor?
Ich lege besonderen Wert darauf, die Art des Schreibens nicht zu sehr zu verändern - natürlich, Fehler müssen raus. Aber jeder Autor hat seinen eigenen Stil und ich bin nicht dazu da, diesen platt zu machen. Genrespezifisch mache ich schon Unterschiede, wobei diese auch oft im Zielpublikum begründet liegen. Die meisten Fantasyromane, die ich bekomme, sind für Teenies, während historische Romane bei mir bisher ein eher älteres Publikum ansprechen. Da, finde ich, muss man die Wortwahl schon anpassen.
Du schreibst davon, dass die Art des Schreibens bei einem Lektorat besonders berücksichtigt wird, aber wie findet man denn seinen eigenen Stil?
Ich glaube, den eigenen Stil findet man durch sehr viel schreiben. Man kann noch so viele Ratgeber lesen, aber ob man kurz schreibt oder schwülstig etc, kann man nicht ändern, glaube ich. Nur am Wortschatz kann man sicher feilen. Da hilft viel, viel lesen (mache ich übrigens auch abseits des Jobs)
Zweifelst du manchmal an deinem eigenen Schreiben wenn du beim Lektorat förmlich darauf gedrillt bist, Fehler zu finden?
JA! Ich finde mein geschriebenes seitdem konstant furchtbar und das hilft nicht sonderlich dabei, voranzukommen^^
Oje, das kommt mir sehr vertraut vor ... ich arbeite nicht als Lektorin, aber Perfektionismus hindert gewaltig am Schreiben!!
Wie gehst du allgemein mit Zweifeln oder Schreibblockaden um?
Ich bin Plotter und habe im allgemeinen eher weniger Schreibblockaden. Viel mehr fehlt mir einfach die Zeit
Wo arbeitest du am liebsten?
Am allerliebsten arbeite ich draußen auf der Terasse, wenn das Wetter es zulässt. Ansonsten bin ich sehr flexibel, aber meistens auf dem Sofa bei der Katze.
Sehr sympathisch! ;)
Welche Tipps würdest du Leuten geben, die gerne Lektor*innen werden würden?
Verkauft euch nicht unter Wert, nur weil ihr Anfänger seid! Das macht den Markt ziemlich kaputt und die Branche hat ohnehin mit Dumpingpreisen zu kämpfen. Zudem kann man bei den Preisen auch keine gute Arbeit leisten, wenn man den Stundensatz realistisch kalkuliert. Ansonsten: Lasst euch nicht vom Papierkram abschrecken und vernetzt euch unbedingt mit Kollegen, die Community ist super
Und: Legt euch ein dickes Fell zu, was Kundenkontakt betrifft!
Würdest du uns eine besondere Anekdote aus deinem Leben als Lektorin erzählen?
Eine Anekdote.. hmm. Was Witziges fällt mir leider nicht ein, aber nervige Kundenkontakte. Ich war in einem Gespräch zur Auftragsanbahnung und wurde tatsächlich gefragt, ob ich verheiratet bin oder arbeiten muss. War sehr übergriffig und ich hatte Schnappatmung. Deshalb: Legt euch ein dickes Fell zu! :)
Auf welche Erfahrung hättest du schreibspezifisch gerne verzichtet und gibt es eine Erkenntnis, die du im Nachhinein daraus ziehen kannst?
Schreibspezifisch habe ich von der Motivation, Testleser zu sein, Abstand genommen. Die erste Erfahrung war so blöd, das tu ich mir nur noch für Geld an ;). Ich hatte der Person zwei Dinge angemerkt, die beim Lesen gestört haben und die Antwort war: "Joa, schön für dich, ich änders nicht." Seitdem hab ich nie wieder testgelesen :/
Welche Pläne hast du für die Zukunft?
Meine Pläne für die Zukunft: Ich möchte vom Lektorieren und Schreiben halbwegs leben können und noch lange Spaß daran haben :)
Ich wünsche dir viel Glück und Motivation dafür!
Möchtest du sonst noch etwas sagen?
Was ich zum Schluss noch sagen will: Vertraut auf eure Fähigkeiten, dann wird das mit der Zukunft schon alles. Studiert und lernt, was ihr wollt, solange ihr damit glücklich seid ❤️
Vielen lieben Dank Julia, es hat mich sehr gefreut! Danke für deine Zeit und die ehrlichen Antworten <3