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Nach dem Prompt „Wasserbüffel/(Metall)Büffel“ der Gruppe „Crikey!“
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Der Gesang der Zikaden legte sich in die drückend schwüle Luft. Man konnte die nahende Regenzeig im Wind schmecken, und es schien, als würden all die Insekten und Pflanzen hoffnungsvoll aufseufzen. Das Grün entlang des Flusses war unmerklich dichter und dunkler geworden, dabei war der Strom noch kein mächtiges Rinnsal, wie er es bald sein würde.
Von diesem lauten Gesang des Lebens umspült glitt das buntbespannte Kanu fast lautlos dahin. Kandhirs Boot lag tief im Wasser, schwerbeladen mit seinen Waren. Er sah zurück, aber die Stege der kleinen Siedlung waren noch zu erkennen, morsches Holz, das aus dem Gebüsch am Ufer auf den Fluss ragte.
"Ha", meinte der silberhaarige Mensch leise. "Das habt ihr nun von euren falschen Göttern."
Er stieß das Paddel wieder in die Wellen und glitt weiter voran, immer der Strömung nach. Die Sonne eroberte den Himmel nur langsam. Je stärker ihr Schein wurde, desto breiter wurde auch Kandhirs Grinsen. Schließlich lachte er übermütig.
Ein Metallbüffel! Die leichtgläubigen Waldmenschen würden einen alten Lederlappen verehren, wenn man sie nur ließe. Das Leben auf dem Land musste sie dumm machen, langsam und simpel wie die Erde, nicht flink und trickreich wie der Fluss. Anders jedenfalls konnte sich Kandhir nicht erklären, wieso diese Einfaltspinsel darauf vertrauten, dass ein magisches Rindvieh ihr Dorf beschützen würde.
Er liebte solche jungen Religionen, die immer wieder hier und da im Dschungel aufflackerten, um rasch zu erlöschen. Erlöschen meistens, weil Diebe sich die heiligen Reliquien unter den Nagel rissen. Für reisende 'Händler' waren solche Glaubensgemeinschaften die beste Lebensgrundlage. Heute war Kandhir an der Reihe gewesen.
Stolz betrachtete er seine Beute, als ein Schnauben erklang. Er sah gerade noch rechtzeitig nach vorne, um einen gehörnten Kopf und einen massigen Rücken zu erblicken, die aus dem Wasser auftauchten.
Ein Wasserbüffel! Und was für einer - das Tier war größer als jeder Büffel, den er je gesehen hatte, und Fell und Hörner schimmerten kupfern, fast metallisch.
Mit panischen Schlägen versuchte Kandhir, das Kanu an dem plötzlichen Hindernis vorbeizulenken. Der Wasserbüffel trat ihm jedoch in den Weg. Der Flussmensch konnte nicht rechtzeitig bremsen und krachte in das Tier.
Doch auch jetzt floh der Büffel nicht, sondern blieb stehen und betrachtete Kandhir seelenruhig, während das Kanu kippte und alle Beute mit metallischem Klingeln zum Grund des Flusses strömte.
"Nein!", heulte Kandhir auf, als er sah, wie das Gold davongerissen wurde. Er wollte sich danach bücken, doch der Büffel bewegte unwirsch den Kopf. Ein Horn streifte Kandhir und warf ihn aus seinem Kanu.
Prustend und platschend kämpfte er gegen die Strömung an und arbeitete sich zum Ufer, wo er sich rasch an Land zog, bevor Piranhas oder schlimmere Kreaturen ihn erwischten.
Keuchend blickte er über den Fluss. Der Wasserbüffel war verschwunden, und auch der Schatz nicht mehr zu sehen. Nur das Kanu trieb, nicht weit entfernt, im Uferbehang.
"Gütige Sarasi, was war das?", flüsterte er. Doch er erhielt keine Antwort von den Göttern.