Ich stehe um 16 Uhr pünktlich vor Starbucks, da wo wir uns immer treffen. Eine Minute später steigt Simon aus dem Auto seiner Mutter aus und sie wünscht uns viel Spaß, ehe sie wieder fährt.
"Hey Simon. Weißt du was von Gabi?" Normalerweise ist sie immer diejenige die überpünltlich war. Nicht ich.
Simon sieht mich verwundert an.
"Hat sie dir nichts gesagt? Sie ist bei Finn. Er hat sich nochmal gemeldet und wollte irgendwie wieder alles gut machen oder so", erklärte er mir verwirrt. Das war auch ich. Warum hatte sie mir nichts gesagt? Wir waren Freundinnen seit der Grundschule! Da erzählt man sich doch alles oder nicht? Vor allem, wenn man sich sonst alles anvertrauen konnte.
Ich will ihr sofort schreiben, fragen warum sie mir nichts gesagt hat, aber Simon hält mich davon ab.
"Lass ihr jetzt die Zeit mit ihm. Danach kannst du sie alles fragen, was du willst. Aber jetzt solltest du sie nicht stören, wer weiß, wo sie grade bei sind..." Dabei grinste er so anzüglich, dass ich wider Willen lachen musste.
"Simon! Mensch, das will ich doch gar nicht wissen!" Ich sah ihn grinsend an.
"Aber es hat geklappt", meinte er lachend. "Lass uns jetzt losgehen, sie wird jetzt nicht doch noch plötzlich kommen." Damit ging er in Richtung der Läden los.
Als wir in dem gefühlt hundertsten Laden angekommen sind, sah ich ein Kleid, dass mich in seinen Bann zog. Es war perfekt. Weinrot, nicht bodenlang sondern nur bis zu den Knien, mit Ärmeln aus durchsichtiger Spitze bis zum Ellenbogen. Ab der Taille wurde es locker, so dass es nicht zu eng war. Die Spitze von den Ärmeln zog sich bis zum herzförmigen Ausschnitt, wo sie in den normalen Stoff überging. Obwohl ich normalerweise kein Typ der Eleganz war, so gefiel mir das Kleid so gut, dass ich es entschlossen kaufte. Auch wenn ich nicht wirklich wusste, wann ich das Kleid anziehn sollte, so musste ich es kaufen.
Simon musterte mich erstaunt, auch er wusste dass ich elegante Kleidung eigentlich nie freiwillig anzog. Entschuldigend sah ich ihn an.
"Sorry, aber dieses Kleid ist ein Traum! Ich muss es kaufen!" Ich wusste nicht, warum ich mich entschuldigte, aber ich tat es.
"Tara? Hast du das überhaupt anprobiert?", fragte er mich grinsend. Ich schlug mir mit der Hand auf die Stirn. Das wichtigste vergesse ich. Ich lächelte schief und während ich mich schon umdrehte, zwitscherte ich noch ein "Schon unterwehegs!". Ich war gut gelaunt, endlich hatte ich was gefunden. Und als ich das kleid anhatte und ich mich im Spiegel der Umkleide begutachtete, war ich wirklich erstaunt. Dieses Kleid passte perfekt, als wäre es maßgeschneidert worden - extra für mich.
"TARA! Beweg deinen Arsch da raus!", brüllte Simon. So kam es mir jedenfalls vor, denn er stand vor meiner Umkleide und hatte tatsächlich nicht sehr leise gesprochen.
"Man Simon! Du kann mich doch nicht so erschrecken!", zischte ich, während mein Herz versuchte wieder normal zu schlagen. Ich zog den Vorhang auf und als ich sein sprachloses Gesicht sah, musste ich kichern.
"WOW!", war alles, was er sagte.
Seine Augen wanderten über meinen ganzen Körper, so lange bis ich mich schon etwas unbehaglich fühlte.
"Simon", sagte ich leise.
"Das wird gekauft!", sagte er entschlossen und von seinem Grinsen war nichts mehr zu sehen. Es war wie weg gewischt.
Als ich wieder mit normalen Klamotten aus der Umkleide kam, nahm er mir das Kleid sofort aus der Hand und lief zur Kasse. Zu spät realisierte ich, was er vorhatte. "Simon!", rief ich noch, aber da hatte er es schon bezahlt. Kopfschüttelnd folgte ich ihm aus dem Laden.
Draußen drückte er mir die Tüte in die Hand und als ich ihn für den Kauf rügen wollte, legte er mir seinen Zeigefinger auf die Lippen und verdeutlichte mir, leise zu sein.
"Akzeptier es einfach und gut!", sagte er ernst und sah mich intensiv an. Viel zu intensiv, denn ich fühlte mich erneut unwohl. Da es schon kurz vor sieben war, liefen wir noch schnell zu Starbucks, denn da würde seine Mum uns abholen. Sie hatte laut Simon darauf bestanden mich nach Hause zu fahren. Sie war sehr fürsorglich, denn ich wohnte nicht weit weg, es war auch noch nicht sehr dunkel und verteidigen konnte ich mich auch. Aber lieber solche Eltern, als welche, die sich nicht für dich interessierten.
Als ich Zuhause ankam, saß mein Vater im Wohnzimmer und schaute irgendwelche Sendung.
"Hey Paps, bin wieder da!", teilte ich ihm kurz mit.
"Na meine Süße, was hast du dir denn so schönes geholt?", fragte er lächelnd. Ich zeigte ihm das Kleid.
"Das ist schön, aber wer hat dir das geholt?", grinste er. Ich freute mich, dass er wieder spaßen konnte auch wenn es mich verletzte, dass er dachte, dass ich mir sowas nicht kaufen würde.
"Also Simon hat es bezahlt, aber ich habe es mir ausgesucht."
"Du? Das ist doch wunderbar!", freute sich mein Dad.
"Komm setzen wir uns in die Küche, das Essen ist schon fertig", schlug er vor.