Der schrille Schrei des Weckers reißt ihn aus dem Schlaf.
Seine Hand schlägt nach dem Wecker, doch er trifft ins Leere.
Hämisch schreit der Wecker weiter.
Am liebsten wäre er liegen geblieben, doch heute, heute ist es anders. Heute wird sein Tag. Da ist er sich sicher.
Endlich verstummt der Schrei.
Ein Lächeln erscheint in seinem Gesicht, obwohl seine Augen noch geschlossen sind.
Seine Augen gehen auf und er springt auf, wie ein Känguru auf der Flucht.
Heute hat er sein erstes Date.
Obwohl, eigentlich war es nur eine Einladung für eine Party.
Aber von ihr. Eine Einladung.
Er war noch nie auf einer Party.
Doch das ist nicht wichtig.
Sie ist wichtig.
Er hüpft zum Frühstückstisch und verschlingt sein Essen, wie ein Raubtier seine Beute.
Gerade heute würde er liebend gerne auf die Schule verzichten, trotzdem muss er hin.
Der Schultag ist diesmal besonders lange. Zumindest fühlt es sich so an. Aber das stört ihn nicht.
Denn in Gedanken ist er schon einige Stunden weiter. Beim Tanzen mit ihr.
Leichtfüßig fliegt er nach Hause. Tanzend macht er sich fertig. Und wartet. Wartet auf das Klingeln. Wartet bis sie endlich da ist. Lange kann es ja nicht mehr dauern oder? Er blickt auf die Uhr.
Da. Da ertönt das Signal zum Eintreten in das Paradies. Nein. Das Paradies tritt ein.
Dort kommt sie. Wie ein grüner Engel.
Nur ohne Flügel.
Das Kleid betont ihre Figur perfekt. Er weiß, dass sie oft geärgert wird, weil sie etwas dicker ist.
Jedes Mal wenn er davon hört, ist es als würde man ihm das Herz mit einer gefrorenen Hand herausreißen.
Sie ist nicht dick! Nur weil sie nicht nur aus Knochen und Haut besteht. Wie können Menschen so grausam sein?
Er blickt in ihre Augen. Verliert sich in der Unendlichkeit der Welten.
»Hi«, begrüßt sie ihn.
»Hi« Seine Antwort klingt leise und schüchtern.
»Ich komme sofort.« Nun ist er schon wieder lauter.
Schnell verabschiedet er sich von seiner Familie und fliegt an ihrer Seite hinaus.
Sie blicken sich an und fangen an zu lachen. Warum weiß er nicht. Aber es fühlt sich schön an. Richtig.
Auf der Autofahrt beginnen sie sich über die griechische Mythologie zu unterhalten. Das ist typisch für ihn. Immer redet er über irgendwelche Themen, die keinen interessieren. Obwohl, keiner stimmt nicht. Sie findet dieses Thema sehr interessant.
Endlich hat er jemanden, mit dem er sich darüber unterhalten kann.
Das ist eine der unzähligen Dinge, die er an ihr mag.
Sie steigen aus und stellen sich in die Schlange. Nebeneinander. Unterhalten sich weiter.
Ihre Taschen werden kontrolliert und sie dürfen hinein. Hinein in den Himmel.
Dort läuft schon die erste Musik.
Noch ist es ziemlich leer. Alle stehen am Rand und unterhalten sich etwas.
Er will sie auf die Tanzfläche ziehen, aber sie möchte lieber noch ein wenig warten.
Doch dann, dann beginnen sie zu tanzen.
Zwischen den ganzen Menschen.
Er kann nicht tanzen. Doch das ist egal.
Sie bewegen sich zur Musik.
Springen gemeinsam in die Luft.
Immer wieder.
Immer weiter.
Die Songs wechseln, doch sie springen weiter.
Immer zur Musik.
»Wollen wir was trinken?«, fragt sie ihn.
Er holt Cola für beide und sie gehen hinaus.
In die Nacht.
Der Mond scheint in einem klaren Sternenhimmel.
Sein Blick schweift zu ihr.
Diesen Abend wird er niemals vergessen. Da ist er sich ziemlich sicher. Das wird er immer in Erinnerung behalten. Bis an sein Ende.
»Ich muss dir was sagen«, beginnt er. »Ich habe immer so ein Gefühl, wenn ich in deiner Nähe bin. Alles andere wird unwichtig. Nur noch du und ich. Ich habe mich in dich verliebt.«
Erwartungsvoll schaut er sie an.
»Ich muss dir sagen, du bist ein guter Freund....Aber«, ihr Blick sinkt auf den Boden »ich muss dir leider sagen, dass ich dich nicht liebe...Ich liebe jemand anders. Es geht einfach nicht. Tut mir leid... Ich hoffe wir können trotzdem Freunde bleiben.«
Er schaut sie an. In seinem Inneren tobt ein Krieg. Alles wird taub. Trotzdem lässt er sich nichts anmerken und meint nur: »Das ist schade. Aber danke, dass du es mir gesagt hast. Da gehört Mut dazu.« Zwar ist er enttäuscht und auch wütend, aber nicht auf sie.
Auf gar keinen. Keiner kann etwas dafür. Erst recht nicht sie. Das was sie gemacht hat, war das einzig Richtige. Alles andere wäre schmerzhafter gewesen.
Schnell verbirgt er seine Emotionen und sie gehen wieder rein und genießen den Rest des Abends. Jedoch versucht er ein bisschen Abstand zu halten, auch wenn sie noch zusammen tanzen, denn er versteht warum sie eben nicht so eng mit ihm tanzen wollte. Nun versteht er sie. Ihre Reaktionen. Vorher war er blind.
Ihm ist klar geworden warum sie sich so merkwürdig verhalten hat. Es liegt nicht an ihm.
Es ist der Liebe zu verdanken, obwohl sie nicht schuld ist. Keiner ist schuld.
Doch er hat selber gemerkt wie stark das Band der Liebe ist.
Da wird es auch nichts ändern, dass sie sagt, sie liebt ihn nicht.
Trotzdem würde er alles für sie tun.
Liebe kann man nicht einfach so abstellen.
Um ihr trotzdem einen guten Abend zu gewähren, stellt er alle seine Gefühle ab.
Verschließt sie in einem Tresor. Sodass keiner drankommt.
Sie tanzen weiter, lachen. Haben Spaß als wäre nichts passiert.
Doch es ist viel passiert.
Vielleicht zu viel.
Sie fahren nach Hause, doch sie schaffen es nicht mehr sich zu unterhalten wie vorher.
Zu Hause ist er froh über so einen schönen Abend. Was da genau abgelaufen ist, kann er noch nicht fassen. Denn es ist alles kalt und tot. Und trotzdem am Brennen und lebendig.
Es ist als wäre sein ganzes Inneres in einem Mixer.