Du bist Brenna Sundergeer.
Verträumt sieht du auf das Meer hinaus, das sich vor deinen Augen an den Klippen von Graufels bricht. Nicht mehr lange, und ihr werdet in dem kleinen Hafen einlaufen, wo euer Abenteuer auf der Mondsee begann.
Dort warten irgendwo auch noch eure Pferde im Stall auf euch.
Du kannst nicht behaupten, dass du den sattelwunden Arsch vermisst hast, doch du freust dich, nicht mehr tagein, tagaus auf dem schwankenden Deck zu sein. Allyster freut sich sogar noch mehr auf das Festland. Seitdem Land in Sicht ausgerufen wurde, steht er zappelig am Bug.
Du hebst den Blick, als jemand neben dich tritt. Karja.
„Euer Zauberer hatte nichts dagegen einzuwenden, dass ich euch eine Weile begleite.“ Die grinst dir zu.
„Allyster ist manchmal etwas ruppig“, sagst du. „Nimm es nicht persönlich, dass er keine Freudensprünge gemacht hat – er schätzt dich.“
„Ich bin nicht zimperlich.“ Karja winkt ab und sieht zu den nahenden Klippen.
„Was wird aus deiner Mannschaft?“, fragst du sie.
„Mein erster Maat bekommt das Schiff“, antwortet Karja. „Ihnen wird nichts geschehen. Nach den Gesetzen der Mondsee sind sie ihrem Kapitän zur Treue verpflichtet, und können deshalb nicht dafür zur Verantwortung gezogen werden, dass sie mir halfen. Nur ich sollte fliehen.“
„Ich hab‘ die Mondsee immer für ‘nen Ort mit raueren Gesetze gehalten“, murmelst du nachdenklich.
„Das ist einer der Gründe, warum ich euch begleiten muss!“ Karja grinst. „Ich kenne mich mit den Freien Völkern aus. Ohne mich werdet ihr euch sofort als Fremdlinge enttarnen. Und außerdem“, sie macht eine dramatische Pause, „weiß ich, wo die restlichen Schöpfersteine sind.“
„Wirklich?“ Dir wird im gleichen Moment klar, dass es dich eigentlich nicht überraschen sollte.
Karjas Blick wird fast augenblicklich spöttisch. „Ja, wirklich. Die Schöpfersteine sind ein Friedensunterpfand, es zahlt sich aus, immer zu wissen, wo sie sich befinden und mit wem wir folglich Frieden haben.“ Schon grinst sie wieder verschmitzt. „Obwohl der Aufenthaltsort von zweien von ihnen nun für alle außer uns ein Rätsel sein wird.“
„Drei. Vielleicht sogar vier!“, rechnest du nach. „Mein Bruder und Elred haben das Tigerauge aus dem Orkland und reisen zu den Ruinen von Aak.“
Vor einigen Tagen kam Elreds Amsel mit der Botschaft, dass die beiden sich auf die Suche nach einem weiteren Schöpferstein begeben haben. Allyster hat ihnen bereits geantwortet, dass ihr euch in der Taverne treffen müsst.
„Elred konnte den Tigerstein benutzen“, gibst du wieder, was noch in der Botschaft stand. „Ich finde es seltsam, dass der Ammonit noch keine Magie entfaltet hat.“
Karja sieht dich mit großen Augen an. „Ihr könnt zwei Schöpfersteine nutzen?!“ Sie starrt Aji an und offenbar geht ihr ein Licht auf. „Er hat den Ametrin verwendet und sich dann erst verwandelt?!“
„Ja“, gibst du etwas verwundert zu. „Ist das ungewöhnlich? Es sind doch magische Steine.“
„Das schon, aber sie gehorchen nur bestimmten Trägern“, stammelt Karja und gestikuliert hilflos. Inzwischen wird das Schiff in den Hafen gelenkt. Glücklicherweise ist die Besatzung so gut eingespielt, dass sie Karjas Befehle nicht brauchen. Denn im Moment ist die Kapitänin im Schock. „Sie teilen ihre Macht nur mit einigen Auserwählten. Zwei davon in eurer Gruppe – Das ist unfassbar!“
Du schweigst überrascht.
Karja beruhigt sich etwas. „Die Schöpfersteine sind lebendige Wesen, auch wenn man es ihnen nicht ansieht. Der Ammonit mag euch vielleicht nicht, doch dass ihr die Macht der anderen zwei nutzen könnt, ist unglaublich. Ihr seid vielleicht auserwählt, sie zu finden und zu tragen.“
Dieser Gedanke, wenngleich er dir etwas abwegig erscheint, ist auch ermutigend.
Mit lautem Rasseln wird der Anker hinabgelassen. Wenig später geht ihr von Bord, zum ersten Mal wieder auf einem Untergrund, der nicht schwankt. Du schlägst schnellen Schrittes den Weg zu dem Stall ein, wo eure Pferde stehen.
Du willst so schnell wie möglich zur Taverne kommen und deinen Bruder endlich wiedersehen!
Elreds Botschaft hatte dir ein Lächeln auf das Gesicht gezaubert.
- Arthrax geht dem Elfen mit seinem Gejammer schon seit Tagen auf die Nerven. Lies weiter in „Gefahr in den Ruinen von Aak“, Kapitel 1.
[https://belletristica.com/de/books/20830/chapter/28112]
- Optional: Von allen seltsamen Orten der Jenseitslande sind die Ruinen von Aak vielleicht die rätselhaftesten. Lies zuvor „Gefahr in den Ruinen von Aak“, Prolog.
[https://belletristica.com/de/books/20830/chapter/28111]
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Das ist natürlich kein Zwang und du solltest das nur tun, wenn du gerade etwas entbehren kannst.
So oder so bedanke ich mich vielmals für's Lesen!