Heute ist alles wieder in tiefes Neumondschwarz getaucht, genau wie in jener Nacht vor einem Monat.
Ich liege in meinem Bett, den Kopf leicht zur Seite geneigt, und versuche, das Sternenmeer jenseits meines Fensters zu erspähen. Jedoch bleibt mir dieser schimmernde zweite Ozean heute verwehrt, denn der Himmel ist schon den ganzen Tag von dunklen Wolken verhangen.
Was beim See passiert ist, hat mich gezeichnet hinterlassen, denn seitdem winde ich mich in den Nächten nur noch in ruheloser Erregung hin und her. Stets denke ich an das Gefühl dieser sonderbaren Hände auf meiner Haut zurück, an die schimmernden Spuren, die sie hinterlassen haben, und die schon nach Kurzem wieder verblasst sind, und ich rufe mir meine lebhaften Visionen jener Nacht wieder in Erinnerung. Sie verfolgen mich bis in meine Träume, wo ich von mysteriösen Wesen besungen werde, während goldene Wellen mich umarmen.
Anfangs ist keine Nacht vergangen, in der ich nicht den Ort des Geschehens aufgesucht habe. Wie besessen habe ich alles versucht, um die mysteriöse Kreatur wieder herbeizurufen. Ich habe das Szenario etliche Male erfolglos nachgespielt, in der Hoffnung, das Erlebte wieder zu erleben, habe sogar zum Wasser gesprochen.
Dann kam der Herbst und jetzt ist es zu kalt, um nackt am Steg zu liegen. Trotzdem plagt mich jede Nacht dieser Hunger nach mehr. Ich bin gefangen in meinem kleinen Kopfkino, stelle mir vor, wie die in Goldtönen schimmernden, feuchten Hände über meinen Leib gleiten... jedes Mal windet sich mein Körper vor Erregung und jedes Mal möchte ich selbst zu Ende bringen, was mir in jener Nacht verwehrt worden ist - jedoch vergeblich.
Wann immer ich meine Fantasien zu dem Punkt führe, an dem die schöne Hand mich an meiner intimsten Stelle berühren soll, verstreuen sich meine Gedanken so sehr, dass es mir unmöglich wird, daran festzuhalten. Wann immer ich meine eigenen Hände in den Süden meines Körpers führen will, ist es, als würde es mir eine fremde Präsenz verbieten.
Fast schon ist es so, als würde mich das wundersame Wesen Nacht für Nacht heimsuchen und reizen, liebkosen, bis ich fast an meine Grenze komme. Ich fühle jedes Mal, wie unglaublich nass ich werde, doch alles, was ich tun kann, ist in hilflosem Fieber meine Schenkel aneinanderzupressen, mich willig zu winden und an einen unsichtbaren Peiniger zu beten, dass ich erlöst werden möge.
Tatsächlich fühle ich mich immerzu beobachtet. Ich spüre, dass stets unsichtbare, lodernde Blicke der Lust auf mir ruhen. Ich kann sie fühlen, wie sie in Form von Schauern über meine Brüste prickeln, meine Wirbelsäule entlang streichen oder die Innenseiten meiner Oberschenkel liebkosen.
Manchmal könnte ich schwören, heiße Atemzüge auf meiner kalten Haut zu spüren, während ich mich selbst berühre.
In solchen Momenten entflieht meinen hungrigen Lippen wie von selbst ein süßes Flehen nach mehr, adressiert an das unsichtbare Wesen, das mich quält. Zuerst entkommen mir nur heisere Flüstereien, unschuldige Worte wie "Bitte...", aber je fiebriger mein Verlangen wird, desto ausfälliger wird auch meine Wortwahl, bis ich schließlich soweit bin, dass ich stöhne ich wolle endlich gefickt werden.
Doch ich werde nicht erhört.
Heute Nacht ist es besonders schlimm. Ich möchte schon fast einen späten Bus in die Stadt nehmen und mich dort wahllos von irgendjemand Fremdes nehmen lassen.
Obwohl es eine kühle Herbstnacht ist, liege ich ganz nackt im Bett, oberhalb meiner Decke. Ich streiche gedankenverloren über meinen Oberkörper.
Draußen wird der Wind stärker. Vielleicht gibt es heute ein Gewitter?
Noch immer kann ich keine Sterne sehen. Trotzdem erleuchtet ein unirdisches Schimmern das Zimmer.
Dann bemerke ich, dass es mein eigener Körper ist, der die Nacht erleuchtet.
Die Spuren sind zurückgekehrt und ich weiß ich muss zum Ufer gehen.