Nathan brauchte sich nicht umzublicken, er konnte die Präsenz der beiden Männer hinter seinem Rücken spüren. Diese Narren! Schon seit Tagen waren sie ihm auf der Spur, hatten ihn sogar zwei mal direkt konfrontiert. Doch jedes mal war es ihm bisher gelungen, sie abzuhängen. Als sie ihm im Schankraum der Herberge, in der er untergekommen war, offen gegenübertraten und sich als Schergen seines Vaters vorstellten, war es noch ein Leichtes gewesen, ihnen durch die Finger zu schlüpfen. Dann, als sie ihn des Nachts in einer engen Seitengasse einkesselten, war er gezwungen, sich seinen Ausweg mit den Fäusten zu erkämpfen. Allerdings nicht, bevor er ihnen ein für alle Mal erklärt hatte, dass sie ihn gefälligst in Ruhe zu lassen hatten. Wenn sie ihn um jeden Preis zurückbringen wollten, dann mussten sie sich wohl oder übel mit seiner Leiche begnügen. Dass dies ganz und gar nicht im Sinne seines Herrn Vaters stand, war ihm selbst klar. Der Grund, warum dieser ihn wieder an seinem Platz sehen wollte, war schlicht und ergreifend, um das Geschäft zu führen und somit das Ansehen der Familie nicht zu beschmutzen. Die traditionellen Aufgaben eines erstgeborenen Sohnes. Doch diese Zukunftsvision war nicht mehr die Seine. Seinem Zuhause hatte er schließlich nicht umsonst den Rücken gekehrt. Die Dinge, die er getan hatte – nein, er konnte und wollte seiner Familie nicht noch einmal unter die Augen treten. Zu seinem eigenen, aber auch zu ihrem Schutz. Auch sein Vater, herrisch und unnachgiebig wie eh und je, würde sich früher oder später damit abfinden müssen.
Doch offensichtlich waren die beiden Handlanger stur geblieben. Ob es die Furcht vor dem reichen und mächtigen Familienoberhaupt oder doch eher der eigene Stolz war, konnte Nathan nicht beurteilen. Vermutlich eine Mischung aus beidem. Er wusste nur, dass die beiden jede Warnung ignoriert hatten und ihm noch immer auf den Fersen waren. Doch dass sie um keinen Preis aufgeben und seinem Vater mit leeren Händen unter die Augen treten wollten, würde ihnen nun zum Verhängnis werden.
Nathans Finger krampften sich zu Fäusten. Unter den Baumkronen war es stockdunkel, denn der helle Schein des Vollmonds vermochte nicht durch das dichte Geäst zu dringen. Dennoch konnte er die Stämme vor sich klar ausmachen. Die Nacht hatte begonnen. Er war stehen geblieben, mitten im Unterholz, und lauschte den knackenden Zweigen unter den Schritten, die sich ihm unaufhörlich näherten. Diese Narren! Der säuerliche Geruch von Angstschweiß zog seinen beiden Verfolgern voraus und ließ seine Nasenflügel beben. Nathan zog die Luft scharf ein und bleckte die Zähne. Er spürte die Veränderung seines Wesens und lockerte seine verkrampften Fäuste, als sich die messerscharfen Krallen in seine Handflächen bohrten. Langsam drehte er sich um und blickte den beiden Männern entgegen. Das helle Geheul eines gewaltigen Wolfes zerriss die Finsternis des Waldes. Es war das Letzte, das die beiden jemals hören würden.