Mit dem Fahrrad bin ich in der weitläufigen Graslandschaft unterwegs, die nur so zum Erkunden einlädt. Als ich an einem der großen Seen vorbeikomme, halte ich inne. Die Wasserfläche liegt ruhig in der Morgensonne und die wenigen umstehenden Bäume spiegeln sich darin. Ein idyllisches Bild. Für einen Moment versinke ich in Tagträumereien, bis eine leichte, kaum merkbare Bewegung im Wasser das perfekte Spiegelbild stört. Ob ich hier wohl etwas fangen kann? Noch einmal zeichnet sich deutlich die Anwesenheit eines Lebewesens unter der Wasseroberfläche ab. Entschlossen packe ich meine Angel aus und werfe den Köder hinein. Für eine kurze Weile rührt sich nichts und ich befürchte schon, den Moment verpasst zu haben. Doch plötzlich spüre ich einen festen Zug an der Angel. Mit aller Kraft lege ich mich ins Zeug und ziehe meinen Fang an Land.
Als ich erkenne, was dort angebissen hat, kann ich meinen Augen kaum trauen. Es ist doch tatsächlich ein waschechtes Garados! Die Schuppen des Pokémons, das ein wenig an einen chinesischen Long erinnert, schillern in einem strahlenden Blau. Erschrocken weiche ich einen Schritt zurück, als sich das über sechs Meter große Wesen vor mir aufbaut und Wassertropfen auf mich herabrieseln lässt. Es windet sich und stößt seinen furchteinflößenden Kampfschrei aus. Doch ich reiße mich zusammen und greife an meinen Gürtel, um die beste Verteidigung gegen das mächtige Garados auszuwählen. "Folipurba!", rufe ich und mein grünes Katzenpokémon springt schützend vor mich.
"Na dann wollen wir es diesem Riesen mal zeigen, was?", muntere ich mein Folipurba auf. Es brummelt zustimmend und fixiert dann konzentriert unseren Gegner. "Rasierblatt!", fordere ich es mit lauter Stimme auf. Das Folipurba gehorcht und fügt dem Garados mit einer Salve an messerscharfen Blättern immerhin etwa ein Drittel seiner KP als Schaden zu. "Sehr gut!", murmle ich. Den umgehenden Gegenangriff des Garados überstehen wir ohne Probleme, da es doch tatsächlich Nasschweif einsetzt. Noch triefend von der nassen Peitsche reduzieren sich die KP meines Pokémon nur unwesentlich. Ich werde mutiger: "Los, Folipurba, Gigasauger!" Das Katzenpokémon fügt dem Wasserdrachen erheblichen Schaden zu und erzeugt glitzernde Funken, als es seine eigenen KP im Gegenzug wieder auffüllt. "Super! Gleich haben wir ihn!" Doch mein Lachen vergeht mir, als das Garados seinen nächsten Angriff startet. Es ist Orkan, eine Attacke vom Typ Flug. So ein Mist! Hilflos muss ich mit ansehen, wie die KP meines Folipurba immer weiter sinken. Immerhin überlebt es gerade so. Schweiß tritt mir aus allen Poren. Was nun? Soll ich mein Folipurba aus dem Kampf nehmen und gegen ein anderes Pokémon aus meinem Team ersetzen? Allerdings sind gerade nur drei Plätze an meinem Gürtel überhaupt mit starken Pokémon belegt. Blöderweise habe ich deshalb auch kein anderes dabei, das zumindest teilweise im Vorteil gegen das gewaltige Garados stünde. Im ersten Moment scheint meine Angst und Vorsicht zu überwiegen, doch dann fällt mir etwas ein und ich fasse ich einen Entschluss. Ich greife in meinen Rucksack und ziehe einen Köderball heraus. Ich habe nur einen dieser speziell für geangelte Pokémon entwickelten Bälle, da ich ihn einmal als Geschenk erhalten habe. "Na hoffentlich hält er, was er verspricht", murmle ich tonlos. Wenn dieser Versuch nicht klappte, würde mein Folipurba im nächsten Angriff mit Sicherheit kampfunfähig. Das wäre fatal, da es nunmal das einzige Pokémon in meinem kleinen Team ist, das sich mit dem Garados überhaupt messen kann.
Ich schlucke nervös und bringe mich in eine sichere Standposition. In diesem Moment bin ich froh über meine Trainingshandschuhe, denn dank ihnen würde der Wurf wenigstens nicht an meinen vor Angstschweiß schmierigen Handflächen scheitern. Ich atme tief durch und fixiere das riesige Pokémon mit meinem Blick. Mit dem nächsten, ruhigen Atemzug hole ich mit dem Arm aus und werfe den Ball in einem hohen Bogen auf das Garados. Der rot-grün schimmernde Pokéball schnappt auf und zieht den Wasserdrachen mit seiner Technologie in sich hinein. Als er auf dem Boden landet, halten mein Folipurba und ich zeitgleich den Atem an. Plötzlich wackelt der Ball ruckartig. Dann ein zweites Mal. Angespannt verfolge ich jede noch so kleinste Bewegung. Als er ein drittes Mal wackelt, zucke ich merklich zusammen, in der furchtsamen Annahme, das Garados würde sich sicherlich jeden Moment befreien. Doch dann ertönt das heiß ersehnte Klicken des Verschlusses und der Köderball liegt still vor uns. Ich habe es tatsächlich mit nur einem Versuch geschafft. Das Garados ist gefangen! Nach einem Augenblick der ungläubigen Stille löst sich die Anspannung und ich mache einen gewaltigen Luftsprung. Dann falle ich meinem geschwächten Folipurba überglücklich um den Hals.