Der Kommandant stand, geschützt durch dichtes Gestrüpp und einer kleinen Gruppe aus Bäumen, am Waldrand und blickte mit seinem Fernglas über das Schlachtfeld. Er beobachtete, wie die verbündeten Panzer über die ausgeräucherten und bombardierten Gräben des Feindes rollten und so nach und nach den Widerstand des Fürstenreiches brachen. Doch die Soldaten des Fürsten hatten dieses Gebiet gut befestigt. Selbst nach dem Durchbruch der „Schild“ und der dadurch resultierenden Eroberung der Meeresenge, durch die nun immer mehr Verstärkung eintraf, wankte der Feind nur wenig. So wurde der Vormarsch zu einem wahren Gewaltakt, egal ob man den Kampf oder die Versorgung betrachtete.
Er ließ seinen Blick über das Tal schweifen und schaute dann auf den Wald auf der anderen Seite. Zwischen den Bäumen grollte immer wieder ein Donnern hervor, und es blitze ein gewaltiges Feuer auf. Dort standen sie, die Artilleriestellungen des Fürsten, die über Kilometer hinweg die Bucht unter Beschuss nahmen, an der die Verstärkung des westlichen Reiches an Land ging.
Der Kommandant und sein Team hatten es nur geschafft, weil sie während einer Feuerpause an der Bucht gelandet und an Land gegangen waren, ansonsten würde niemand dem Bombardement dieser höllischen Geschütze entkommen.
Und genau deshalb war er mit seinem Team hier. Er hatte den Auftrag bekommen, sich mit seinem Team und einem neuartigen Panzer - einem Prototypen, der sich noch in der Entwicklung befand und nun getestet werden sollte – um diese Artillerie zu kümmern.
Der Kommandant hatte mehr Vertrauen in die Ingenieure in der Heimat als sein Team, das wusste er. Keiner sonst war sich sicher, ob der Panzer wirklich das leisten konnte, was versprochen wurde; zu ungewöhnlich erschien er ihnen. Doch der Kommandant ließ keine Zweifel zu. Für ihn zählte, dass die Mission abgeschlossen wurde.
Schließlich senkte er das Fernglas und marschierte in den Wald zurück, zur Lichtung, auf der sein Team auf ihn wartete. Sie waren gerade mit der Wartung durch, als er ankam.
„Wie ist der Status?“, fragte er und richtete seinen Blick auf den Panzer. Ein Koloss aus gewinkeltem Stahl, so konnte man ihn am besten beschreiben. Er bot kaum Angriffsfläche für feindliche Geschosse, die Wanne und der Turm mit den zwei parallel verlaufenden Geschützen bestanden aus mehrfach geschmiedetem und legiertem Stahl. Er war einen guten Teil länger und durch die doppelten Geschütze auch breiter als ein normaler Panzer auf dem Feld, was natürlich auch die Aufmerksamkeit des Feindes auf ihn richten würde. Um keine größeren Risiken einzugehen, hatte man deshalb beschlossen, eine Vorhut zu senden und die feindlichen Kräfte in einen Kampf zu verwickeln. Der Kommandant und sein Team sollten dann später auf das Feld vorrücken und das Feuer auf die Artillerie eröffnen.
„Die Wartung wurde durchgeführt, Kommandant“, antwortete Javis, der Kanonier. „Der Motor läuft wieder im Takt, die Ketten sind noch einmal geschliffen und wurden auf Bruchstellen überprüft. Ich habe das Visier und den Entfernungsmesser derweil neu kalibriert.“
„Also sind wir bereit?“ Javis nickte, und der Kommandant rief sein Team zum Aufbruch aus.
Er wartete, bis alle eingestiegen waren, und warf dann noch einmal einen letzten Blick zum Himmel. Noch waren keine Flugzeuge zu sehen, doch er wusste, dass die Heimat Verstärkung durch Flugzeuge mit in die Schlacht bringen wollte. Nichts sollte dieses Team an der Ausführung ihrer Mission hindern.
Schließlich stieg auch er ein, der Motor dröhnte auf, und er gab den Befehl zum Vorrücken.
Der Panzer fuhr ohne Probleme durch das kurze Waldstück, riss dabei kleinere Bäume und Sträucher um, die in seinem Weg standen, und brach schließlich aus dem Dickicht am Abhang hervor. Die Dämpfung arbeitete auf Hochtouren, trotzdem wurden der Kommandant und seine Crew heftig durchgeschüttelt, als sie den Abhang ins Tal herunterfuhren und sich auf das Schlachtfeld begaben. Der Fahrer gab sich alle Mühe, den Koloss unter Kontrolle zu halten, was durch seinen Schwerpunkt nicht ganz einfach war. Vor ihnen kämpften ihre Verbündeten und versuchten, ihnen den Weg zu ihrem Ziel freizumachen, aber natürlich blieb ihre Ankunft auf dem Schlachtfeld nicht unbemerkt. Kurz nachdem sie den Abhang hinter sich gelassen hatten, wurden sie von einigen feindlichen Panzern anvisiert. Zwei von ihnen schafften es, ihre Geschosse auf sie abzufeuern, doch keinem von ihnen gelang es, größere Schäden zu verursachen.
„Kanonier! Den linken Panzer am Graben anvisieren!“, gab der Kommandant den Befehl.
„Zu Befehl!“ Der Kanonier richtete den Turm aus und nahm den Panzer ins Visier. „Feuerbereit, Kommandant!“
Der Kommandant gab den Befehl, ein explosionsartiger Knall dröhnte ihnen durch die Ohren, als das Geschütz feuerte. Das Geschoss traf den feindlichen Panzer zwischen Turm und Wanne, und der Panzer verging ein einer weiteren Explosion.
„Ziel zerstört, Kommandant!“
Auch der zweite Panzer wurde kurz darauf zerstört, und sie konnten sich mit Hilfe ihrer Verbündeten weiter über das Schlachtfeld vorarbeiten. Immer wieder versuchten feindliche Soldaten sie mit Raketen oder Minen aufzuhalten, doch keiner von ihnen schaffe es, und viele von ihnen wurden Opfer des großen MGs, welches seitlich neben dem großen Geschütz montiert war.
Auch ihre Verbündeten leisteten gute Arbeit und hielten ihnen die Feinde vom Leib, sodass sie sich immer weiter vorarbeiten konnten.
Während der Beschuss weiter um sie herum hallte und auf ihre Außenhülle traf, um dort wirkungslos abzuprallen, schaute der Kommandant auf seine Karte und ließ als Nächstes die Bunker, an denen die Gräben entlangliefen, unter Beschuss nehmen. Auch diese konnten ihren Geschossen nichts entgegensetzen, und so verstummte auch dort das feindliche Feuer, welches ihnen aus schweren MGs und Raketenwerfern entgegenkam.
„Fahrer, bringen Sie uns an die Bunker heran und beziehen Sie dazwischen Stellung“, wies er seinen Fahrer an und begann, Linien und Vermessungen auf der Karte einzuzeichnen.
„Kommandant, wir müssen bis zum Waldrand vorrücken“, warf der Kanonier ein, aber der Kommandant brachte ihn mit einer kurzen Handbewegung zum Schweigen.
„Nicht, wenn wir den Hügel dort als Hilfestellung nehmen. Dann werden unsere Verbündeten den Feind weiter zurückdrängen, während wir von hier die Artillerie unter Beschuss nehmen.“
Der Fahrer folgte dem Befehl und fuhr den Panzer zwischen zwei der zerstörten Bunker. Dort ließ er ihn ein Stück weit den Hügel hinauffahren und hielt schließlich an.
„Ja, das sollte klappen“, beschloss der Kommandant und beendete die Berechnung der neuen Schusswinkel. Die Verbündeten fuhren an ihnen vorbei und zogen wie geplant den Beschuss des Feindes auf sich.
„Kanonier, laden Sie die Brandgeschosse“, befahl der Kommandant. Javis machte sich an die Arbeit, verschob ein paar Riegel und Hebel, und meldete kurz danach, dass die Geschütze bereit sind. Daraufhin ließ der Kommandant eine weitere Besonderheit seines Panzers ausspielen. Während viele Panzer auf dem Feld ihre Geschütze nur um zehn, vielleicht fünfzehn Grad nach oben neigen konnten, war sein Panzer in der Lage, die Geschütze um bis zu sechzig Grad zu neigen, und so im Bedarfsfall als eigene kleine Artillerie zu funktionieren.
Er ließ den Kanonier mithilfe der auf der Karte gekennzeichneten Stellungen die Geschütze ausrichten und die Brandgeschosse abschießen.
Kurz darauf öffnete er die Luke und kletterte hinaus. Oben am Himmel war es bereits zu einem großen Luftgefecht gekommen. Er sah, wie Jäger des Fürsten hinter denen des westlichen Reiches hinterherjagen und ihre Bomber beschützen.
Dann richtete er seinen Blick auf den Wald vor ihnen. Zwischen den Bäumen blitzte es auf, dieses Mal heller als sonst, und laute Explosionen waren zu hören, als die Brandgeschossen eintrafen und die Artilleriestellungen des Feindes mitsamt ihrer Munition explodieren ließen und in Brand steckten. Diese Höllenmaschinen würden nun keine Buchten mehr unter Beschuss nehmen. Unter sich im Panzer hörte er sein Team, welches sich über den Erfolg der Mission und den ersten erfolgreichen Test des Panzers freute.
„Jericho an Basis, bitte kommen!“, gab der Kommandant kurz darauf per Funk durch.
„Jericho, hier Basis, was gibt es?“
„Jericho meldet erfolgreichen Abschluss seiner Mission und Testfahrt.“
„Verstanden, fortfahren wie geplant“, kam die Antwort und die Verbindung wurde getrennt.
Der Kommandant wollte gerade den Befehl zum Vorrücken geben, als der Crew das typische Pfeifen einer fallenden Bombe in die Ohren drang.