Hand in Hand ging er mit seinem Vater über den Platz, auf dem so viele bunte Zelte und Stände aufgebaut waren. Neugierig schaute er sich um, beobachtete die Leute, die Männer und Frauen in ihren Uniformen, deren Familien und Verwandte. Sie unterhielten sich, hatten alle miteinander Spaß, und jeder schien gut drauf zu sein. Aber wie hätte es auch anders sein sollen? Heute war der Tag, an welchem die Flugschule der Kampfpiloten ihre neuesten Maschinen vorstellten.
Als sein Vater und er das Flugfeld erreichten, hielt er es kaum noch aus. Mit einem Leuchten in den Augen musterte er die vielen verschiedenen Maschinen.
„Da Daddy! Die Flugzeuge!“, rief er aufgeregt und zog seinen Vater an der Hand, dass er doch etwas schneller gehen solle.
Lachend ließ sein Vater sich zu der ersten Maschine auf dem Feld mitziehen. „Du bist aber ziemlich aufgeregt, was mein Großer?“
„Ich liebe Flugzeuge, Daddy!“, beharrte er, als er versuchte, sich an der Maschine hinauf zu ziehen. Sein Vater half ihm dabei, und es war unverkennbar, dass ihm die Maschine gefiel.
„Kannst du die hier auch fliegen, Daddy?“, fragte er, als er sich die Knöpfe und Hebel anschaute, und in Gedanken schon selbst damit flog.
„Aber natürlich, Junge. Immerhin ist das meine Maschine“, lachte sein Vater und stieg zu ihm mit ins Cockpit.
„Die gehört dir?“ Er schaute seinen Vater überrascht an. „Können wir dann eine Runde fliegen?“
„Heute leider nicht. Aber bald werden wir auch eine Runde zusammen drehen, versprochen.“ Sein Vater hielt ihm die Faust hin, und er schlug ein.
„Okay, Daddy. Und dann werde ich fliegen!“
„Ach ja? Wie kommst du darauf?“
„Weil ich später, wenn ich groß bin, auch ein Kampfpilot sein werde. Genau wie du!“, antwortete er mit einem breiten Grinsen. „Und ich verspreche dir, dass du stolz auf mich sein wirst!“
„Eagle One an Rookie Six, bitte bestätigen!“, riss ihn die knisternde Stimme aus dem Funkgerät aus seinen Erinnerungen.
„Eagle One an Rookie Six, kannst du mich hören?“, tönte die Stimme des Geschwaderführers erneut aus den Funk, dieses Mal drängender.
Er beugte sich vor und kalibrierte seinen Funk neu. „Eagle One, hier Rookie Six, empfange jetzt klar und deutlich. Hatte Interferenzen auf dem Kanal.“
„Heute ist dein erster Einsatz, nicht wahr?“
Er schaute rechts aus seinem Cockpit heraus und sah Eagle Three, der gerade neben ihm flog. „Pass bloß auf deinen Hintern auf, das könnte ziemlich heftig werden!“
„Kanal freihalten“, ermahnte Eagle One und fuhr dann fort. „Also gut, ihr alle wisst, worum es heute geht. Anscheinend hat das Oberkommando dort unten eine neue Art Panzer auf dem Feld, den der Feind versuchen wird aufzuhalten. Unsere Aufgabe ist es, den Himmel freizuhalten und besonderes Augenmerk auf die Bomber zu haben, die hierher unterwegs sind!“
Rookie Six schaute sich erneut um. Bisher konnte er nicht viel ausmachen. Anscheinend flogen sie gerade über ein Gebirge, und dichter Nebel verschleierte ihnen die Sicht. Derzeit flogen sie nur nach Angaben ihrer Navigationsgeräte in den Armaturen ihrer Flugzeuge.
„Rookie Six, da das dein erster Einsatz ist, wirst du der Flügelmann für Eagle Three sein, verstanden?“
„Verstanden Eagle One“, meldete er sogleich als Antwort. Von Eagle Three kam eine Art entnervtes Stöhnen.
„Eagle One, wir werden alle Hände voll zu tun haben, da kann ich doch nicht auf unser Frischfleisch auch noch aufpassen. Lass ihn doch bei den anderen Rookies mitfliegen!“
„Eagle Three, wir sind nicht so viele, als dass jeder hier seine Wünsche erfüllt bekommen kann. Folge einfach der Anweisung und pass auf Rookie Six auf. Und jetzt alle aufpassen, der Nebel lichtet sich und wir sind fast da.“
Und tatsächlich brachen sie einen Moment später aus dem Nebel hervor.
Rookie Six neigte seine Maschine ein wenig und schaute auf den Boden weit unter ihm. Dort tobte bereits eine gewaltige Schlacht zwischen den Panzern und der Infanterie des Fürsten und des Westens. Er sah Panzer explodieren und in Rauchsäulen aufgehen, und wie die Infanterie sich über die Gräben hinweg bekämpfte. Gerade, als er seine Maschine wieder aufrichtete, erhaschte er einen Blick auf einen Panzer, der aus dem Wald heraus den Hügel heruntergerollt kam. Es schien sich um ein wahres Bollwerk zu handeln, doch seine Konzentration richtete sich auf die Situation vor ihm.
Das Geschwader geriet sofort in heftigen Kontakt mit feindlichen Jägern. Die Piloten des Fürstenreichs wollten sie unter allen Umständen von den Bombern fernhalten, die noch Kilometer entfernt zu sein schienen.
„Bereit machen, Rookie!“, forderte Eagle Three ihn auf. „Und immer schön an mir dran bleiben, wenn du nicht als Schmorbraten vom Himmel fallen willst!“
„Verstanden, Eagle Three!“, antwortete Rookie und hängte sich an Eagle Three dran. Beide versuchten den feindlichen Jägern so gut es geht auszuweichen.
Rookie spürte, wie das Adrenalin durch seinen Körper schoss und sein Puls sich erhöhte. Er schaute auf seine Hände und stellte fest, dass sie stark zitterten. Reiß dich zusammen, du schaffst das. Dafür hast du dein Leben lang trainiert!, ermahnte er sich selbst und zuckte zusammen, als plötzlich Feindfeuer knapp an ihm vorbei zischte.
„Eagle Three, ich hab einen Feind an mir dran!“
„Verdammte Scheiße!“, fluchte Eagle Three, der gerade selbst mit zwei Jägern des Fürsten beschäftigt war. „Versuch ihn loszuwerden und schließe dann wieder zu mir auf!“
„Verstanden!“, antwortete er. Aber wie soll ich das anstellen?
Der feindliche Jäger hinter Rookie eröffnete erneut das Feuer, Kugeln schlugen in sein Heck ein, und Rookie versuchte ihn mit schnellen Manövern zur Seite abzuschütteln. Doch der Feind blieb unerbittlich an ihm dran, jagte Salve um Salve gegen ihn, denen Rookie nur knapp ausweichen konnte.
Er merkte, dass er seinen Verfolger so nicht abschütteln konnte und suchte fieberhaft nach einem Ausweg, bevor der Feind ihn wirklich übel treffen würde.
Einer Eingebung folgend riss er sein Flugzeug nach oben, die Nase geradewegs in Richtung Himmel gelenkt. Er hoffte, dass sein Verfolger unter ihm vorbeifliegen würde, sah aber mit Schrecken, dass der feindliche Pilot ihn als Ziel aufgegeben hatte. Stattdessen setzt er nun Eagle Three nach, der beinahe die ersten Bomber erreicht hatte.
Unter großem Kraftaufwand zog er den Steuerknüppel an sich heran, um sein Flugzeug wieder in den Sinkflug zu bringen. Es knirschte und ächzte unter der Belastung, während es langsam die Nase in Richtung Boden neigte.
„Rookie Six, was zur Hölle machst du da!“, rief Eagle One aus dem Funk. „Sofort die Flughöhe reduzieren oder es wird dein Flugzeug zerreißen!“
„Bin schon dabei!“, ächzte er und schaffte es schlussendlich, in den Sinkflug überzugehen. Er korrigierte seinen Kurs, nahm den feindlichen Jäger ins Visier, der beinahe Eagle Three erreicht hatte, und eröffnete nun selbst das Feuer. Die Salven trafen den Jäger, rissen ihm die Flügel ab und zersägten das Cockpit. Der Jäger explodierte in einer schwarzen Rauchwolke, während Rookie sich wieder hinter Eagle Three setzte.
„Das hat ja auch lange genug gedauert, du verrückter Hund!“, rief Eagle Three ihn über Funk. „Das war haarscharf. Wo hast du den Kram gelernt!“
„Erzähle ich, wenn wir wieder am Boden sind!“, antwortete er. „Unter uns sind jetzt die Bomber, wir soll-“ Rookie unterbrach sich selbst, als er sah, wie einer der Bomber bereits seine Schächte öffnete. Waren sie schon so weit vorgedrungen? Das konnte nicht sein!
„Ich sehe es auch!“, erriet Eagle Three seine Gedanken. Im selben Moment ließ der Bomber eine große Bombe aus seinem Schacht fallen.
„Scheiße! Die wird unseren Panzer genau treffen!“
„Ich mach das!“, rief Rookie ohne groß nachzudenken, wurde jedoch überraschend von Eagle One zurückgehalten.
„Gebt mir Feuerschutz!“, rief dieser. „Ihr seid viel zu weit entfernt, haltet mir einfach den Rücken frei!“
„Alles klar!“, bestätigten Rookie Six und Eagle Three gleichzeitig und drückten die Nasen ihrer Maschinen wieder in Richtung Boden. Zusammen zerstörten sie die Jäger, die sich Eagle One näherten. Dieser befand sich bereits auf einem Abfangkurs zur Bombe und rauschte ebenso dem Boden entgegen. Knapp über dem Boden – nach Rookie‘s Schätzung etwa sechshundert Meter – riss Eagle One sein Flugzeug hoch und feuerte zwei Raketen ab. Eine von ihnen verfehlte die Bombe, die jetzt nicht mehr weit von dem Panzer entfernt war, den sie unter allen Umständen schützen sollten. Rookie konnte die Crew des Panzers sehen, wie sie ungläubig gen Himmel zu ihnen schauten, als die zweite Rakete die Bombe traf und mit ihr zusammen in der Luft detonierte.
„Jawoll!“, rief Eagle Three durch den Funk. „Wie von Eagle One zu erwarten!“
Auch Rookie staunte und war sprachlos, nachdem er diese Aktion gesehen hatte. Stolz erfüllte ihn, an der Seite solch erfahrener Piloten fliegen zu dürfen.
Das Funkgerät knisterte, und eine unbekannte Stimme meldete sich. „...mich hören? Hallo?“
„Wer ist dort?“, fragte Eagle One.
„Jericho hier. Ihr habt uns gerade echt den Arsch gerettet! Gute Arbeit!“
„Dafür sind wir da. Eagle Three, Rookie Six, wir ziehen ab!“
Zusammen kehrten sie um und flogen zu ihrem Geschwader zurück, welches in der Zwischenzeit den Feind in die Flucht geschlagen hatte, wenn auch mit schweren Verlusten.
„Jungs, hört mal”, meldete sich der Geschwaderführer während des Fluges zurück zur Basis. „Das war ein harter Kampf, und ihr alle habt gute Leistungen erbracht. Wenn wir in der Basis sind, möchte ich eine Versammlung. Wir feiern eine erfolgreiche Mission und ehren unsere gefallenen Kameraden, die ihr Leben während der Mission verloren haben.“ Danach kehrte Funkstille ein.
Kurz bevor sie die Basis erreichten, schaute Rookie zum Himmel hinauf. Und Vater? Konnte ich dich stolz machen?