Am 08./09. Dezember im Chat der Gruppe „Fingerübungen“:
Viktoria: Ich hab immer noch keine Idee ...
Luca Milu: @Viktoria zu heiser? Lass deinen Helden heiser sein in einer wichtigen Situation
Viktoria: Ja, stimmt schon, Luca - aber mir fällt immer noch keine gute Situation ein. Ich denke aber noch nach ...
Xenon Aridae (Marv): Romeo tritt unter Julias Balkon, packt die Laute auf und erhebt die KrÄcHzEnDeStE sTiMmE aLlEr ZeItEn!
Viktoria: Oh. Mein. Gott!
Viktoria: Aber ... OH MEIN GOTT!
Viktoria: Vielleicht nehme ich diese Inspiration tatsächlich!
Maria K.: @Marv: das ist ne geniale Kürzest-Geschichte zu dem Prompt.
Xenon Aridae (Marv): Ich nehme das einfach als meinen Beitrag, dann muss ich mir da nichts mehr ausdenken. (Beziehungsweise, Idee ist natürlich Freiwild, falls jemand Lust darauf hat. ^^ )
„Was hängst du so rum?“, sagte Maria laut am Ohr ihrer besten Freundin. „Komm tanzen!“
Die schüttelte nur den Kopf und nippte an ihrem Cocktail. „Kein Bock.“
Das überraschte Maria. Der Freitagabend war seit zwei Jahren ihr Clubabend, bei dem sie es genossen, miteinander auf der Tanzfläche zu toben, bis sie irgendwann mitten in der Nacht erschöpft nach Hause fuhren. Kurzerhand ergriff sie die Hand ihrer Freundin und zog sie in eine etwas ruhigere Ecke, in der man sich halbwegs unterhalten konnte.
„Was ist los?“, eröffnete sie direkt das Gespräch.
Schulterzucken.
Maria verdrehte die Augen. „Komm schon, ich kenn dich doch!“
„Er hat heut und morgen sturmfrei.“
Ah, daher wehte der Wind. Er war der Schwarm ihrer besten Freundin. Seit Monaten. Ein hübscher Kerl, und dumm war er auch nicht. Sie war hoffnungslos verschossen.
„Du willst einfach hingehen?“
„Warum nicht? Wenn ich ihm ins Gesicht sage, was für ein toller Kerl er ist, seh ich seine Reaktion gleich!“
Maria lachte, bis sie realisierte, dass das ernst gemeint war. „Du willst klingeln und sagen ‚Hi, du bist ein toller Kerl, ich bin ich dich verknallt‘?“
„Oh Gott, nein!“, stöhnte ihr Gegenüber. „Ich dachte an was ... Romantischeres.“
Maria hob fragend eine Augenbraue. „Blumen?“
„Vielleicht.“ Noch ein Schluck Cocktail – als wolle sie sich jetzt schon Mut antrinken.
Oh je. Blumen gab es mitten in der Nacht nur an der Tankstelle. Die waren furchtbar. Nein, da musste eindeutig ein besserer Plan her! Und Maria wäre eine wirklich schlechte Freundin, wenn sie hier jetzt nicht helfend zur Seite stünde!
Drei Cocktails und eine Stunde später standen sie auf dem Parkplatz vor dem Club und hielten Ausschau nach einem Taxi.
„Ramea! Wo willst du hin?“, rief Maria entsetzt ihrer Freundin nach, die auf ihr eigenes Auto zuging.
„Warte kurz“, nuschelte die. Sie öffnete den Kofferraum und holte, Maria konnte es kaum glauben, eine Gitarre hervor.
„Was zum ...?“ Weiter kam sie nicht.
„Ich hatte auf so 'ne Gelegenheit gehofft!“ Ihre Freundin hielt grinsend die Gitarre an sich gepresst, als sei sie ihr ein und alles. War sie heute Nacht vermutlich auch.
Zwanzig Minuten später erreichten sie ihr Ziel. Der arme Taxifahrer war heilfroh, sie loszusein, denn Ramea hatte unterwegs permanent das von ihr erwählte Lied gegrölt, angeblich, um es zu üben. Maria und der Taxifahrer hatten das Drama still über sich ergehen lassen.
Der Moment der Wahrheit war gekommen. Sollte Maria ihre Freundin aufhalten? Konnte sie wirklich zulassen, dass die nachts um drei an der Haustür ihres Schwarms klingelte und dem in ihrem ziemlich betrunkenen Zustand ein Ständchen brachte?
Maria sah die Straße rauf und wieder runter. In nur zwei Fenstern brannte Licht, aber wenn Ramea erst mal loslegte, würden sicherlich wesentlich mehr Leute schimpfend auf die Straße treten. Sie konnte unmöglich ...
Hinter ihr erklang die Türklingel. Ramea war einfach schon losgezogen. Scheiße. Mit schlimmsten Befürchtungen drehte sich Maria dem Haus zu – als Freundin war es ihre Pflicht, Ramea, die gerade nochmal klingelte, jetzt wenigstens nicht allein zu lassen.
Im ersten Stock öffnete sich ein Fenster. Julian steckte völlig verschlafen den Kopf ins Freie.
„Was zum ...“
Weiter kam er nicht. Er erblickte Ramea und ihre Gitarre, und vor Unglauben blieb ihm der Mund offen stehen. Dann sah er Maria an, die nur hilflos mit den Schultern zuckte.
Drei Akkorde erklangen und Ramea holte tief Luft, sah zu Julian hinauf, der sie, immer noch aus dem Fenster gelehnt, fassungslos anstarrte.
Dann – nichts.
Die Situation war plötzlich so komisch, dass Maria nichts gegen das Lachen tun konnte, das sich Bahn brach. Cocktails, das Gespräch in der lauten Umgebung des Clubs und das Gegröle im Taxi hatten Rameas Stimme offenbar den Rest gegeben – sehr zum Glück der Nachbarn, die jedoch niemals etwas davon erfahren würden.
Ramea verzog verärgert das Gesicht, wurde sich der Situation bewusst und fing ebenfalls zu lachen an, wenn auch recht tonlos.
Julian schloss das Fenster und öffnete kurz darauf die Tür.
„Was treibt ihr hier?“, fragte er grinsend.
„Ich bin hier, um dir zu sagen, dass du ein unheimlich toller Kerl bist“, flüsterte Ramea heiser.
Julian lächelte verlegen und wurde tatsächlich rot. Maria grinste in sich hinein – dann konnte aus dieser Schnapsidee ja vielleicht doch noch was werden ...