Fortsetzung von "verletzt"
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Auf dem Heimweg hatte Jessica bei einem Imbiss in der Nähe des Museums haltgemacht. Nach dem langen Arbeitstag hielt sie einen Döner zum Abendessen für durchaus verdient, und da ihr Lebensgefährte erst am Freitag wieder zu ihr kommen würde, genoss sie eine ordentliche Portion Knoblauchsoße sowie Zwiebeln zu ihrem Essen. Ihren Kater würde das nicht stören, und Tanja musste morgen einfach damit klarkommen. Sie würde sich eine Packung Kaugummi mit zur Arbeit nehmen.
Es war zwar nicht ungewöhnlich, dass sie erst spät nach Hause kam, doch ihr Kater Mirko sah sie mit diesem betont vorwurfsvollen Blick an, den nur Katzen in vollendeter Perfektion beherrschen. Mit einem jämmerlichen Maunzen machte er sie auf seinen leeren Futternapf aufmerksam und wich ihr nicht von der Seite, bis sie diesen wieder mit ausreichend Futter befüllt hatte.
Nicht, dass er sofort etwas fressen wollte. Er wollte es nur verfügbar haben.
Katzen!
Jessica genoss es, noch eine Runde mit ihrem Kater zu spielen, ihm den Bauch zu kraulen und sich durch sein sanftes Schnurren beruhigen zu lassen. Als sie zu Bett ging, folgte Mirko ihr zwar neugierig, hatte aber wohl keine Lust, ihr schon Gesellschaft zu leisten. Doch das war Jessica nicht unrecht: Der Tag war lang, ereignisreich und anstrengend gewesen. Ohne Mirko auf ihrem Kissen würde sie wesentlich schneller einschlafen können. Und kaum war der Gedanke vollendet, machte ihre Fantasie sich auch schon selbstständig und zog sie sanft von der Realität in eine Mischung verwirrender, verrückter Träume hinein.
Mit einem Ruck setzte Jessica sich im Bett auf. Sie war hellwach. Mirko maunzte vorwurfsvoll ob der plötzlichen Bewegung, doch sie bemerkte es kaum. Das Detail! Im Schlaf hatte ihr Gehirn die vielen Puzzleteile zusammengefügt, und als es endlich „klick“ machte und das Gesamtbild fertig war, war sie schlagartig erwacht.
Die beiden Löcher. Oben auf dem Schädel und hinten, knapp über dem Nacken.
Der Winkel, in dem sie sich in den Knochen gebohrt hatten.
Die Größe der Vertiefungen.
Alles passte zusammen!
Ihr lief ein eiskalter Schauer über den Rücken, als ihr klar wurde, wie die Person damals gestorben sein musste. Ein Smilodon musste sie als Beute erlegt, sie von hinten angesprungen, mit dem gewaltigen Fang von hinten am Kopf gepackt haben, bevor er sie zu Boden warf, um ihr die Kehle zu zerfetzen oder wie auch immer diese Raubtiere getötet hatten.
Heutzutage war es kaum nachzuvollziehen. Säbelzahntiger waren längst ausgestorben.
Ende