Hinweis: Dieses Kapitel dient mir dazu, die Charaktere für mein Hauptwerk "Mondscheinserenade" zu entwickeln bzw. zu verfeinern. Falls ihr die hier vorgestellten Personen mögt, schaut doch mal rein!
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Das Feuer aus dem Maschinengewehr dröhnte ihm in den Ohren, während er, flach auf den Boden gepresst, hektisch seinen Rucksack durchwühlte. Wo zum Teufel war die Scheißarterienklemme?
Er riss die Packung einer sterilen Unterlage auf und breitete sie vor sich auf dem Untergrund aus, sodass er alles, was er aus der Innentasche zog, die das chirurgische Instrumentarium enthielt, einfach darauf ablegen konnte, ohne dass es schmutzig wurde. Und endlich, endlich wurde er fündig!
Eilig robbte er zu seinem stark blutenden Kameraden hinüber, legte die Klemme an, fixierte sie mit einigen Streifen Klebeband und legte locker die Uniformjacke, die er zuvor aufgeschnitten hatte, darüber.
Ein Steinsplitter, den ein verirrter Querschläger aus dem Felsen geschlagen hatte, hinter dem sie Deckung suchten, riss ihm die Wange auf. Scheiße. Aber es war nicht tief, also konnte er es ignorieren – seine Hauptsorge galt nun dem verletzten Soldaten!
Ihm selbst strömte so viel Adrenalin durch die Adern, dass er erst jetzt realisierte, dass ihre Gegner keine Schüsse mehr abfeuerten.
War ihnen die Munition ausgegangen? Oder war es eine Falle?
Trotz seines rasenden Herzschlags sah er sich aufmerksam um. Nichts Unbedachtes tun! Überblick bewahren! An die Situation anpassen!
Zwei seiner Kameraden lagen, die Waffen im Anschlag, bereit, um weiteres Feuer sofort zu erwidern. Ein anderer kroch gerade auf ihr Fahrzeug zu, einen Mungo, dessen Karosserie Dellen aufwies, wo die gegnerischen Kugeln es getroffen hatten. Doch die Panzerung hielt natürlich! Der vierte Kamerad unterstützte die Soldaten, von denen sie zu Hilfe gerufen worden waren, um den Verletzten in Sicherheit zu bringen. Er würde bei den anderen bleiben und somit seinen Platz im Fahrzeug für den Verwundeten freihalten.
Mit zwei Fingern prüfte er den Puls seines Patienten. Flach, schnell, aber regelmäßig. Der beständige Blutfluss aus der Wunde war fürs Erste versiegt.
Er musste so schnell wie möglich zur Rettungsstation, oder noch besser, zum Rettungszentrum! Aber wie brachte er ihn erst mal zum Mungo?
Scheiß drauf! Er würde ihn einfach ziehen!
Er brachte seinen Mund nahe ans Ohr des Verletzten. Es war zwar höchst zweifelhaft, ob der ihn überhaupt wirklich wahrnahm, aber es war nie falsch, dem Patienten das weitere Vorgehen zu erklären – und wenn es nur dazu diente, sich selbst den Ablauf vor Augen zu führen!
„Hör zu – ich bring dich hier raus! Ich muss dich aber rüber zum Mungo schleppen – das wird vermutlich wehtun. Sei tapfer, zu zweit schaffen wir das!“
Dann zog er die Rettungsschlinge aus einer der Taschen seiner Einsatzhose. Er führte sie unter den Achseln des Soldaten durch, sodass sie vor dessen Brust lag. Dann schlang er sich selbst das andere Ende des gut zwei Meter langen Endlosbands über eine Schulter, den Riemen des Rucksacks um die andere, und kroch in Richtung des Fahrzeugs.
Sein Patient stöhnte, als sich das Band straffte und er über den Boden gezogen wurde. Doch darauf konnte man jetzt keine Rücksicht nehmen. Sie mussten in Deckung bleiben!
Kaum waren sie unter dem Fahrzeug hindurch, griffen aus dem Schutz eines Reifens zwei Hände nach dem Patienten. Gemeinsam mit dem Retter brachte der Fahrer den Verletzten in den Mungo, dann pfiffen sie den beiden anderen Sanitätssoldaten, die immer noch verteidigungsbereit hinter den Felsen lagen.
Kaum waren die zwei ebenfalls an Bord, preschte das Fahrzeug los, zurück zum Stützpunkt.
„Du blutest, Thomas.“ Einer der anderen zeigte auf sein Gesicht, und er nickte. Das hatte er ganz vergessen.
„Ist nur ein Kratzer. Felssplitter.“
„Da hast du aber Glück gehabt! Stell dir vor, was passiert wäre, wenn –“
Er unterbrach ihn mit einer Handbewegung. „Vergiss es, das mach ich nicht.“
Der andere Soldat nickte zustimmend. „Schau nie zurück. Du kannst nicht besser schlafen, wenn du dir ausmalst, was alles hätte schief gehen können.“
Genau so war es. Im Einsatz lebte man besser im Hier und Jetzt.