Hinweis: Dieses Kapitel dient mir dazu, die Charaktere für mein Hauptwerk "Mondscheinserenade" zu entwickeln bzw. zu verfeinern. Falls ihr die hier vorgestellten Personen mögt, schaut doch mal rein!
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Innerlich gelangweilt, äußerlich aufmerksam ließ er seinen Blick über die Menschenmenge schweifen, die sich nahe des Hubschrauberlandeplatzes versammelt hatte. Alle Deutschen, die nicht unbedingt gebraucht wurden, waren für den Besuch des Verteidigungsministers in sauberer, ordentlicher Uniform zusammengekommen, völlig unabhängig vom Dienstgrad. Auch ein paar eingeladene Offiziere der Partnerstaaten standen höflich herum und schwitzten in ihrer langärmligen Kleidung.
Er war froh, dass der heutige Tag mit nur 20 °C recht kühl war.
Nach der obligatorischen Rede, bei der der Politiker ihnen für ihren Einsatz gedankt und dessen Bedeutung für den Frieden und die partnerschaftlichen Beziehungen innerhalb der Vereinten Nationen hervorgehoben hatte, wurde seine Überraschung für die Truppen bekannt gegeben. „Als kleinen Gruß aus der Heimat haben wir Ihnen Lebkuchen und Glühwein mitgebracht, um Sie ein wenig an der Adventsstimmung in Ihrer Heimat teilhaben zu lassen!“
Er hatte still in sich hineingelächelt. Seine Eltern hatten ihm längst sein Adventspaket geschickt, der Feldpost sei Dank. Dennoch war es natürlich eine nette Geste, und nun stand er zwischen lauter anderen Soldaten nahe der nordafrikanischen Wüste mit einem Becher Glühwein in der Hand.
Den restlichen Tag über hatte er frei. Das hieß so viel wie Bereitschaft. Aber solange kein Unfall passierte, stand seiner Freizeit nichts im Wege. In den letzten Wochen war es ruhig hier in dieser Gegend des Landes.
Wieder nahm er einen Schluck des warmen Getränks. Er trank selten, und er spürte bereits, wie der Alkohol sich in seinem Körper ausbreitete. Bei diesem einen Becher würde es bleiben.
Was könnte er heute Nachmittag tun? Und – musste er ihn allein verbringen? Eigentlich ein verlockender Gedanke ...
Sein suchender Blick wurde zielgerichteter, musterte die anwesenden Personen nun nach anderen Kriterien. Diese eine Pflegerin würde er schon länger gerne näher kennenlernen. Sie sah gut aus, hatte nette Grübchen, wenn sie lachte, und schien kein Kind von Traurigkeit zu sein. Auch die eine Ärztin wäre sehr nach seinem Geschmack, aber sie stand im Rang weit über ihm – das könnte Schwierigkeiten geben. Dann blieb sein Blick an einer Gruppe Feldjäger hängen, die ein wenig abseits miteinander redeten. Einer von ihnen war verdammt hübsch ...
Nein. Davon ließ er besser die Finger. Außerdem ergab sich gerade eine hervorragende Gelegenheit: Die Pflegerin stellte sich an, um ihren Becher auffüllen zu lassen. Entschlossen leerte er seinen eigenen und trat hinter sie in die Reihe.
„Ah, schön, dich zu sehen!“ Mit einem charmanten Lächeln begrüßte er sie, als wäre er rein zufällig hier.
„In der Tat! Auch eine zweite Tasse? Hast du heute Nachmittag auch frei?“ Der Blick ihrer Augen zeigte Interesse, ihn näher kennenzulernen.
Der Tag hatte also durchaus Potenzial!