Alles wurde bedeutungslos. Der Club. Meine Begleitung. Die Musik. Die anderen Menschen. Ich hatte dich entdeckt. Du warst wie lodernde Flammen. Nicht nur dein wildes rotes Haar, auch deine Bewegungen. Dein Blick. Dein ganzes Wesen war heißblütig, ungestüm und unbegreiflich. Du warst wie ein Leuchtfeuer inmitten von schwarzem, wogenden Teer, eine Lichtgestalt umringt von schattenhaften Gestalten. Mitten im Mittelpunkt und doch war es, als umgäbe dich ein unsichtbares Kraftfeld, das alle anderen auf Abstand hielt. Ich wusste, ich würde mich verbrennen, käme ich dir zu nah. Eine Berührung und ich würde lichterloh in Flammen stehen. Und doch zogst du mich an. Dein Anblick versprach mir Höllenritt und Himmelsflug zugleich.
Ich will brennen. Ich will brennen! Selbst wenn du meinen Namen morgen schon vergisst.
Ich warf alle Zweifel über Bord. Trat einen Schritt auf die Tanzfläche. Kämpfte mich zu dir durch, den Kopf voll dröhnender Musik, viel zu wenig Luft in den Lungen und halb blind von den zuckenden Lichtern.
Endlich, endlich trat ich in den Kreis, den du um dich gezogen hattest, den die anderen um dich gezogen hatten, und dein Blick streifte mich in der Bewegung.
Mir wurde heiß.
Du hieltest inne, eine Sekunde, zwei, drei, in denen deine dunklen Augen auf mir ruhten. Nur einen Wimpernschlag, bevor ich zu Asche zerfiel, stahl sich ein Lächeln auf deine Lippen und du ludest mich ein. Locktest mich näher, noch näher, direkt hinein in den Strom aus Feuer, in den Fiebertraum. Deine Hand streifte meinen Arm und es war, als explodierte eine Supernova direkt in meinem Kopf. Ich sah Sterne tanzen, Menschen tanzen, kaum mehr als Silhouetten, bunte Lichter. Dich. Alles bewegte sich, drehte sich, schwankte hin und her, doch zu welcher Musik? Es war bedeutungslos.
Nur dein Feuer, das mich zu verschlingen drohte, war noch von Bedeutung.
Mein Herz jagte und ich fühlte mich, als flöge ich über die Tanzfläche.
Heißes Licht im Himmelsflug, nur einmal will ich hoch zur Sonne schweben.
Dir zugewandt, nur dir, immer nur dir. Dir Lichtgestalt, meine Lichtgestalt.
Ich will brennen. Ich will brennen! Auch wenn danach nur kalte Asche übrig ist!
Dein Lächeln gab mir Antrieb, gab mir Auftrieb, entfachte das Feuer auch in mir. Dieser Tanz gehörte mir, nur mir und ich stand lichterloh in Flammen.
Mein Mund war trocken, aschegefüllt, mein Kopf schwer und voller Lava, die hin und her wogte und meine Wangen erhitzte, die durch meine Adern pulsierte und sich in meine Eingeweide fraß.
Ich wollte mich in der Hitze dieser Nacht verlieren, wollte dich berühren und verglühen. Alles andere war bedeutungslos.
Mutig – töricht – streckte ich die Hand nach dir aus. Du kamst mir entgegen, unbegreiflich, begreiflich, ganz real. Meine Fingerspitzen berührten deine Haut und sie war kühl; kühl, weil meine Fingerspitzen brannten. Und ich hielt dich fest. Und mir war, als hätte ich meine Finger um eine echte Flamme gelegt. Heiß. Zuckend. Sich windend. Verheißungsvoll. Unfassbar.
»Nimm mich mit«, krächzte ich, nicht sicher, ob du das überhaupt verstehen konntest. »Ich will brennen!«
Deine Hand legte sich auf meine und mit einem heißen Lächeln nicktest du. Und wandtest dich ab. Und zogst mich fort. Und lichterloh stand ich in Flammen.
Morgen würde ich Phoenix oder Asche sein.
_______________________________________________________________________________
Kursive Teile zitiert aus dem Lied »Ich will brennen« von der Gothic Novel Rock-Band ASP.
»Ich will brennen« auf Spotify: https://open.spotify.com/track/4NFoPHSeUlEUOr7xbmZn14?si=q_4QZardREGQzC1AdS0DLQ