»Manchmal frage ich mich, ob er nicht Gewissensbisse hat.«
»Wer?«
»Ivo.«
»Was soll bitte in dieser Situation der Name deines Ex-Freundes?«
Milan drehte sich auf den Bauch, stützte die Ellenbogen auf den warmen Laken ab und sah zu Sowa, der im Schneidersitz auf seiner Seite des Bettes saß.
»Ich weiß nicht, ich musste gerade an ihn denken.«
Milan schnaubte missbilligend. »War ich so schlecht?«
»Himmel, nein!« Sowa schüttelte den Kopf so heftig, dass seine blonden Locken nur so flogen. »Im Gegenteil.«
»Das freut mich«, schmunzelte Milan und zog seinen Freund in die Arme. »Also, was hat dich dann auf diesen Gedanken gebracht?«
Sowa schmiegte sich an und genoss die Wärme und das Gefühl der Haut seines Freundes auf seiner eigenen.
»Ich dachte nur, was für ein Glück ich habe, dass ich dich getroffen habe und dass du mich liebst. Nachdem mich Ivo so hartherzig abgesägt und aus seinem Leben gestrichen hat, wusste ich nicht, wie es weitergehen soll. Es gab Zeiten, da dachte ich, niemand würde mich jemals wieder lieben. Aber dann habe ich dich getroffen und du hast mir gezeigt, dass ich doch liebenswert bin. Manchmal frage ich mich, ob es Ivo leid tut, dass er mich so verletzt hat, mit voller Absicht. Ob er Gewissensbisse hat, weil er mir wissentlich so wehgetan hat. Und dass er sich nicht einmal zu mir umgewendet hat, als ich unter Tränen aus seinem Leben gegangen bin. Manchmal stelle ich mir vor, dass er es bereut, wie er sich verhalten hat. Dass sein Stolz es nicht wert war, dass er mein Selbstwertgefühl zerschlagen hat wie eine hässliche Porzellantasse, die man schon viel zu lange im Schrank stehen hat und doch niemals mochte.«
Milans Umarmung wurde fester und er strich Sawo übers Haar. »Was bringen dir solche trüben Gedanken, hm?«, fragte er und seine Stimme war sanft und leise. Es lag kein Vorwurf in seinen Worten.
»Ich weiß nicht. Eigentlich bringt es nichts. Aber oft, wenn du mir sagst, dass du mich liebst und ich dir auch sage, dass ich dich liebe, muss ich daran denken, was das für ein langer Weg war. Wie lang es gedauert hat, die Scherben zusammenzusuchen und wieder zusammenzusetzen. Wie geduldig du warst und wie geduldig du immer noch mit mir bist. Ich weiß gar nicht, womit ich dieses Glück verdient habe. Und ich glaube, es wäre so viel einfacher gewesen, wenn ich nicht … nicht so wäre, wie ich nun mal bin, weil … weil …«
»Shh«, machte Milan und legte einen Finger unter Sawos Kinn, damit er ihm in die Augen blickte. »Du bist du. Du kannst nichts dafür, dass dein Ex-Freund zu stolz und zu verbohrt war, um zu erkennen, was für einen wunderbaren Menschen er da verjagt hat. Und ich würde hundert Jahre damit zubringen, deine Scherben zu suchen und wieder zusammenzusetzen. Tausend Jahre, wenn es sein muss. Weil du es wert bist. Und weil du nichts dafür kannst, dass dich jemand gedankenlos zerschlagen hat.«
Milan beugte sich leicht nach vorn, um die Tränen, die Sawo in die Augen gestiegen waren, vorsichtig wegzuküssen.
»Danke«, brachte sein Freund hervor und verbarg das Gesicht an seiner Brust. Milan streichelte ihm durch die blonden Locken und über seine Schultern, bis er sich beruhigt hatte.
»Denk nicht mehr an ihn. Wer weiß schon, ob er es bereut, was er getan hat? Wer weiß, ob er überhaupt noch daran denkt? Vielleicht ist er ja genau so unglücklich wie du es warst. Das ist alles Vergangenheit. Und ich bin froh, dass ich jetzt deine Gegenwart bin. Und wenn du willst, auch deine Zukunft.«
»Das klang ja fast wie ein Antrag«, schniefte Sawo und wischte sich über die Augen.
»Und wenn es so wäre?«
Sawos Kopf ruckte hoch, er starrte seinen Freund an, der schmunzelnd den Blick erwiderte.
»Also? Willst du?«
»Ja, ich will!«, erwiderte er ohne zu zögern und küsste Milan, der die Zärtlichkeit gern erwiderte.
»Aber erwarte nicht, dass ich so spontan einen Ring hier habe. Dafür müssen wir demnächst mal zum Juwelier«, lachte Milan und rollte sich über Sawo, drückte ihn ins Laken und beugte sich zu ihm hinab. Küsste seine Lippen, seine Nasenspitze, seine Stirn. Sawo kicherte und genoss die Zärtlichkeiten. Er legte den Kopf in den Nacken und Milan kam der stummen Aufforderung sofort nach, wanderte mit seinen Lippen tiefer, über Sawos Hals, tupfte einen federleichten Kuss auf seinen Kehlkopf, das Schlüsselbein, seine Schulter. Dann hielt er inne und blickte Sawo von unten her an.
»Aber versprich mir eins.«
Sawo sah fragend zu ihm herab.
»Nie wieder der Name deines Ex-Freundes in unserem Bett.«
»Versprochen!« Damit schlang er die Arme um Milans Oberkörper und die Beine um seinen Po, um ihn erneut einzuladen.