Fluch: "Fthagn (dummer Munchkin es heißt "Fhtagn"!)"
Dein nächster Weglaufen-Versuch wird automatisch misslingen.
Aber jetzt war Key ja da. Sie war einen langen Weg gekommen. »Ich habe Hunger.«
»Ich auch.«
Der Mann in der Kutte hieß Yoannis und heilte gerade die Orkin. Die mit dem Satz: „Wie ich euch in die Arme gelufen bin“, angefangen hatte und mit der gerade gegebenen Bekundung ihre Zusammenfassung abgeschlossen hatte.
Der Priester zuppelte die Lederstück-Fetzen zurecht. Dieses Rüstung spottete jeder Beschreibung. Hätte Yoannis die grüne Frau gefragt, sie hätte ihm gern gesagt, dass sie einen Kettenhemdbikini vorgezogen hätte, dann aber sicher jetzt alle hier blind wären. Daher begnügte sie sich mit dem Fell, welches der Priester ihr freundlicherweise umgehängt hatte.
Diesen Moment nutzte Tarje, um ins Lager zurückzukehren. Wie alle anderen Kerle - stellte Key verdrossen fest - war dieser Mann ein ausgesuchtes Exemplar seiner Spezies. Groß, muskulös und gekleidet in Leder, das seine körperlichen Vorzüge noch mehr zur Geltung brachte. In dem Fall, den herrlichen Hintern. Die Orkin kam nicht umhin einen ausgiebigen Blick darauf zu werfen. Wie sollte sie dieses Bedürfnis unterdrücken, trug er doch einen Rehbock über den Schultern, während ihm das Blut des Tieres den bloßen Rücken hinab rann, über den Hintern seine Bahn zog und wahrscheinlich eine deutliche Spur hinter ihm gelassen hatte. Nachdem sie die anderen Jungs kennen gelernt hatte, fragte sie sich gar nicht erst, wo der Mann ein Hemd, eine Weste, eine Jacke oder was er sonst trug, gelassen haben mochte. Um die Hose zu halten, die ohnehin so spack saß wie an den Laib gegossen, hing ein Jagddolch an einem Gürtel. Das Werkzeug, mit dem er dem Tier sicherlich den Rest gegeben hatte.
Yoannis erhob sich und lächelte: »Ah, unser Abendessen.«
Der Jägersmann stolzierte zum Lagerfeuer, ließ sich auf die Knie fallen, das Wild rutschte nach hinten zu Boden. Den Kopf nach links und rechts rollend lockerte er seine Muskeln. Key schmachtete ihn einen Moment lang an. Solange, bis der Blick des Mannes zu ihr hinüber glitt. Er war angeekelt und wandte sich an den Heiler: »Hätte ich gewusst, dass ihr euch selber ’ne Sau fangt«, ließ er den Satz offen.
Der Priester rieb sich ein wenig unwohl die Hände an der Seite ab und ging zu ihm hinüber. Es dauerte eine Weile bis die Orkin verstand, dass sie gerade beleidigt worden war und man sie scheinbar für ein adäquates Stück Schinken hielt. Doch der Moment, um noch als schlagfertig zu gelten, war verflogen. Sie hielt lieber die Schnauze und beobachtete Yoannis, der sich mit einem Messer bewaffnete um Tarje zur Hand zu gehen. Mit flinken Schnitten zerlegten sie das Tier am Boden. Key schluckte, dass man hier nicht viel für Grünhäute übrig hatte, das hatte sie schon verstanden. Aber Tarjes Blick bedeutete ihr eindringlich, dass so wie er die Klinge führte, er sich dabei vorstellte sie auszuwaiden.
Der Rest der Gruppe ging seinen eigenen Aufgaben nach. Was bedeutete Halfdan, der Riese, rieb einen Wetzstein über die lange Klinge seines Gassenhauers. Raoul, der Messerwerfer, flocht ein Seil und Cranis las in seinem Beutelbuch, während er sich nebenher Notizen in ein kleines in Leder gebundenes Heft machte und seinen Zauberstab wieder verstaut hatte.
Vielleicht nicht der schlechteste Moment, um abzuhauen. Key kam hoch und klopfte sich den Hintern ab. Tannennadeln rieselten zu Boden. Blöd nur, dass sie keine Ahnung hatte wohin sie sich wenden sollte. Die Männer verrichteten ihre Arbeit im Stillen, sie fühlte sich wie ein Eindringling. Alleine würde sie hier keine Woche überleben, irgendein Dämlack würde sie versuchen abzumurksen, nur weil sie grün war. Sie brauchte eine Verkleidung oder Bodyguards. Yoannis schien bereit über ihre Hautfarbe hinweg zu sehen, ganz zu schweigen von ihren anderen Unzulänglichkeiten. Aber ob die anderen das tolerieren würden? Was hatte sie davon, wenn der Priester sich für sie aussprach? Das bedeutete noch lange nicht, dass es hier eine demokratische Abstimmung geben würde. Ihr Blick glitt herum: Nein, eher würde dieser Halfdan sie einfach einen Kopf kürzer machen und die Angelegenheit für beendet erklären.
Sie schluckte erneut: Einer der die Klinge wetzte, einer der einen Spruch auswendig lernte, ein dritter der das Auswaiden übte und ein vierter der ein Seil zum Aufhängen knüpfte. Unruhig geworden biss sie sich auf der Unterlippe herum. »Ich bin so was von tot.«
Raoul sah auf und warf ihr einen abschätzenden Blick zu. Seinem Beispiel folgten nach und nach die anderen: »Hast du was gesagt, Sau?«, ließ sich Halfdan dazu herab, das Wort an sie zu richten.
Die Orkin sah zu Boden, wie ein dummes Tier stand sie hier herum. Es ärgerte sie, doch sie wiederholte ihre Worte: »Ich habe gesagt, Scheiße verdammte, ich bin so was von tot.«
Die fünf Männer warfen sich gegenseitig Blicke zu. Cranis senkte als erster den Kopf. Schien ihm egal zu sein. Raoul brauchte gar kein Seil - seine Blicke spießten sie auch so auf. Der Krieger unterbrach sein Schleifen und stützte sein Kinn auf seine Faust. Als Nächstes sah Tarje wieder weg und widmete sich seinem Tier. Yoannis rieb sich das glatt rasierte Kinn. Da er hier wirklich den netten Part abbekommen zu haben schien, forderte er sie auf: »Wieso sagst du so etwas Hoffnungsloses?«
Raoul kläffte hintendrein: »Und wieso fluchst du dabei so vulgär?«
Betroffen blinzelte Key und hob den Kopf, ihr Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, was Halfdan veranlasste ebenfalls die Zähne zu blecken, als hätte die Orkin ihm nur mittels Mimik eine Kampfansage gemacht.
Die Orkin pampte zurück: »Weil ich’s kann.«
Raoul erhob sich, schwang sich das unfertige Seil um den Nacken und kam auf sie zu.
Der Krieger beobachtete die Posse, unternahm jedoch nichts. Immerhin feuerte er seinen Kumpanen nicht an.
Key wich nicht zurück: »Ist doch wahr!« Sie verschränkte die Arme vor der Brust: »Wenn ihr mich nicht abmurkst, wird es jemand anderes tun. Ich kann keinen verfluchten Schritt machen ohne als laufende Zielscheibe herhalten zu müssen.« Sie drehte Raoul ihren Rücken zu: »Und ich bin ein verdammt prächtiges Ziel.« Sie hieb sich selbst auf den viel zu dicken Hintern, dass es klatschte. Raoul leckte sich die Lippen, durch seine Augenschlitze sprang sie regelrecht der Ärger an, dem sie ihm bereitete.
Viel kleiner als sie und doch mit einem Ego bestückt, das für Zwei gereicht hätte, baute sich der Mann in der schwarzen Montur vor Key auf.
»Hör’ auf zu fluchen, sonst schneid’ ich dir deine Zunge heraus«, giftete er bedrohlich und zückte ein winziges Messer. Keys Blick fiel darauf, leider traute sie ihm zu, damit umgehen zu können und die Wahl bewusst getroffen zu haben um so einen filigranen Schnitt wie den im Mund eines viel größeren Gegners vorzunehmen. Ach was, Gegner. Sie war kein Gegner, sie war das Opfer.
Doch Key hatte nicht einmal mehr Angst, sollten die Jungs es doch bitte einfach hinter sich bringen. Sie hatte ihnen doch eh nichts entgegenzusetzen.
»Du Ferkel«, schimpfte Raoul, »wieso sollten wir dir helfen und dich dann umbringen? Beleidige uns ja nicht noch mal.«
Im Hintergrund schnaubte Tarje verächtlich: »Sie ist ein Ork. Was erwartest du, dass da eine nennenswerte Denkleistung wäre?«
»Jetzt reicht’s!« Key stampfte mit dem Fuß auf. »Ihr dürft mich beleidigen und ich soll dann auch noch Danke sagen?« Sie drehte sich um. Masse mal Beschleunigung ausnutzend und griff ohne Vorwarnung an. Statt sich mit dem gezogenen Messer zu verteidigen, riss Raoul die Klinge aus der Bahn und empfing die Stöße ihrer Fäuste. »Glaubt ihr denn, wenn ich wirklich ein Ork wäre, würde ich freiwillig alleine hier herum laufen, als verdammte, verfluchte, verschissene Zielscheibe?« Jedes Schimpfwort ein Stoß ihrer großen Hände gegen den Körper des Mannes vor sich.
Er ließ sich zurück schubsen und ging dann auf Abstand. Key stolperte mit Schwung nach vorn und an ihm vorbei.
Halfdan rief laut: »Es reicht!« Und animierte damit Raoul ebenfalls wieder aufzumucken. Das Messer landete Spitze voran im Waldboden vor Keys Füßen.
»Ich hol’ jetzt die Seife.«
Wie angewurzelt starrte Key das Messer an und grummelte vor sich hin. Seife? Ja, was auch immer. Sie hatte ein neues Opfer für ihre Angriffe in Halfdan und wandte sich folglich ihm zu: »Ob ihr es mir glaubt oder nicht - das hier ist nicht abenteuerlustig! Wie oft soll ich es noch sagen? Ich gehöre hier nicht hin. Ich bin ein Mensch, kein Ork! Und alles was ich will, ist nach Hause gehen. Aber jeder hier scheint mich abschlachten zu wollen.«
Der Hüne erhob sich, um sie zu überragen: »Halt mal die Füße still, ja?«
»Ich denke ja gar nicht daran, du ... du ... Schwarzenegger!«
Ratlos warf Halfdan einen Blick zu Cranis, anscheinend die Bildung dieses Quintetts. Der Magier schüttelte ahnungslos den Kopf.
Ihrerseits hilfesuchend drehte sich Key in Richtung Yoannis. Aber der Mann würde ihr nicht den Rücken stärken, es war offensichtlich, auf welcher Seite er stand und das war nicht ihre.
Während das Bergmassiv im Kettenhemd sie niederzustarren versuchte, ahnte sie nichts von dem tückischem Raoul. Er sprang sie von hinten an, schlang Arme und Beine um sie und schrie: »Ich habe dich gewarnt! Noch ein Fluch über deine scheußlichen Lippen und du kriegst Ärger mit mir!«
Da will mal keiner kleinlich sein, aber richtigerweise hatte er ihr damit gedroht die Zunge zu amputieren. Was Key aber jetzt sicher nicht bemängelte. Sie brüllte auf. Das Erstaunen über ihre starke Stimme stellte sie genauso hinten an wie die Tatsache, dass sie ganz schön stark war. Ihr Arm griff nach hinten, bekam diese räudige Laus zu fassen und schleuderte ihn mir nichts dir nichts nach vorn. Im Flug trat Raoul sie mit dem Stiefel ins Gesicht. Zur Seite taumelnd ächzte sie gequält aber fuhr sofort herum, als Halfdan und sein Kamerad Anstalten machten sich wieder auf sie zu stürzen. Zu schnell für Keys begrenzte Fähigkeiten und im Vergleich zu ihren Reflexen in Lichtgeschwindigkeit zulangenden Händen. Eine Hand griff sie am Oberarm, eine andere verdrehte ihr den zweiten auf den Rücken und etwas trat ihr in die Kniekehle. Sie fand sich sodann am Boden wieder, erneut. Eine Hand packte sie grob in den Haaren und riss ihr den Kopf nach hinten, das kannte sie ja schon. In Ermangelung an Alternativen schnappte sie nach dem Arm. Und da war er. Ein riesiger Block rosa Seife.
Um Hilfe krähen hätte ihr ja nichts gebracht, daher verlegte sie sich lieber auf andere Weisen, drehte den Kopf zur Seite um zu fauchen: »Lasst mich los.«
»Kannst knicken«, war die einzige Antwort, die sie erhielt und das milchige Ding wurde gegen ihren Mund gepresst. Der Druck war unangenehm stark und sie befürchtete ein paar Zähne einbüßen zu müssen, daher sperrte sie die Kiefer auf. Widerlicher Geschmack erfüllte beinah sofort ihren Mund. Raoul schob das Stück unerbittlich tiefer und zog es ihr über die Zähne wieder heraus. Ihre Schneidezähne formten hübsche Rillen in den weichen Brocken, an ihren Zähnen klebten die abgeriebenen Rückstände. Aber ehe sie ausspucken konnte, was sie herzhaft versuchte, griff Raoul um. Er packte ihre Nase, kniff zu und schüttete der völlig verdutzten Orkin Wasser über Mund, Nase und Kinn. Ein guter Schuss fand hinein, ehe sie die Lippen schließen konnte. Während Key noch verzweifelt daran dachte jetzt nur unter keinen Umständen zu schlucken, fing die Seife an sich aufzulösen.
Es lag aber anscheinend gar nicht in Raouls Sinn, sie mittels Lauge zu vergiften, denn er forderte: »Ausspucken.« Das tat sie nur zu gern, als er ihre Nase losließ. Der Griff um ihre Arme lockerte sich marginal, damit sie sich vorn über beugen konnte. Sie spuckte und spuckte und spuckte. Zog so viel Speichel zusammen, wie es ging und noch immer hingen Seifenflocken in ihrem Mund.
»Nun«, Halfdan ließ sie los, »Lektion gelernt, will ich hoffen.« Er stupste sie in die Seite und wie erwartet quiekte sie auf. »Wenn ich sage es reicht, dann reicht es auch, klar?«
Beide Hände vorgereckt, rupfte die Orkin dem bösen kleinen Mann den Wasserschlauch aus der Hand und schüttete mehr Wasser in ihren Mund. Sie gurgelte heftig und spuckte aus. Halfdan vor die Füße. Sie durfte es ja vielleicht nicht sagen, aber die Geste würde er verstehen.
Dann leerte sie den Schlauch und ließ das Wasser in ihrem Mund rollen, blähte die Backen und versuchte mit der Zunge alles was noch an den Zähnen hing wegzustreichen.
Erneut spuckte sie und machte laut: »Bäh-hä-hä.« Sich umsehend nach noch mehr klarem Wasser drehte sie sich mit heraus hängender Zunge im Kreis. Raoul feierte sich als Überlegener und deutete in den Wald: »Da hinten ist ein Bach. Nicht nur deine Zunge, dein gesamter stinkender Körper könnte ein Bad vertragen.« Vom Lagerfeuer ließ sich der Jäger vernehmen: »Ja, vielleicht bist du gewaschen ja umgänglicher und ein angenehmerer Gast.«
Sie rollte die Zunge ein: »Ich stinke nicht«, behauptend.
Die Seife wurde in der Faust bedrohlich geschüttelt unter ihrer Nase: »Gehst du freiwillig?«
Sie langte zu und quetschte Raoul das Handgelenk, während sie ihm die Seife abnahm: »Wag’ es nicht einmal.« Zeternd stapfte sie in die angewiesene Richtung. »Maden. Dreckskerle. Bastarde. Arschlöcher!«
»Ich kann dich hören!«, rief Raoul ihr nach.
Sie blieb stehen, zog den Kopf ein und knurrte: »Und ich dich nicht ausstehen.«