Verstärker: "... mit Feuer und Flamme"
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Am nächsten Morgen zückte Cranis aus seinem Rucksack, den er stets als Kopfkissen benutzte, eine Schatulle. Er schüttelte sie ordentlich durch, bis Key eine Stimme hören konnte, die fluchte und schimpfte. Das kleine Ding war wirklich so eng, wie es aussah und höchstwahrscheinlich nicht innen geräumiger als es von außen vermuten ließ. Der Magier öffnete den Verschluss und zog einen armen kleinen Kerl heraus, packte ihn an den Flügeln, wie andere Leute eine Fliege. Dann grinste er: »Nörgel, Arbeit für dich. Mach’ Feuer!«
Der Fee blinzelte entsetzt in das graue Morgenlicht: »Seid ihr bescheuert? Es ist früher Morgen. Meine Bruderschaft hat strenge Regeln. Ich streike, hört ihr? Mir ist vertraglich zugesichert einmal am Tag«,
Seine Tirade brach, als der Gelehrte ihn heftig an den Flügeln schüttelte. Er schrie vor Schmerz, doch dann brach der Laut ab, weil er sich den Mund zuhalten musste, um sich nicht zu übergeben. »Das muss ich mir nicht bieten lassen. Ihr behandelt mich nicht anständig«, pampte er nachdem sein Kopf aufhörte zu kreisen. Cranis ließ ihn los und der Fee fiel wie eine tote Motte zu Boden. Er klatschte ins Laub und blieb dort benommen liegen. Key fragte sich, wieso er nicht einfach abhaute, vermutete aber, dass es an dem Kästchen lag. Nicht einmal weil dem kleinen Wunderwesen etwas an dem Kasten lag. Sentimentalität konnte man also ausschließen, wahrscheinlicher war, dass er auf magische Weise daran gebunden war und dahin musste, wo das Kästchen hinging und tun musste, was sein Meister, in dem Fall Cranis, verlangte, wie ein Dschinn. Sie verabscheute den Magier dafür, weil er den winzigen Mann so niederträchtig behandelte.
Der Fee rappelte sich langsam hoch und sah sich um. Als er sie erblickte, glättete er seine Flügel, strich sich die Haare nach hinten und flatterte zu ihr hinüber: »Na, wenn das mal nicht eine kleine Bache ist.«
Von allen Männern hier, die sie abwechselnd Sau, Ferkel oder Wildschwein nannten um etwas Abwechslung in die Kosenamen zu bringen, kam ihr das wie ein Kompliment vor. Es klang etwas adeliger und Nörgel war der Erste, der sie so nannte. Sie streckte eine Hand und er kam zu ihr geflattert. Sie fand ihn auf Anhieb liebenswürdig.
Cranis murrte: »Nörgel, das Feuer!«
Der Fee drehte sich um und zeigte ihm den gekrümmten kleinen Finger, die hiesige schlimmste Geste. Sie bedeutete so viel wie: Ich steck’ dir ’nen Haken in den Hintern und zieh mal kräftig dran - dann reden wir weiter. »Schafft erst mal Brennholz her.«
Das bot sich gerade an, fand Yoannis: »Tarje, lass uns das Holz holen gehen.«
Wortkarg wie eh und je erhielt er ein Nicken von dem Waldläufer.
In etwa die Größe eines Latte-Espresso aus dem Kühlregal. In eine handelsübliche Verpackung von 250ml aus 100% Arabica Bohnen, hätte der Fee locker hinein gepasst. Der hübscheste Mann, den Key je gesehen hatte. Ein vollkommener Mann, nur eben in Miniatur. Aber genauso hervorragend austrainiert wie die großen Exemplare. Key hatte schon im ersten Verdachtsmoment angefangen ihr Gehirn zu durchforsten nach Bildmaterial wie gesuchmaschint. Ihr fielen etliche vergleichbare Männer ein. Aber diese hier waren in ihrer Ausprägung viel perfekter als jeder dick mit Schminke eingekleisterte Filmschauspieler. Das hier waren eher diese männlichen Topmodels. Gut, liebevoll nannte sie Halfdan Conan oder Schwarzenegger, aber er sah eher aus wie ein Dalhaus. Und Yoannis, der hatte so volle Lippen und ausgeglichene Wangenknochen wie ein Meeks.
Und mit Sicherheit rannten hier auch noch allerhand geklonte Clooneys, Pitts, Deppen und Beckhams rum. Diese Art Männer die in der Davidoff Werbung aus dem Wasser kamen, weil sie entweder aus Lost gestrandet waren oder wie DiCaprio vom Schiff gefallen um einen Umweg über den Beach zu nehmen. Cranis erinnerte mehr an einen al Gala. Key wollten da nur noch so Attribute wie: handsome und smart einfallen. Die Kerle vereinten einfach alles, was man in der Realität nur an einzelnen fand und sich zusammen denken musste wie in einer Collage. Nur, dass bildbearbeitungsprogrammte Durchschnitts-Beaus mehr als nur merkwürdig aussahen und eher das Schlimmste von Bieber und Glitzer vereinten.
Das hier war ein wahr gewordener Traum voller Traumtypen und deswegen konnte das ja nur ein Traum sein. Ein Albtraum für die Orkin, die schon nach einer Umdrehung nicht mehr wusste, wo sie hinsehen sollte. Deshalb zog sie es vor den Feenmann anzublicken, der Einzige mit dem sie sowieso nichts anfangen konnte, da er für jedes Techtel und auch Mechtel einfach zu klein war. Es kam eben auf die Größe an - und wenn sie schon mal dabei war, diese Beulen in den Hosen der normal großen Herren, entweder hier war alles einfach zu gut oder sie hatte die örtliche Gruppe erwischt die beim Blank ziehen alle beide Händen brauchten und trotzdem nicht auskamen.
»Was guckst du denn so komisch?«, fragte der Fee, er lag wie auf einem Diwan in ihrer Armbeuge, die Beine lang gestreckt über ihren Unterarm und sich am Oberarm abstützend. Seine Flügel nach hinten in die Sonne gestreckt, sie vibrierten leicht, vielleicht fächerte er sich damit Luft zu. Und sah sie an. Ja sag mal, flirtete der Kleine etwa gerade ziemlich heftig mit ihr?
Die Blicke die Cranis ihm und der Orkin zuwarf, hätten ihr - im Nachhinein betrachtet - vielleicht Warnung sein können.
Nachtrag:
Dahlhaus: https://kultmodels.wordpress.com/portfolio/ben-mahlhaus-by-esra-sam/
Meeks: https://whitecrossmanagement.com/male-model/jeremy-meeks
al Gala: http://www.fashioneven.com/best-arabic-beard-styles-for-men-9/