Monster Stufe 2 „Wecker“
Was für ein hässliches Geräusch. Sogar noch hässlicher als Orks.
Schlimme Dinge: Du wachst auf, alles war nur ein Traum.
Ziehe einen Schatz
»Irgendwie siehst du heute anders aus«, pflichtete Yoannis Raoul bei.
Beide Kerle standen stramm nebeneinander. Key wunderte sich nicht zum ersten Mal wieso die Jungs immer wie aus dem Ei gepellt aussahen, selbst direkt nach dem Aufstehen. Der Blick, mit dem der Schurke sie bemaß, bereitete ihr Unbehagen, obwohl sie noch nicht sicher sagen konnte, aus welchem Grund genau. Jetzt legten beide den Kopf zur Seite und musterten sie weiter. Key saß auf ihrer Matte und verfluchte den harten Boden, der sich ihr bei jeder sich bietenden Gelegenheit in den Rumpf bohrte.
Raoul kratzte sich am Kopf: »Irgendwie Lindgrün.«
Da schnippte der Priester mit Daumen und Zeigefinger: »Sie ist krank!«
Schneller als die grüne Frau hätte sagen können: Verpiss’ dich ich brauche keinen Arzt, war er wieder da und hatte seine Erste Hilfe Tasche in der Hand. Raoul blickte sie eindringlich an. Als sie ihm aber die Zunge rausstreckte, wandte er sich ab.
»Yo - das ist wirklich nicht nötig«, murmelte sie und versuchte seine Hand davon abzuhalten nach ihrer Kleidung zu greifen.
Er ließ sich jedoch nicht abbringen, kannte diese Sturheit und setzte sich durch. Systematisch sah er ihr in die Augen, die Ohren und in den Mund. Dann tastete er ihren Hals ab und hieß sie mit leichtem Druck sich wieder lang auszustrecken. Dann legte er sein Hör-Instrument an und seine Finger glitten auf unpersönliche Weise weiter.
»Yo-ho«, summte Key und rollte die Augen.
Er machte: »Pscht!« Wie sie es sich beinah alle angewöhnt hatten, wenn sie anfing ihnen auf die Nerven zu gehen.
»Yo«, machte sie etwas ernster. Und seine Finger klopften auf ihren Bauch. Als er den Rock anheben wollte, klappte ihr Körper zusammen wie auf ein Kissen genau in die Mitte mit der Handkante geschlagen. Sie stieß ihn fort und stopfte sich ihre spärliche Kleidung zwischen die Schenkel.
Misstrauisch betrachtete der Heiler ihr Gebaren und beugte sich vor: »Ist es das, was ich vermute?«
»Kommt drauf an, was du vermutest«, knurrte die Orkin.
Mit einem leisen Räuspern lehnte er sich zurück auf seine Fersen und zuckte nachdenklich die Nase, er wirkte wie ein Häschen. Er kniff die Augen zusammen: »Ich bedauere, ich habe für DIESEN Fall nichts vorrätig. Ich muss erst ein paar Kräuter sammeln und einen Sud kochen und ...«
Key räusperte sich und sah ihn auffordernd an: »Was mir wirklich helfen würde, wären eine Hose und ein Korken.« Ersteres war ernst gemeint, das zweite stellte ihrer Meinung nach das Äquivalent zum Tampon dar.
Unzufriedenes Schnauben erntete sie für ihren äußerst praktikablen Vorschlag und der Mann schüttelte den Kopf: »Ich weiß nicht wie das bei Orkfrauen ist.«
Eben jene Orkfrau zog eine Schnute und druckste herum: »Tja, dumm das. Ich auch nicht.« Sie sah ihn an. Für einen Moment stand Unglaube im Gesicht des Möchtegern-Arztes geschrieben, dann klatschte er seine Hand gegen die Stirn. Da war ja was. Key nickte, genau: Diese lästige Sache von wegen, ich bin kein Ork und ich habe keine Ahnung was normale Orks so zu tun pflegen und schon mal gar nicht, ob sie ihre Tage kriegen.
Die anderen kamen langsam näher: »Was Ernstes?«, hakte Halfdan nach.
Key warf Raoul einen entrüsteten Blick zu, diese kleine Petze war direkt zum Krieger gelaufen um Bescheid zu geben, dass sie unpässlich war. Schönen Dank auch, Nichtsnutz.
Der Schurke ließ sich aber kein Stück davon beeindrucken und popelte sich mit einer Messerspitze Dreck unter dem Finger hervor. Die Orkin zischte bedrohlich aufgebracht, die Wut sorgte dafür, dass ein wenig Farbe zurück in die Wangen fand.
Yoannis erhob sich und meinte leise: »Wir sollten sicherheitshalber«, er warf Key einen abschätzenden Blick zu und überlegte, »eine Rast von drei Tagen einlegen.«
Key räusperte sich.
Schnell beeilte er sich nachzusetzen: »Vielleicht auch noch länger.«
Jetzt blickte Halfdan missmutig drein. Doch er gab tatsächlich den Befehl: »Also gut, richten wir uns für länger ein.« Schien ihm unlieb zu sein.
So konnte sich Nörgel ausgiebig seinen Lustobjekten widmen, welche seit ihrem Zusammenstoß mit der Gruppe, Keys Brüste waren. Sie zog mit dem Zeigefinger am Hemdkragen und er ließ sich hinein rutschen. Machte es sich zwischen den dicken weichen Bergen bequem und seufzte zufrieden. Etwas abgedunkelt drang seine Stimme zu ihr: »Also, was hab’ ich verpasst?«
»Nichts Aufregendes«, log Key und drückte ihr Kinn hinab, um in ihren Ausschnitt zu schauen.
Nörgel grinste sie an aus ihrem Dekolleté und streichelte über ihre Haut: »Sieh’ mich nicht so an«, bat er.
Sie lächelte beinah zärtlich: »Wie denn?«
Hinter ihnen verdunkelte sich Raouls Blick, leise grollend merkte er erst auf, als der Krieger sich ihm in den Weg stellte. Allein durch den Blick bedeutete er dem geschickten Messerwerfer zu verschwinden. Der Schurke schien sich aufzuplustern und dachte nicht daran sich an den Befehl zu halten. Er bleckte wölfisch die Zähne, aber Halfdan nickte mit dem Kopf zur Seite. Man sah deutlich, wie Raoul schluckte und sich dann langsam trollte. Er überquerte so stolz er konnte die Lichtung und die vorbeiführende Straße um sich in ein Feld zu schlagen. Was er dort tat, erfuhr niemand. Aber seiner Laune nach zu urteilen, als er Stunden später zurückkam, hatte er ein paar Kornkreise gelaufen.
Denn als er das Lager wieder betrat, half Yoannis, der inzwischen zurück war, gerade der Orkin auf die Beine. »Ah«, machte der Priester und streckte den Arm aus: »Perfekt. Raoul, bring’ Key doch bitte zum Bach.«
Mit finsterer Mine packte Raoul die grüne Frau am Handgelenk und zog sie mit sich. Sie ließ es diesmal klaglos über sich ergehen. Was ihn verwunderte, aber er sprach sie nicht darauf an. Einzig sein Griff bohrte sich unangenehm in ihr Fleisch.
»Schon gut, schon gut«, abwehrend hob Raoul die Hände und senkte ein wenig den Kopf. »Ich tu dir doch nichts.«
Es wäre übertrieben zu behaupten, Key wäre momentan in einer stabilen Verfassung gewesen. Ganz im Gegenteil, sie hockte im Bachlauf, wieder einmal und wies den Mann an, sich gefälligst wegzudrehen. Aber der Schurke dachte nicht daran, mit einem Fuß stand er auf einem dicken Stein mitten im Bachlauf und balancierte sich aus. Die Orkin bibberte und deutete noch immer in die andere Richtung. Raoul drehte sich langsam um und kehrte ihr den Rücken zu. Gut, dass er von sich aus, eine Position oberhalb des Laufs gewählt hatte. So merkte er nicht wie sie sich das Blut aus dem Schritt wusch. Als sie sich in die Böschung setzte, fragte sie sich, ob sie jetzt den restlichen Tag hier sitzen sollte. Das war doch dämlich hoch Zehn.
Kurz darauf setzte sich Raoul neben sie und hielt ihr ein kleines Päckchen hin: »Soll ich dir von Yoannis geben. Die einzige Rolle, die er entbehren kann.« Er räusperte sich nicht einmal. Und starrte ihr offen ins Gesicht.
Sie wusste sie war schon wieder blass geworden um die Nase und nahm die provisorische Binde entgegen. Das würde total bekloppt aussehen, damit zwischen den Beinen herum zu laufen. »Ich brauche eine Hose«, maulte sie und ließ sich von Raoul auslachen.
»Ferkelchen, wir würden dir ja wirklich gerne helfen, aber dein Hintern passt einfach in keine einzige von unseren.«
Kunststück. Die Jungs hatten ja alle Hüften aus Drahtseil. Key frustete es und sie presste stattdessen die Beine zusammen und hielt sich den Bauch.
Eines musste man den Kerlen lassen, sie waren arrogant, unhöflich und noch ein paar andere Dinge, aber dafür aufmerksam. »Krämpfe?«, fragte er und wandte sich ihr zu.
Die Orkin sah betont zur Seite, ihr lagen diverse abweisende Sprüche auf der Zunge, aber es gab Zeiten, da wollte sie nicht einmal den Mann verprellen, dem sie von allen am meisten den Kopf zerquetschen wollte.
Scheinbar war es Antwort genug für Raoul, er stand auf und trat hinter sie, ließ sich wieder sinken und streckte links und rechts von ihr die Beine aus. Unsicher versuchte sie sich über die Schulter umzusehen, da spürte sie seine Hände auf den Schultern. Alles an ihr verspannte sich, Berührungen duldete sie ausschließlich von Yoannis und Nörgel, sicher nicht von diesem Wiesel.
»Dir ist schon klar, dass die Krämpfe im Unterleib sind?« Es folgte ein wohlig berauschtes Aufseufzen, das so gar nicht zu einer grunzenden Orkin passen wollte. Raoul schmunzelte hinter ihr, knetete ihre Schultern und strich zum Hals und Nacken. Ihr Kopf klappte nach vorn hinunter und überließ ihm ihren Nacken. Die Muskeln entspannten sich und ehe sie es sich versah, vergaß sie ganz, dass sie alles voll blutete und die Gruppe aufhielt. Sie war einen Moment lang richtig froh, dass niemand außer Raoul da war und sie in ihrem Leid erleben musste.
»Hm«, machte er nach einer Weile, während er ihr die Haare davon gestrichen hatte und sich ausgiebig um ihren verspannten Nacken gekümmert hatte. Key gab eine ebenso gehmte Antwort von sich, die er zum Anlass nahm seine Vermutung zu äußern im Flüsterton: »Ich hätte nicht gedacht, dass deine Haut so weich ist.«
Stutzend hob sie ein wenig den Kopf, als er fortfuhr: »Sie sieht so hart und knorpelig aus, aber dabei ist sie so sensibel.«
Sie schämte sich dafür, wie schaffte er es aus einem netten, sonnigen Vormittag einen hässlichen zu machen? Sie rückte ab von ihm und rutschte weiter hinunter. Hatte aber anscheinend wieder die Rechnung ohne den Kerl gemacht, er hielt sie fest und zog sie sanft zurück, schlug ihre Haare über seinen Schenkel, um ihren Kopf auf seinem Bein abzulegen. Dazu hätte er nie die Gelegenheit bekommen, wenn sie sich nicht bewegt hätte. Seine Finger strichen vorn über ihren Hals und unter dem Kinn entlang, hinunter zum Schlüsselbein und ein Stück unter den Kragen. Als sie den Kopf und somit den Blick hob, stellte sie fest, dass er sie nicht ansah. Sein Blick glitt unbestimmt in die Leere hinüber ans andere Ufer. Er erkundete sie blind um sich nicht von seinen Augen täuschen zu lassen. Zu allem Überfluss empfand sie dies als größtes Kompliment, was er ihr machen konnte. Sie schloss die Augen und schlummerte ein.
Auch als sie wieder erwachte, spürte sie seine Finger, sie musste kurz richtig eingenickt gewesen sein, denn er lag neben ihr, atmete leise und hatte ebenfalls die Augen geschlossen. Seine Hand befand sich unter ihrem Hemd und strich in ruhigen kreisenden Bewegungen über ihren Bauch. Sie blinzelte ins Blattwerk hinauf, atmete ein wenig schmatzend ein und aus und dämmerte wieder weg. Ihre Hand lag im Gras und hielt die Binde fest umklammert. Dann glitt seine Hand tiefer.
»Nicht«, schreckte sie auf und presste die Beine zusammen, spürte wie etwas klebrig und warm ihre Schenkel hinab rann. Ihr Gehirn kollabierte, so hätte es sein sollen. Wenn man schon in eine Abenteuerwelt gelangte: Einen hübschen Kerl aufreißen und romantisch in einem Bett im Kornfeld oder eben an einem Bachlauf ein heißes Nümmerchen schieben! Aber nein, sie musste ja in ein Dimensionsloch fallen, wenn sie menstruierte! Absolut perfekt. Das passierte doch sonst keinem.
»Was denn?« Raoul beugte sich von hinten über ihre Schulter.
Irritiert sah sich die Orkin um, sie hatte seine Finger doch zwischen ihren Beinen gespürt. Auf direktem Weg in ihren Schoß, das musste halb Wunschvorstellung gewesen sein, denn sie hielt immer noch die Arme über dem Bauch und saß zwischen seinen Beinen. Es drückte sich bis auf das Leder und die Gürtelschnalle nichts in ihren Rücken, was Anlass zur Besorgnis gegeben hätte. Er war nur ebenfalls etwas tiefer gerutscht und hatte ihren Kopf etwas höher gelegt, ihr durch die struppigen Haare gestrichen und sonst gar nichts. Sie räusperte und löste sich, glitt wieder Füße voran ins Wasser, kniete dort und wartete bis das Nass die Schlieren davon trieb. Sie sah sich unsicher um, aber höflich starrte Raoul mit einem angewinkelten Knie in eine andere Richtung und kaute auf einem Grashalm, die Beine immer noch leicht gespreizt, wie eine Einladung. Sie warf sich etwas Wasser ins Gesicht und kletterte dann wieder hinauf. Erst da sah er sie an und lächelte für sie. Eindeutig, Key legte den Kopf ein wenig schief.
Es bedurfte gar keiner Worte, als er seine Hand hob, krabbelte sie zu ihm und legte sich auf die Seite, zog die Knie dicht an den Körper und schlotterte. Ihr Kopf hing über seinem Bein, bis sie seine Hand spürte, die über ihre Wange streichelte. Leise maulte sie: »Das ist erst der Anfang. Es wird noch schlimmer werden.«
»Wir passen alle auf dich auf«, war alles was er dazu sagte und dann sein angewinkeltes Knie schützend gegen ihren Rücken drückte.
»Seit wann bist du so nett zu mir?«, machte Key leise und erspähte eine Butterblume, die sich über die Aufmerksamkeit genau so lange freute, bis sie sie ausrupfte und in den klammen Fingern drehte.
Es folgte ein unerträgliches Schweigen, aber dann seufzte Raoul: »Na ja, vielleicht weil ich im Grunde kein schlechter Kerl bin! Und vielleicht weil du echt mies aussiehst und wenn du dich so fühlst, wie du aussiehst, dann regt sich selbst in mir ein Funken Mitleid.«
»Arschloch«, fauchte Key und kam abrupt hoch. Sie hatte doch gewusst, dass er es nicht ernst meinte. Außerdem konnte sie jetzt gerade alles auf die kollabierenden Hormone schieben. Sie kam auf die Füße und ragte vor ihm auf, zog sich mit einer Hand das Hemd so weit hinunter, wie es ging und feuerte: »Das ist so typisch Mann. Einfach mal nicht Scheiße sein, könnt ihr nicht, oder? Wieso klingt aus deinem Mund immer alles so, als ob ich das furchtbarste Wesen wäre, dass dir je unter die Augen gekommen ist?«
Er starrte sie von unten herauf an, seine Hand hing nutzlos geworden über seinem Knie. Wieso fragte sie auch, es war ja wohl offensichtlich, dass sie genau das war. Das widerlichste Wesen mit dem er es je zu tun gehabt hatte. Und nur weil Halfdan ihn dazu verdonnert hatte ein Auge auf sie zu haben, mochte er sie noch lange nicht. Zu allem was er fähig war, war Mitleid. Weil sie absolut nutzlos, schwach und angreifbar war. Auf diesen Schwachsinn hatte kein Schulunterricht sie vorbereitet. Keine Fernsehsendung und kein Do-it-Yourself brachte einem sinnvolle Kniffe bei, wie man in einer Traumwelt überlebte, allein unter Kerlen, wenn man gleichzeitig aussah wie der Todfeind. Welche Talente sie früher gehabt haben mochte, hier war sie die reinste Zeitverschwendung.
Keys Gesicht veränderte sich im Zuge ihrer Aufregung, die grüne Färbung verblich und wie durch Zauberhand zogen sich ihre Augenbrauenwülste, die Stirnrunzeln und die Zähne ein Stück zurück. Ihre Aura flimmerte um sie herum auf und ließ sie leicht golden scheinen. Auf Raoul wirkte es wie die Korona der Sonnenstrahlen, die von schräg oben auf ihren Rücken und Hinterkopf fielen. Wahrscheinlich hatte er sich nur verguckt, denn unter diesem orkigen Aussehen glaubte er für einen Augenblick ein anderes Antlitz zu erkennen. Eines das sehr menschlich war. Zu kurz, um es als hübsch zu bezeichnen, nur eine Vermutung, dessen was unter der grünen Maske liegen mochte. In ihren Augen sammelte sich Schande und Traurigkeit in Form von Tränen. Aber sie hielt sie tapfer zurück. Er bekam gar nicht mit, wie sie sich die Rolle zwischen die Beine klemmte und dann in einer Art Wackelgang davon stapfte. Langsam sah er ihr nach, wusste es einfach: Sie hatte es selbst nicht einmal gemerkt.
Die Veränderung war nicht von Dauer, als sie sich ein gutes Stück entfernt hatte, rückten die orkischen Züge zurück an ihren Platz und sie fühlte, wie die Schmerzen sich durch ihren Bauch kämpften. Sie verteilten wilde Hiebe in alle Richtungen.