"Wanderndes Monster"
Das Monster schließt sich dem schon kämpfenden an.
Im Anschluss machten sie sich wieder auf den Weg, den Troll zu suchen. Die Orkin überlegte, während sie auf ihre grünen Hände starrte, die noch immer den Pilz umklammert hielten, wie sie die Jungs dazu bewegen konnte eine andere Richtung einzuschlagen. Es wunderte sie, dass Tarjes scharfer Spurensuchsinn noch nicht angesprungen war. Aber anscheinend hinterließen Trolle keine Spuren.
Vielleicht, wenn sie Kevin kennenlernen würden. Er war doch ein so lieber Troll gewesen. Dann würden sie sich dazu bekehren lassen, statt ihm den Kopf abzuschlagen, ihn zu schützen. So wie sie ihr einen Platz in ihrer Mitte zugesichert hatten.
Wenn sie sagte, dass sie eine andere Richtung nehmen sollten, müsste sie erklären wieso. Was dazu führen würde, dass sie heraus bekommen würden, was sie erlebt hatte, während die Herren (auch) um sie gekämpft hatten. Ach, verzwickter Mist hoch zweiundvierzig.
Wussten sie es nicht schon unlängst? Fragten sie sich nicht, woher sie den Pilz hatte? Oder war das hier in dieser Welt eines dieser: ’Ist hier so’ Angelegenheiten? Herrje! Sie wusste immer noch nicht, ob es jetzt wirklich ein Champignon war.
Die anderen waren aber alle mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt. Raoul mit seiner Ex-Freundin. Cranis mit seiner baldigen Ex-Robe. Tarje mit seinem leider niemals Ex-Bruder. Halfdan mit Bul Hurs wuchtigen Axthieben und Yoannis mit dem schwindenden Vorrat an Schmerz-Ex.
Sie fanden ihn aber trotzdem.
Vielmehr holten sie ihn ein. Denn Trolle dieser Größe waren langsam unterwegs. Kein Wunder, wenn sie das auf dem Weg hier herauf richtig verstanden hatte, dann wuchsen manche Trolle einfach so lange weiter, bis sie zu Bergen wurden und still stehen mussten. Schon doof das.
Und sie waren nicht die Einzigen. Wie es aussah, hatte es eine andere Gruppe noch vor ihnen geschafft. Ausnahmsweise war Key zwar der Auslöser für die Verzögerung gewesen diesmal, aber nicht die mittelbar Schuldige. Das sollte doch was heißen.
Kevin schwang einen ausgerissenen Baum. War ja beinah schon zu erwarten gewesen. Er war groß, hatte steinerne Haut und nutzte als Waffe, was ihm grad in die Finger kam. Gerade tauschte er den Baum gegen einen der gegen ihn kämpfenden Ritter. Mit dem Blechmann vermöbelte er daraufhin einen am Boden stehenden Mann in roten Pantoffeln und auch der Kerl, der aussah wie Herkules, samt Löwenfell, bekam sein Fett weg. Vor allem deshalb weil er rannte wie vom Teufel verfolgt und dabei sicher das bisschen Körperfett was er zwischen den Zehen und hinter den Ohren noch sparte, verbrannte.
Schon übel, welch leichtes Spiel Kevin mit den wackeren Mannen hatte. Völlig unbeeindruckt stampfte er seine große Faust auf den Boden und öffnete die Finger. Die völlig zerdrückte Rüstung blieb wie eine Puppe sitzen. Key wollte gar nicht wissen, wie der Kerl aussah, der da jetzt drin steckte. Sie verzog das Gesicht. Auf einmal erschien ihr Kevin nicht mehr ganz so lieb.
Und als wäre ihr Gedanke ihm direkt ins Gehirn geschossen, drehte sich der Troll um.
»Wawa!«
Key grunzte.
Ihre Mannschaft bemerkte nicht, dass Kevin immer noch glaubte, das wäre ihr Name. Hatte sie ihm nicht untersagt sie Wawa zu nennen? Ach nein, Wa. Wawa hatte er nicht gefragt. Na prima.
»Ehm, seid ihr jetzt dran, oder so was?«, fragte Key leise.
Halfdan grinste: »Und wie wir das sind. Die Gruppe von Ozzy ist jedenfalls aus dem Rennen.«
So langsam verstand Key die Spielregeln. Vorher durfte man sich gegenseitig an die Gurgel springen, während eines laufenden Kampfes aber nicht eingreifen. Erschien logisch. Raoul torpedierte ihre Einschätzung.
»Gut, dass sie selber einsehen, dass sie es nicht bringen. Sonst hätte ich das geregelt.«
Es gab wirklich so Momente, in denen konnte Key sich nicht beherrschen, sie hob den Pilz an und zog das weiche Ding dem Schurken über den Kopf. Es tat ihm nicht weh, der Fungus prallte gummiartig zurück. Aber er verstand schon.
»Was denn? Das war doch ein Trauerspiel.«
»Du würdest anderen wirklich in den Rücken fallen?«
Er lachte hart und unecht: »Jederzeit.«
Halfdan trennte die beiden vorsorglich: »Können wir dann, Meister?«
Raoul nickte schnell und zwinkerte Key noch zu: »Schau’ gut zu.«
Tatsächlich schaute sie ihm hinterher. Aber dann sah sie Kevin und sie brüllte: »Bestimmt nicht!« Demonstrativ wandte sie sich ab. Sie würde nicht dabei zusehen, wie sie den armen Kevin weh tun würden. Beinah wünschte sie sich, jemand würde eingreifen.
Dumm an der Sache mit dem Wünschen war, dass das durchaus ohne Wunschbrunnen und Sternschnuppen funktionierte. Wer sollte es anderes sein als Bul Hur? Deren Medicus schien auf Zack zu sein und hatte seine Leute wieder auf Vordermann gebracht. Und sie warteten nicht ab, bis der Troll sich der neuen Angreifer erwehrte.
Als Key die neuen Stimmen hörte, drehte sie sich doch um. Sie konnte sich glücklich schätzen, der Pilz bot ihr Halt. Das nächste traurige Spektakel nahm seinen Lauf.
Thinges feuerte einen Bolzen auf Kevin ab. Was den Troll zugegebenermaßen nicht juckte, aber der Schütze schrie dabei: »Unser!«
Woraufhin Raoul zurückbrüllte: »Vergiss es!«
Der dann von Eric sofort angegriffen wurde: »Jedenfalls nicht 'Deins'!«
Und erst dann brach der Zirkus los.
Key grummelte: »Wenn Kevin sich doch ohnehin in einen Berg verwandelt, was spricht dagegen einen neuen Berg entstehen zu lassen? Ist doch kein Grund sich und ihm den Kopf einzuschlagen.«
Zukünftiger Berg Kevin hatte seinen Baum wieder aufgehoben und wischte damit den Waldboden. Sie sah wie Tarje erfasst und davon gefegt wurde. Erleichtert atmete sie auf, als er aus der Baumkrone den Kopf hob und es ihm gut ging.
Schien ein Jeder gegen Jeden. Wobei Kevin all die kleinen Stiche, die sie gegen ihn anbrachten, kaum zu spüren schien. Wirklich unverwüstlich so ein Troll. Aber neben Mamor und Eisen konnte eben auch Stein brechen. Und selbst wenn der Troll irgendwann einmal seine Transformation abgeschlossen haben würde, noch lebte er. Und was lebte, das würde bluten können. Fasziniert beobachtete Key das Getümmel.
Ihr Blick fiel auf etwas, das ein kleines Stück abseits lag, da sich das Geschehen verlagert hatte. Denn wo immer Kevin hinging, um ihn herum rangelten die Männer.
Unbeaufsichtigt lag hinter einer Baumwurzel ein Bündel. Key schätzte den Weg ab. Vielleicht konnte sie dieses Tohuwabohu ausnutzen, um Nörgel zu holen. Das war ihre erste echte Chance. Cranis ließ sein Hab und Gut sonst nie aus den Augen. Nur jetzt, da er vollauf beschäftigt war.
Sie traute sich doch tatsächlich sich in die Richtung zu bewegen. Seitwärtsschritt, Vorwärtsschritt, stehen bleiben, noch ein Schritt. Einfach unbeteiligt vorrücken. Dann warf sie einen letzten sichernden Blick zum Kampf, ehe sie sich schnell bückte und den Pilz gegen die Wurzel lehnte als Sichtschutz. Sie zog das Bündel an sich und fummelte am Verschluss. Gut gesichert war es nicht gerade. Nur ein Stück Horn welches als Knopf fungierte. So vorsichtig sie konnte, griff sie hinein und tastete mit den Fingern über Stoffe, Pergament und etwas Klebriges. Dann traf sie auf Holz.
Diesen Gegenstand zog sie hervor und grinste.
»Treffer und versenkt.«
Da sie das Kästchen nirgendwo verstecken konnte, die Hemdtasche war zu klein, schloss sie den Beutel und schob ihn zurück an seinen Platz. Dann nahm sie ihren Pilz und folgte zögerlich wieder Schritt für Schritt der Frontlinie.
Sie blieb aber weit genug fort von der Gruppe um das Kästchen zu schütteln und an ihr Ohr zu halten.
»Nörgel? Ich bin es. Key.«
Der Fee antwortete erschrocken: »Was?«
Das Kichern war ihr selbst unheimlich. Sie hatte gar nicht gewusst, dass kriminelle Energie in ihr steckte. »Wie kann ich dich frei lassen?«
Keine Antwort.
»Soll ich den Kasten kaputt machen?«
Immer noch Stille.
»Bist du vor Schreck in Ohnmacht gefallen?«
Nörgel brauste auf. »Ich packe!«
Eingehend betrachtete sie ihre Hand. Er tat bitte was? Wie viel konnte er denn schon besitzen? Die Orkin probierte es weiter mit Schütteln und Reiben. Nützte nichts. »Wir haben nicht ewig Zeit.«
»Ja doch!«
Sie war sich schon im Klaren darüber, dass das jetzt ungeplant kam, aber was trieb der Fee da bitte so lange? Erst noch ins Bad oder was Männer sonst immer taten. Dann erlöste er sie endlich.
»Gut, du kannst mich jetzt herbei rufen.«
Prima! Sie hatte keine Ahnung wie. »Mein linker, linker Platz ist frei, ich wünsche mir Nörgel herbei?« Das Kästchen schien in ihrer Hand warm zu werden.
»Was bitte war das denn, Bache?«
Wusste sie auch nicht, sie war nicht magiebegabt, was wusste sie schon, wie so eine Formel lautete. Sie versuchte sich daran zu erinnern, was Cranis sagte, wenn er Nörgel aus dem Kasten ließ. Es wollte ihr aber nicht einfallen.
»Flamme an!« Der Befehl bewirkte gar nichts.
»Du bist wirklich nicht die Schlaueste«, die Feststellung war leider richtig.
»Nörgel, Arbeit für dich!«
Und schwupps klickte es. Sie blieb stehen und fingerte mit ihren dicken Fingern an dem Verschluss. Dann klappte der Deckel auf. Nörgel grinste sie an und flatterte hoch.
»Geht doch.«
Schwang da ein wenig Vorwurf im Subtext mit? Freches Gelichter.
Doch der Fee entfaltete seine Flügel, griff einen winzigen Sack, der aus einer Blüte zu bestehen schien und sprang heraus. Key warf einen Blick in den Kasten. Er war leer. Sie drehte ihn auf den Kopf, nichts fiel heraus.
»Soll ich es weg werfen?«
Nörgel brüllte ihr ins Ohr: »Bist du wahnsinnig?«
»Was dann?«
Er legte seine Blüte auf ihrer Schulter ab und machte ein paar Kniebeugen. »Gute Frage, jetzt kannst du es gerne kaputt machen. Vielleicht hilft das.«
Sie ließ sich nicht zweimal bitten und versuchte den Deckel vom Rest abzureißen. Das wollte nicht gelingen. Sie hatte doch Hauer, schoß es ihr durch die Ideenwerkstatt. Reichte nicht aus. So war das eben mit magischen Gegenständen. Schließlich legte sie den Pilz wieder ab und suchte sich einen Stein.
»Was ist denn da drüben los?«
Key hob den Kopf und unterbrach die Suche. »Hm? Ach, die wollen alle Kevin töten.«
Nörgel flatterte ein wenig auf und ab, kam dann aber zu ihr zurück. In ihrer Nähe fühlte er sich wohl und er konnte genauso gut von hier aus beobachten, fand er. Unterdessen hatte Key sich einen schönen Stein gefunden, sie kniete sich vor das Kästchen und holte aus.
Rumms.
Der erste Schlag brachte gar nichts.
Rumms. Rumms.
Na das sah doch schon besser aus. Immerhin konnte man das Holz zerkratzen. Wo war denn diese enorme Kraft, wie aktivierte man die? Auf dem Berg, am Pass nach der Brücke hatte sie das hinbekommen. Vielleicht, wenn sie sich vorstellte, das Kästchen wäre Raoul?
Rumms.
Nee, half auch nicht weiter.
»Verdammt noch mal«, sie hämmerte munter weiter. Irgendwann würden rohe Kräfte sinnlos waltend schon ihre Pflicht erfüllen.
»Geh’ endlich kaputt.«
Sie knurrte doch glatt die Schachtel an.
»Ich WILL, dass du jetzt aufgibst!«
RUMMS!
Und siehe da, endlich landete sie diesen Schlag. Sie wusste noch nicht wie sie ihn nennen sollte. Diesen Fausthieb á la van Damme. Und gleich noch mal, weil es so schön war: »Ich WILL!«
RUMMS!
Nörgel feuerte sie an: »Jetzt hat es verloren!«
Gemeinsam feierten sie ihren Sieg, in dem Key die Trümmer in die hohle Hand sammelte und der Fee ihr einen Kuss auf die Wange gab. Den spürte sie kaum, aber sie freute sich mit ihm nur umso mehr.
»Bist du jetzt wirklich frei?«
»Jawohl. Zauber gebrochen.«
Sie warf die Splitter von sich und klopfte sich die Hände ab. »Das war ja einfach.«
Der Kampf derweil hatte eine eigenartige Dynamik aufgebaut. Mehr und mehr griff der Troll, Kevin, nicht mal mehr ein. Bewunderung lag auf Keys Zügen, die zusammen mit Nörgel weiter dem Hick Hack folgte. Ein so riesiges Wesen, wie der Troll konnte sich praktisch unsichtbar machen, mitten im Gewimmel. Statt die Füße und Beine des Riesen anzugreifen, nutzten die beiden sich gegenseitig zerfleischenden Gruppen die unzerstörbaren Beine, als Schilde hinter denen sie in Deckung gehen konnten. Sie folgten den Schritten nur noch, weil sich ihr Versteck bewegte.
Sie steigerten sich sogar so weit in ihren gegenseitigen Hass, dass Kevin irgendwann aus dem Kampf aussteigen konnte. Er zog seinen Baum hinter sich her und trottete langsam auf Key zu. Dann stellte er den Baum falsch herum ab und lehnte sich auf die Wurzeln. Seine Stimme klang müde. »Schon putzig. Wie Ameisen.«
Die Orkin erinnerte sich ungern daran, wie sie barfuß vor wenigen Tagen in einen ihrer Hügel getreten und sofort gebissen worden war. Aber Kevin hatte Recht, so wie sie die echten Insekten, konnte er sich die Menschen einfach vom Fuß schütteln. Sie hob den Kopf und legte ihn in den Nacken. Im Verhältnis zu Kevin war sie in etwa so klein wie Nörgel für sie.
»Hast du denn keine Angst?«
Der Troll seufzte und brachte mit seinen großen Nasenlöchern die Äste zum Wackeln.
»Ach, weißt du, Wawa, wenn es die nicht sind, sind es später andere.«
»Heißt das, du findest dich einfach damit ab?«
Der Fee klopfte ihr das Ohr.
Kevin reagierte mit einem tiefen Grummeln, welches wieder Steine scheppern ließ.
»Wenn ich alle besiegt habe, vielleicht lassen sie mich dann in Ruhe. Aber die wenigstens von uns schaffen es.«
Sie senkte den Kopf. Das war traurig und ungerecht.
Hilfreich versuchte der Fee zu erklären: »Weißt du, das ist so: Das Land braucht einfach nicht so viele Berge, wie es Trolle gibt. Stell dir vor, wie es hier aussehen würde, wenn man jeden Troll zum Berg werden lassen würde.«
Das konnte Key beinah schon einsehen. Aber nur beinahe. »Soll das heißen, wir sind gerade auf einem Troll?« Sie hob den Blick wieder zu Kevin, der sie anlächelte auf eine makabere Art. Wie der Querulant, dessen Kopf schon in der Guillotine lag.
»Das heißt es.«
Darüber musste sie nachdenken und staunen. »Ist das bei den Orks ähnlich?«
Der Fee und der Troll sahen sich über ihren Kopf hinweg an. Kevin konnte Nörgel kaum ausmachen.
»Nein, Bache. Orks sind einfach nur ... .« Da schien ihm nichts mehr einzufallen.
’Nur’.
Der Lärm von kleineren Explosionen und das Klirren von Klingen verebbte.
Langsam drehten sich Kevin, Key und Nörgel den zehn Kämpfern zu. Sie alle sahen herüber, stützten sich gegenseitig. Erhoben sich vom Waldboden, richteten ihre Waffen oder klopften sich Arme, Beine und Hintern ab. Es schien ein lautloses Zeichen gegeben zu haben. Die Kampfhandlungen waren eingestellt.
Key trat mutig einen Schritt vor: »Lauf weg, Kevin.«
Der Troll bewegte sich kein Stück. Er lehnte weiter auf seinem Baum und grummelte etwas. Die Orkin breitete die Arme vor ihrem großen Freund aus. »Ihr dürft ihm nicht weh tun! Lasst ihn doch einfach ein kleiner Berg werden.«
Raoul fand, es sah idiotisch aus, wie die winzige Orkin vor dem großen Troll stand und ’den armen Kleinen’ in Schutz nahm. Mehrstimmiges Knurren drang zu Key hinüber. Die Männer fanden das allesamt nicht statthaft.
»Geh aus dem Weg, Key«, brachte Halfdan heraus, der dabei Blut zur Seite ausspuckte.
»Ja, Ork, verzieh’ dich, das ist unsere Beute«, bestimmte Eric.
Was sofort zur Folge hatte, dass Raoul sich wieder mit ihm verbal duellierte.
»Unser Ork, unser Troll!«
Leise murmelte Key Nörgel zu: »Die können gar nicht anders, oder?«
Der Fee tätschelte ihre Wange: »Nein. Das gehört dazu.«
Sie legte den Kopf zurück und sah zu Kevin: »Lauf weg.«
Doch der große Steinkopf blieb und sah den Gefahren trotzig in die Gesichter. Gut, dann musste Key sich etwas anderes einfallen lassen, am Besten sie appellierte an das Mitgefühl der Männer. Oder an Logik - Männer waren eher der Taktik zugänglich.
»Hört mal, ihr habt euch alle jetzt total verausgabt. Ihr könnt den Troll doch auch später noch bekämpfen.« Dann hatte sie Zeit sich was anderes auszudenken.
»Komm da weg, Ferkel«, Raouls Appell folgte ein Kopfschütteln der Orkin.
»Jungs, seht euch doch nur mal an. Ihr seid total geschliffen! Wie wollt ihr denn jetzt noch gegen den Troll kämpfen?«
Wenn sich alle erst etwas ausgeruht haben würden, würden sie ohnehin nur wieder aufeinander losgehen.
Ihr tollkühner Plan fand ein jähes Ende, als eine Peitsche knallte. Im Nu wickelte sich das Leder um Keys Hals. Sie packte mit den Händen danach, doch schon schnürte es ihr die Luft ab. Nörgel fiel ihren Rücken hinunter und entging nur knapp ihren wuchtigen Füßen, als sie zur Seite taumelte, sie musste dem Zug der gespannten Peitsche folgen. Sie hörte jemanden aufschreien.
»Nein!«
Dann war klar, dass sie das reinste Weichei war. Denn sie sah sich umzingelt von der gegnerischen Gruppe.
»So«, bestimmte Bul Hur, »Eure Wahl. Ich habe die Faxen dicke.« Seine Axt schwang hin: »Troll« und her, »oder Ork?«
Raoul sprang hervor: »Key!«, bestimmte er einfach mal so, ohne sich mit den anderen abzusprechen.
Da hatte er aber die Rechnung ohne seine Leute gemacht. Die zwar zu ihm traten und eine geschlossene Front bildeten, sich aber offensichtlich nicht einig waren.
Yoannis flüsterte: »Ich bin auch für Key.« Tarje schüttelte den Kopf. Aber das hier war keine demokratische Abstimmung. Es war Halfdans alleinige Entscheidung.
Gebannt verfolgten die Geiselnehmer die im Keim erstickende Diskussion. Man konnte viel über die Truppe von Halfdan sagen, aber nicht, dass er sie nicht zu führen wusste. Er schluckte und packte Raoul am Arm, um ihn zurückzuhalten. Er senkte seine Stimme.
»Der Trollkopf bringt mehr.«