Irgendwann sind wir fertig. Alle Taschen und Koffer leer zurück ins Auto geschafft, als wir Frauen uns entschließen, noch Frisches einkaufen zu gehen.
Allein, denn Tom, inzwischen zurück und mit Charterschein, erteilt Erklärungen an die anderen Männer, respektive Thomas und Jan, derweil Nicki umherhopsend die Einrichtung eines Hotspots fordert und nölt, er wäre hungrig.
Letzterem entzieht sich meine liebste Freundin geschickt, indem sie mich die Klapprampe auf den Steg hinauf schiebt und verkündet, wir wären jetzt im Rewe.
„Du kannst mit Nicolas und Jan oben zum Imbiss!“, trällert sie ihrem verdutzt dreinblickenden Mann noch entgegen. So guckt er immer, wenn sie die Rollen verkehrt.
„Guck mal, ob du Bargeld mitbringen kannst“, fordert er für mich wenig überraschend, denn gute Vorbereitung gehört nicht zu deren Spezialität.
„Wozu?“, höre ich Tom, „Wir sind doch meistens auf dem Boot.“
„Aber heute Abend gehen wir essen“, verkündet Steffi in einem Tonfall, der keine Widerworte zulässt, „an Land.“
„Heute Abend noch rauszufahren wäre eh Blödsinn“, stelle ich fest, derweil wir ihrem Auto zustreben, „Wir müssen ohnehin besprechen, wohin wir morgen fahren.“
„Ja, ich habe zwei Touren im Tourenheft gefunden, die reizvoll aussehen“, sie schließt das Auto auf, öffnet den Kofferraum, in den sie meinen Rollstuhl deponieren will, und verzieht gereizt das Gesicht.
„Was denn?“, ich rolle herbei.
Der Kofferraum ist voller leerer Taschen und Koffer.
Warum nur sind Männer so unkoordiniert?
Stumm resigniert stapelt sie den Kofferrauminhalt auf der Rückbank. Ich steige ein.
„Die Tour I nach Havelberg über Pritzerbe sieht am schönsten aus“, ich klappe den Spiegel runter und zupfe meinen Dutt zurecht.
„Schon, aber bei der Tour II“, sie schwingt in den Fahrersitz, „gibt es in den Häfen die schöneren Gastronomien.“
Wir grinsen uns hintersinnig an. „Aber morgen müssen wir grillen. Tom hat tonnenweise Spareribs im Sousvidee-Verfahren gemacht. Die schmecken fast wie bei Bones.“
„Klar, deshalb gehen wir ja jetzt noch Grünzeug und fürs Frühstück einkaufen.“
Obwohl es zahlreiche Hinweisschilder gibt, verfahren wir uns auf dem Weg zu REWE, was nicht an unserem Geschlecht liegt, sondern an Brandenburg. Die Schilder weisen von REWE weg, und einen Dank auf, dass bei ihm eingekauft wurde, aber es dauert eine Weile, bis wir das bemerken.
Als wir schließlich durch den Laden schlendern und den Wagen, bemundschutzt natürlich, mit Obst, Salat und Aufschnitt bestücken, stehen wir am Ende in der Getränkeabteilung.
„Bier?“, frage ich und denke an die Kerle.
„Schon, aber welches?“ Steffi wuchtet ein Six-Pack medium Sprudel neben die Pepsi im Wagen.
„Ich frage mal.“
Bier? Wenn ja, welches?, tippe ich in mein Smartphone.
Keine Antwort.
Ich stelle die gleiche Frage an Thomas.
Bier? Welches?
Wir wuchten ein Six-Pack Sprudel mit Kohlensäure in den Wagen und ich denke kurz über Tiefgang und Wassertiefe nach.
Keine Antwort.
Wir schleichen um die Bierkästen.
Lernen Sorten kennen, von denen wir nie gehört haben, und verharren bei einem Kasten Krombacher.
Ich versuche es erneut: Welches Bier, verdammte Axt!
„Das?“, ihre Hand zuckt hinüber.
„Das mag Tom nicht so gerne.“ Ich schiele auf mein Handy. Keine Antwort.
Wir umrunden weitere Kästen. „Weizenbier?“, frage ich.
„Ne, davon kriegt Thomas Durchfall. Das ist schlecht für den Frischwassertank....“
„Das ist ein Yacht-WC.“
„...und unsere Atemluft.“
Welches Bier!
Ich gebe das WC-Thema vorerst auf und linse aufs Handy.
„Sie antworten nicht.“
„Na, dann...“ Zielsicher marschiert sie auf die Sixpacks ausländischer Biere in einem Regal neben den Kästen zu und hält eines grinsend in die Höhe.
Ich hebe eine Braue. „Corona? Perfekt!“
An der Kasse werden wir daran erinnert, wo wir sind.
Derweil die Kassiererin die Ware scannt, wagt Steffi eine Grundsatzfrage. „Sagen sie, ist es möglich, hier Bargeld ausgezahlt zu bekommen?“
„Eins nach dem anderen!“, blafft es zurück, „Ich muss erst mal alles scannen!“
„Ich wollte es ja nur grundsätzlich wissen.“
„Ick kann ja nücht allet gleichzeitig machen! Wie viel wollnse denn?“
Allet tschick?, denke ich.
Auf dem Rückweg verfahren wir uns nicht mehr, aber an der Ampel, an der wir links abbiegen müssen, steht ein Dodge-Ram-Monster mit einem Macho-Fahrer, der die Rede nicht Wert ist. Und wahrscheinlich wäre er uns gar nicht aufgefallen, wenn auf dem Kühlergrill des Monster-Wagens nicht in fetten Buchstaben Götterdämmerung stünde.
"Hast du das gesehen?", schnaubt Steffi verächtlich.
Ich mache ein Geräusch, das nach Verachtung klingt. "Ja, sah nicht aus, wie eine Leuchte."
"Wahrscheinlich hält der Ragnarök für ein arabisches Fremdwort."
"Was soll ich sagen, Mausi", ich lege meine Hand auf ihr Bein, "Brandenburg."
"Na ja, aber wir sind ja die meiste Zeit auf dem Boot."