Das ist eine Angewohnheit von mir, in Ermangelung öffentlicher Behinderten-WCs bei Städtereisen, Luxushotels aufzusuchen. Bei größeren, wie dem Interconti oder dergleichen, gehe ich einfach hinein, scanne die Lobby und suche das Klo zielsicher auf. Wenn die Mitarbeiter überhaupt was denken, dann, dass ich da wohne.
Bei kleineren frage ich.
Das Schönste, das ich je aufsuchte, was das im Hotel Sacher, wo man überaus höflich war, und ich mich fast wunderte, dass sie mir keinen roten Teppich bis zur Klo-Tür ausgerollt hatten.
Das Dramatischste, was ich je erlebte, war der Herzinfarkt eines sehr jungen Anzugträgers im Hotel Maxim in Florenz.
Jedenfalls nehme ich an, dass es ein Herzinfarkt war. Steffi und ich schoben uns gerade durch den Eingang, als der Kerl neben uns aschfahl wurde und der Livrierte sofort auf ihn stürzte, als er stürzte und umkippte.
Während ich auf dem Klos saß, hörte ich das Jaulen der italienischen Martinshörner.
Vergessen werde ich das nie. Ich habe nie zuvor gesehen, wie jemand so bleich wurde.
Weil ich das Klo-Problem so lange mit mir herumschleppe wie ich im Rollstuhl sitzen, entgehen mir auch Kleinigkeiten wie das Steigenberger nicht, an dem wir circa 2 Stunden zuvor vorbeigelaufen waren.
Angesichts der Pandemie befinden sich im Eingang je links und rechts Handdesinfeketionsspender, von denen ich einen betätige, dann aber eine Weile dumm herum stehe, weil das Mistzeug nicht einzieht, und man mit nassen Händen nicht Rolli fahren kann.
Es geht nicht.
Weshalb ich im Herbst/Winter auch stets Lederhandschuhe mit mir führe. Alle anderen Materialien rutschen ab, weshalb ich sie gleich weg lassen kann.
Aber der junge Concierge ist ohnehin englischsprachig beschäftigt.
Als er Zeit für mich findet, und sich mir mit freundlich-fragender Miene zuwendet, setze ich ein zuckersüßes Gesicht auf.
„Verzeihung, aber ich bin nur eine arme Touristin, die nicht bei ihnen wohnt, aber ein dringendes Bedürfnis hat. Das WC im Schlosspark wurde Opfer von Vandalen. Dürfte ich ihre Behindertentoilette benutzen?“
Ich klimpere mit den Wimpern.
„Äh, aber natürlich. Hier geradeaus und dann links.“
Ich rolle über hochflorigen Teppich (schwierig) hier geradeaus und dann links, um kurz darauf vor einer verschlossenen Tür zu verharren. Nichts weist darauf hin, dass die Toilette besetzt wäre, also rolle ich wieder zurück.
„Die Tür ist verschlossen“, lächele ich.
Er guckt verdutzt, richtet sich das Revers und folgt mir zur Tür, die auch er, oh Wunder, verschlossen vorfindet. „Ich hole den Schlüssel.“
„Aber die Tür hat kein Schloss“, meine Hand zuckt zur Tür.
Einen Moment sieht er verunsichert aus. „Äh, ja, wie soll...sie muss doch ein Schloss...“
„Vielleicht versuchen sie es mit einem 2 Euro Stück“, schlage ich vor, leicht verärgert, dass mir das jetzt erst auffällt. Dass sie nur so einen Schlitz hat, den man leicht mit einer Münze herum drehen kann.
„Ja, sie haben Recht.“
Zwanzig Minuten später steht unsere Reisegruppe vor der Außengastronomie des italienischen Restaurants, in dem wir essen wollen.