Zurück in Plaue liegt selbiges unter azurnen Himmel, aber wir kommen uns nicht mehr verarscht vor.
Sollten noch Zweifel am zurückliegenden Sturm bestehen, werden sie von zwei leicht ramponierten Hausbooten ausgeräumt, und von der geschockt aussehenden Familie am Charterhäuschen, die einen Kaffee nach dem anderen trinkt, und sich mit panischem Gesichtsausdruck an die Tassen klammert.
Unser Boot, Toms Knotenüben Monate zuvor hat sich ausgezahlt, hat sich nicht losgerissen. Die Kajaks sind auch noch da und auf dem Steg vor dem Hausboot des Hamburgers kotzt dessen Spitz.
Stoischen Gesichtes laufen wir an den aufgeregt schnatternden Menschen vorbei, die aus allerlei Booten geströmt kommen und sich gegenseitig versichern, wie schrecklich es war.
Auf dem Plauer See.
Den man schon ohne Sturm bei Südwestwind nur befahren sollte, wenn man geübt ist.
Der junge Mann aus Hamburg grinst schief und deutet auf seinen Feldstecher und auf die Brücke. „Auch zugeguckt?“
„Ne, wir waren in Potsdam“, Steffi wackelt mit der Esprit und den Lindt-Tüten.
Die Männer bleiben bei ihm stehen, die Kinder werfen sich wegen des W-Lans auf das Schlaf-Sofa, und wir, pickepacke satt vom besten italienischen Essen jenseits Italiens und leicht beschwipst, füllen eine große Salatschüssel mit Lindor-Kugeln, verteilen Getränke drumherum und holen das Kartenspiel Level 8 heraus.
„Wollen wir nicht draußen schlafen?“, Tom kommt durch die Tür.
„Kannst du denn noch fahren?“, kiekst sie,
„Ich bitte dich, ich bin Auto gefahren. Hatte nur ein Bier.“
„Oh, ja. Lasst uns raus. Dann geht noch schwimmen“, kommt von Jan.
„Und Kajak!“, fordert Nicolas.
Ich schiele zu den Pralinen. „Ja, ich glaube, schwimmen muss ich auch noch etwas.“
Wir nutzten jene Nacht nur eine Bucht unweit des Hafens, da ein Blick in die Wetter-App offenbart, dass die Fahrt über den Plauer See am nächsten Tag ohne Gefahr möglich ist, und der liegt in die andere Richtung.
Wieder viel Natur.
Taubenhaucher und Schwäne, die unmöglich dieselben sein können. Eine weitere Nacht auf ruhigem Gewässer, weil wir uns dem unruhigen Gewässer konsequent entzogen hatten.
Bis jetzt waren wir die wenigste Zeit auf dem Boot, und doch konnten wir Preußenkontakt leidlich vermeiden, überwiegend, indem wir italienisch essen gingen.
Alle, bis auf meine Wenigkeit, schlafen lange, trinken Kaffee und es entbrennt eine Diskussion über den Abwassertank, von dem Steffi behauptet, er müsse ausgepumpt werden, weil er müffelt.
„Im Bad müffelt es, weil dein Mann drin ist“, gibt Tom, die Wasserstraßenkarte suchend, zurück.
„Nein, auch sonst“, widerspricht sie ihm.
„Kann nicht sein“, er findet die Karte unter einem Berg Kosmetik, der keinen Platz mehr im Bad gefunden hat, „bei der Einweisung hat der Typ gemeint, das reicht für mehr als sieben Tage.“
„Bei sechs Personen?“, sie stemmt die Fäuste in die Hüften.
„Mach mal einer die Pumpe an!“, ruft es dumpf aus dem Klo.
„Das ist ein Yacht-WC!“, schreie ich diesmal wütend, mache aber die Pumpe an, „Warum ist eigentlich immer alles Scheiße, was ich sage?“
„Wir gucken mal rein.“
Aber zuerst entgeistert zum Eingang, in dem nass Jan steht, mein Bikinioberteil in Händen. „Ist weggeweht.“
„Danke“, schnappe ich es mir, „Hat jemand die Wäscheklammern gesehen.“
„Da irgendwo bei den Zitronen“, lupft Steffi die drei Zitronennetze, unter denen sie das Klammernkörbchen entdeckt.
„Weshalb haben wir eigentlich so viele Zitronen“, Jan trocknet sich ab.
„Weil deine Tante täglich Zitronensaft trinkt.“
Alle gucken mich ratlos an und ich zucke die Achseln. Unterdessen ist Thomas vom Klo zurück und turnt mit Tom an der Reling, um in den Abwassertank zu linsen. „Alles in Ordnung!“
„Aber es stinkt!“, Steffi sieht mich an, „Findest du nicht?“
„Ich kann doch seit dem Unfall nicht mehr riechen.“
„Das vergesse ich immer“, sie haucht mir einen Kuss auf die Wange, was Nicolas veranlasst auf uns zu zu rasen, um uns zu umarmen.
Dann lichten wir die Anker mit Matrose Jans Hilfe und schippern los. Die Havel entlang, Richtung Plauer See.