Tom, der es nicht scheut, in die Hände zu spucken und zu arbeiten, wenn es angebracht ist, steht merklich irritiert dabei und sieht zu, wie Thomas, seine Tätigkeit kommentierend, zwei Tische unter einem großen Schirm der Außengastronomie zusammenschiebt, weil es ja erneut regnen könnte.
Er neigt ohnehin dazu, viel zu reden. Ich habe die Befürchtung, dass er Ruhe nicht ertragen kann.
Auch wir Frauen signalisieren mit unseren Gesichtsausdrücken, dass wir das, was er hier tut, am liebsten dem Personal überlassen wollen, nicht weil wir faul wären. Irgendwie haben wir nicht den Eindruck, dass sich das so gehört, und ja, da kommt er ja schon.
„Lassen sie mich das doch machen“, der große Italiener packt an, „so müsste es doch passen.“
Ich bin immer froh, mit Thomas zusammen auf große Italiener zu treffen, weil er dauernd darüber witzelt, dass die so klein wären. Ich kenne einen, der größer als Tom ist, und mein Mann ist 189 cm. Vielleicht sollte ich Luca für Thomas nächsten Monat fotografieren. Wenn wir in Italien sind. Aber ich schweife ab.
Hier und jetzt werden Stühle gerückt, bis wir verteilt sind.
„Christiane gewinnt immer die Reise nach Jerusalem“, ruft Nicki begeistert aus.
„Wir haben hier für jeden einen Stuhl“, galant hilft mir der Kellner aus der feuchten Jacke, „möchten die Damen einen Crodino? Einen Bellini oder einen Aperol..“
„Crodino wäre schön“, Steffi hebt einen Zeigefinger.
„Ich hätte gerne eine Sprite“, bestimmt Nicolas, und Jan, der sich sein Smartphone nimmt, um den Regenbogen über uns zu fotografieren, bestellt eine Cola. Die Männer Bier, und der Kellner ist schon fast weg, als Nicolas ihm hinterherruft: „Entschuldigung, darf ich meine Bestellung korrigieren? Ich nehme doch lieber einen Pfefferminztee.“
Die Bedienung ist von dem jungen Mann entzückt, der Nebentisch entgeistert, aber uns überrascht das schon lange nicht mehr.
Während unsere Männer thematisch wieder um weiß der Himmel was schweifen, blättern wir durch die Karte, lauschen Nickis langwieriger Bestellung, weil er partout nichts findet, was ihm genehm ist, bis sich der Kellner, weiterhin begeistert von jener kindlichen Eloquenz, bereit erklärt, die Spagetti Napoli mit Schafskäsestückchen zu garnieren.
„Und Petersilie“, bittet Nicki höflich.
Wir Frauen teilen uns eine Vorspeise, und ich überlege noch, ob ich mir auch die handgemachten, mit Ziegenkäse gefüllten Gnocchi zu Gemüte führen soll, als ich in der Karte etwas entdecke.
„Puttanesca“, jubiliere ich, „Sie haben Spagetti Puttanesca. Sie machen meinen Tag zu einem perfekten.“
„Früher haben wir das immer selber gemacht“, Steffi greift meinen Oberarm, „weißt du noch? Als wir noch studierten.“
„Weil es das nirgendwo gab, ja.“
„Was ist das?“, will der jüngste Sohn wissen, als mein Handy läutet. Ein Blick auf das Display lässt mir die Gesichtsfarbe entweichen.
Meine Mutter.
Die die Tiere hütet, indem sie bei uns wohnt.
Sie ruft nie an.
Ich rufe sie an.
Alle werden still.
„Mach‘ dir keine Sorgen“, schnattert sie direkt drauf los, „ es ist alles wieder in Ordnung, aber Emma war beim Tierarzt.“
Ich mache eine beschwichtigende Geste zu Tom.
„Was ist denn passiert?“